"I can't go on, I'll go on."

Fehlerliste zu Andreas P. Pittlers "Samuel Beckett"

Von Friedhelm RathjenRSS-Newsfeed neuer Artikel von Friedhelm Rathjen

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Dies ist keine Rezension. Das Angebot, Andreas P. Pittlers in der Reihe "dtv portrait" erschienenen Band über Samuel Beckett zu rezensieren, musste ich aus grundsätzlichen Erwägungen ablehnen, denn mein eigener Band "Samuel Beckett" (in den Rowohlt-Monografien) steht dazu in direkter Konkurrenz, folglich liefe jedes negative Urteil, zu dem ich kommen könnte, Gefahr, als nicht objektive Ausgeburt meiner Konkurrentenmissgunst abgetan zu werden. Zu Fragen von Darstellung, Stil, Gewichtung, Werkinterpretation, biografischen Schlussfolgerungen, gezogenen Parallelen und dergleichen in Pittlers Buch werde ich mich deswegen öffentlich gar nicht äußern; solche Dinge sind immer Ermessenssache. Im folgenden beschränke ich mich statt dessen darauf, einige faktische Fehler aufzulisten und zu korrigieren, die mir bei der raschen Lektüre des Buches aufgefallen sind, wobei ich selbstredend nur Dinge, über die in Fachkreisen Konsens herrscht, aufführe. Punkte, deren Faktenlage strittig oder zweifelhaft ist, vernachlässige ich grundsätzlich. Hintergrund der Liste ist die Überzeugung, dass gerade der Präzisionsschriftsteller Beckett auch seitens seiner Biografen ein Mindestmaß an Präzision verdient hat.

S. 12: Pittler zufolge ist der irische Politiker Charles Stewart Parnell "zum Rücktritt und in die Verbannung gezwungen" worden; tatsächlich ging Parnell keineswegs in die Verbannung, sondern starb.

S. 13: Es heißt, Beckett sei in einem "Vorort in Dublin, in Foxrock", geboren; tatsächlich lag der Vorort Foxrock damals nicht "in", sondern weit außerhalb von Dublin.

S. 20: Becketts Schulrektor wird als "ein Franzose namens Alfred le Peton" vorgestellt; tatsächlich war der Mann (trotz seines Namens) Engländer.

S. 26: Pittler schreibt: "Austin Starkie schließlich führte Beckett in die Welt Dantes ein", tatsächlich hieß der Mann erstens Walter Starkie, zweitens äußerte Beckett sich stets sehr abfällig über ihn und machte sich deswegen anderswo als in Starkies Seminaren mit Dante vertraut.

S. 33: Pittler zufolge werden Beckett und James Joyce "niemals aufhören, sich wechselseitig mit 'Herr' anzureden"; tatsächlich betonen alle biografischen Quellen, dass Joyce Beckett gegenüber das "Mr.", auf dem er bei allen anderen Bekannten beharrte, wegließ und ihn einfach "Beckett" nannte.

S. 34: Pittler beschreibt, wie Beckett seinen Essay "Dante... Bruno. Vico... Joyce" veröffentlicht und daraufhin vom geschmeichelten Joyce "endgültig in den Kreis seiner 'Apostel'" aufgenommen worden sei; tatsächlich wurde er zu dem Essay eigens von Joyce beauftragt, gehörte also schon zuvor dessen Kreis an.

S. 34: Es heißt, Joyce habe Beckett "sogar als Figur in sein Werke [sic] 'Finnegans Wake' einfließen" lassen; tatsächlich ist inzwischen bekannt, dass jene Stelle in "Finnegans Wake", die lange als Anspielung auf Beckett galt, von Joyce schon vor der Bekanntschaft mit Beckett geschrieben wurde und deshalb nicht auf ihn anspielen kann.

S. 34/35: Pittler gibt eine verbreitete Anekdote wieder, derzufolge Beckett, als er sich von Joyce diktieren ließ, ein Klopfen an der Tür überhörte und deshalb das Joyce'sche "Herein" mitschrieb, weswegen es jetzt in "Finnegans Wake" stehe; tatsächlich steht dort nirgends "Herein" oder ähnliches, und nach neueren Untersuchungen ist auch höchst zweifelhaft, ob Beckett je von Joyce Diktate aufnahm.

