Noch viele Bücher schreiben

Zum 80. Geburtstag des Schriftstellers Günter de Bruyn

Von Peter MohrRSS-Newsfeed neuer Artikel von Peter Mohr

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

"Der Preis hat sich die Erhaltung unserer Sprache zum Ziel gesetzt, das entspricht auch meinen Vorstellungen", erklärte Günter de Bruyn, als ihm am vorletzten Wochenende der Jacob-Grimm-Preis verliehen wurde. Das Preisgeld in Höhe von 35000 Euro soll in seine Bücher fließen, "die ich hoffe noch schreiben zu können", berichtete der immer noch voller Tatendrang steckende Autor.

"De Bruyn hat mit seiner Biografie und seinen Werken bewiesen, dass die Sprache das stärkste Band zwischen beiden Teilen Deutschlands gewesen ist", erklärte Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse in seiner Laudatio.

Günter De Bruyn hat es verstanden, sich durch vier Jahrzehnte DDR-Diktatur hindurchzulavieren, ohne sich zum Büttel der Machthaber degradieren zu lassen. Allerdings gehörte der in Ost wie West gleichermaßen renommierte Autor (unter anderem bekam er den Heinrich-Mann-Preis, den Lion-Feuchtwanger-Preis, den Heinrich-Böll-Preis, den Bonner Curtius-Preis und den Konrad Adenauer-Preis) auch nicht zum Kreis der lautstarken Oppositionellen gegen das SED-Regime. Vor allem in der Bundesrepublik wurden de Bruyns Bücher zumeist von der Kritik euphorisch bejubelt: von der vorzüglichen Jean Paul-Biografie (1975) über die "Märkischen Forschungen" (1979) bis hin zu "Neue Herrlichkeit" (1984) und "Buridans Esel" (1986).

Als "tot" bezeichnet Günter de Bruyn heute im Rückblick seinen Romanerstling "Der Hohlweg" (1963), in dem er, um überhaupt veröffentlicht werden zu können, erhebliche Zugeständnisse an den sozialistischen Realismus der DDR-Aufbauprosa machen musste. "Holzweg" nannte de Bruyn durchaus sinnstiftend sein Werk in jüngster Vergangenheit.

Günter de Bruyn, der am 1. November vor 80 Jahren in Berlin geboren wurde, absolvierte nach dem Einsatz an der Ostfront eine pädagogische Ausbildung. Doch als Dorflehrer in der Mark Brandenburg galt das Nicht-Parteimitglied als unsicherer Kantonist in der rigiden DDR-Schulpolitik; de Bruyn wechselte noch einmal selbst auf die Schulbank und wurde in den frühen 50er Jahren Bibliothekar.

Vor zehn Jahren präsentierte der Autor unter dem Titel "Vierzig Jahre" den zweiten, bis zum Mauerfall reichenden Teil seiner Autobiografie. Das Buch zeigte, dass Günter de Bruyn nie ein Mann der schnellen Entschlüsse war. Wenn andere handelten, versank er in tiefgehende Reflexionen.

Mitten in die Feierlichkeiten zum 10. Jahrestag des Mauerfalls erschien 1999 de Bruyns Essayband "Deutsche Zustände", in dem er den Vereinigungsprozess kritisch hinterfragte und eine gewisse Stagnation konstatierte: "Die Nation hat schlechte Laune. Sie ist wieder vereint, aber nicht glücklich." Niemand, so de Bruyn, bestreite in den neuen Bundesländern die Vorzüge, aber sie seien zu schnell selbstverständlich geworden. Diese exponierte Form der Unzufriedenheit unter der Bevölkerung der ehemaligen DDR sei "häufig von tatsächlicher oder vorgetäuschter Erinnerungsschwäche bestimmt." Befunde, die bis heute ihre Aktualität nicht eingebüßt haben.

Neben Romanen, Biografien und Essays hat de Bruyn auch einige lesenswerte Sachbücher vorgelegt, die zumeist um sein Lieblingssujet Preußen kreisen - so auch sein gerade im Fischer Verlag erschienener Band "Als Poesie gut", der sich mit "Schicksalen" aus der Berliner Kunst im ausgehenden 18. Jahrhundert beschäftigt.


Titelbild

Günter de Bruyn: Als Poesie gut. Schicksale aus Berlins Kunstepoche 1786 bis 1807.
S. Fischer Verlag, Frankfurt a. M. 2006.
524 Seiten, 24,90 EUR.
ISBN-10: 310009638X

Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch