Zu dieser Ausgabe

Haben Sie sich schon einmal mit Hirnforschung beschäftigt? Die Neurobiologie hat herausgefunden, dass unser Gehirn über eine Reihe von Schaltkreisen verfügt, die als "Umwandler" von Wahrnehmungen in Emotionen fungieren. Angesiedelt sind sie in der Hirnregion der "Amygdala". Einzelne vernommene Worte, Geräusche, der Anblick eines Gegenstands oder auch Gerüche können dazu führen, dass sich unsere Stimmungen abrupt ändern.

Sigmund Freud muss etwas Ähnliches passiert sein, als er im September 1897 am Ufer des Trasimener Sees ankam und seine Reise nach Rom so kurz vor dem Ziel - es fehlten nur noch 80 Kilometer - aufgrund einer pötzlichen Hemmung abbrechen musste. Einzelheiten entnehmen Sie bitte seiner "Traumdeutung" (1900) und seinen damaligen Briefen an Wilhelm Fließ.

Was das alles mit der neuen Ausgabe von literaturkritik.de zu tun hat? Die Antwort ist denkbar einfach: Stellen Sie sich einfach einen Redakteur vor, dem kurz vor dem Aufbruch zu einem entspannten Ausflug an die Gestade des Bodensees in einer aufgeschlagenen Zeitung das Stichwort "Frankfurter Buchmesse" auffällt. Und schon ist es geschehen: Siedend heiß fällt ihm ein, dass er das Editorial zur neuen Ausgabe seiner Zeitschrift noch verfassen muss.

Schon erledigt. Noch viel mehr Hintergründe erfahren Sie allerdings, wenn Sie einmal selbst hineinlesen in die wieder über 100 Rezensionen zu Neuerscheinungen verschiedenster Couleur, die wir Ihnen diesen Monat - und wie immer pünktlich zum Frankfurter Großereignis - bieten: mit vielen Beiträgen zu Belletristik und Sachbüchern aus den Herbstprogrammen der Verlage. Außerdem feiern wir den Geburtstag von Karl Philipp Moritz gebührend, genauso wie den von Vaclav Havel und Elfriede Jelinek.

Last but not least: Joachim C. Fests Bücher werden bei uns kritischer besprochen, als es im restlichen Feuilleton bisher geschehen ist. Und dass wir, wo gerade alle über das Buchmessen-Gastland Indien schreiben, auch noch eine Island-Bonus-Rubrik eingebaut haben, ist Ehrensache.

Möge Ihre Amygdala beim Lesen so viele Opiate in Ihrem mesolimbischen Hirnsystem ausschütten wie möglich!

Herzliche Grüße,

Ihr

Jan Süselbeck