S. 35 und 43: Der von Pittler angeführte "Bloom's Day" ist allen Joyceanern vielmehr als "Bloomsday" bekannt.

S. 42: Über Becketts Leben ab Dezember 1931 schreibt Pittler: "Statt wie geplant nur einige Wochen in Kassel zu bleiben, hält er sich fast ein halbes Jahr in Deutschland auf, dabei ziellos umherwandernd, ohne zu wissen, was er nun tun soll." Tatsächlich ist Beckett nur wenige Wochen in Deutschland (und zwar doch in Kassel) und reist sodann nach Paris, um dort recht zielstrebig seinen ersten Roman zu schreiben; von ziellosem Umherwandern in Deutschland kann keine Rede sein - derlei lässt sich allenfalls von Becketts Deutschland-Aufenthalt 1936/37 sagen, mit dem Pittler diese Phase womöglich verwechselt.

S. 42/43: Pittler schreibt über Becketts ersten Roman: "'The Dream of fair to middling women' (Der Traum von mehr bis minder schönen Frauen) wird ihn bis 1934 beschäftigen, ohne den Text formell zu beenden"; tatsächlich heißt der Roman "Dream of Fair to Middling Women" (ohne Artikel, entsprechend auch im Deutschen; Pittlers Fehlzitierung des Titels wiederholt sich in seiner Zeittafel am Schluss des Bandes); Beckett schließt den Roman im Juli 1932 ab und reicht ihn einem Verlag ein, der ihn jedoch schließlich ablehnt.

S. 43: Pittler schreibt, Beckett sei "im Mai 1932 endgültig nach Paris zurückgekehrt"; tatsächlich ist er bereits seit Januar oder Februar wieder in Paris - allerdings nicht endgültig, sondern nur bis Mitte Juli, als er nach London zieht (der Aufenthalt dort fällt bei Pittler fort).

S. 44: Pittler schreibt im Zusammenhang mit dem Frühsommer 1932: "Nicht umsonst erfuhr Beckett nun auch von Joyce höchstes Lob, ließ dieser sich doch mit den Worten 'Er hat Talent, glaube ich' vernehmen." Tatsächlich stammt das Zitat aus einem privaten Brief, den Joyce erst 1934 an seine Schwiegertochter schreiben wird - nach Lektüre des Buchs "Mehr Prügel als Flügel", das Beckett 1932 noch nicht einmal begonnen hat.

S. 44: Pittler zufolge sieht Beckett sich seiner prekären Lage als Ausländer in Paris wegen 1932 gezwungen, "sich über den Sommer wieder nach Irland zu begeben"; tatsächlich siedelt er Mitte Juli nach London und erst Ende August wieder nach Irland um.

S. 47: Becketts nächsten Umzug nach London zur Jahreswende 1933/34 kommentiert Pittler: "Beckett hat sich kaum in London eingelebt, als er die Arbeit an seinen Kurzgeschichten wieder aufnimmt. Statt eines Romans plant Beckett nun eine Reihe von Erzählungen, die sich in Summe doch zu einer Geschichte fügen." Auf S. 48 ergänzt er: "In England hat Beckett Glück, er findet rasch einen Verleger". Tatsächlich hat Beckett die fertige Sammlung der Geschichten "Mehr Prügel als Flügel" bereits im September 1933 - also Monate vor dem Umzug nach London - bei einem Verlag unterbringen können.

S. 49: Pittler schreibt: "Im Januar 1935 scheint sich Beckett abermals auf einen Zusammenbruch zuzubewegen. [...] Die fehlende künstlerische Anerkennung lässt ihn darüber nachdenken, nach Irland auch England zu verlassen, und so schreibt er dem sowjetischen Regisseur Sergej Eisenstein einen Brief nach Moskau". Tatsächlich schreibt Beckett diesen Brief erst im März 1936, und zwar von Dublin aus, wohin er zwischenzeitlich für ein Dreivierteljahr zurückkehrt; diese Rückkehr nach Dublin kommt bei Pittler nicht vor.

S. 50: Becketts Aufbruch nach Deutschland im Herbst 1936 kommentiert Pittler mit dem Hinweis, damit habe "Beckett nicht nur Irland, sondern auch England endgültig hinter sich gelassen"; einmal abgesehen davon, dass Beckett zwischen seinem London-Aufenthalt und der Deutschland-Reise längere Zeit wieder in Irland lebt (was Pittler verschweigt), bedeutet auch die Reise nach Deutschland keineswegs einen "endgültigen" Abschied von der Heimat, denn Beckett wird anschließend wieder dort leben. (In der Zeittafel am Schluss des Bandes ist Becketts Weggang aus London fälschlich auf 1936 datiert, und die Zeit von Ende 1935 bis Ende September 1936, die Beckett in Irland verbrachte, fällt unter den Tisch.)

S. 52: Pittler erwähnt die Erzählung "Erste Liebe" und schreibt, Beckett habe sie "Ende Oktober, Anfang November 1945 verfasst"; tatsächlich entsteht der Text im Oktober und November 1946, also ein Jahr später.

S. 53/54: Pittler schreibt, "die Bekanntschaft des ehemaligen Leiters der Galerie im Zwinger" (gemeint ist Will Grohmann) hätten ihm seine früher in Kassel ansässigen Verwandten, die Sinclairs, "vermittelt"; tatsächlich kontaktierte Beckett Grohmann auf Empfehlung von Reisebekannten, die mit den Sinclairs nichts zu tun haben.

S. 59: Den Mann, von dem Beckett im Januar 1938 lebensgefährlich mit dem Messer verletzt wird, nennt Pittler einen "Strichjungen", tatsächlich handelte es sich um einen Zuhälter.

S. 59: Anlässlich der Messerstecher-Episode schreibt Pittler: "In diesem Augenblick kommt Suzanne Deschevaux-Dumesnil, eine junge Pianistin, des Wegs, die Beckett flüchtig kennt"; diese Version vom Entstehen der Beziehung Becketts zu seiner zukünftigen Frau hat Deirdre Bair 1978 in ihrer Beckett-Biografie lanciert, ist aber von allen späteren Biografen als Fehlinformation entlarvt worden; tatsächlich erschien Suzanne keineswegs am Tatort, sondern las später in der Zeitung von dem Vorfall und besuchte Beckett im Krankenhaus.

S. 64: Pittler erwähnt "ein sehr intimes Verhältnis" zwischen Beckett und der Verlegerin Nancy Cunard, und schildert, wie Cunard "wild entschlossen" ist, "ihre alte Beziehung zu Beckett aufleben zu lassen"; die Beziehung der beiden war jedoch nie eine intime.

S. 67: Pittler nennt das Spätwerk von Joyce "Finnegan's Wake"; der falsche Apostroph ist offensichtlich ein Druckfehler, anderswo wird der Titel korrekt zitiert.

S. 73: Pittler erwähnt, Anfang 1943 in Roussillon habe Beckett "mit der Arbeit an einem neuen Roman, 'Watt'", begonnen; tatsächlich ist der Roman bereits im Januar 1941 begonnen worden, jetzt wird die Arbeit freilich wieder aufgenommen. (In der "Zeittafel" am Ende des Bandes ist der "Beginn der Arbeit an 'Watt'" abweichend, aber ebenfalls falsch, auf 1942 datiert.)

S. 73: Pittler schreibt über die Zeit in Roussillon: "Beckett gleicht in dieser Zeit dem Krapp seines Stücks 'Das letzte Band'": '"I can't go on, I will go on.' (Ich kann nicht weitermachen, ich werde weitermachen.)" Tatsächlich stammt das Zitat nicht aus dem genannten Stück, sondern aus der sehr bekannten Schlusssequenz des Romans "Der Namenlose", zudem zitiert Pittler nicht ganz korrekt, der Schlusshalbsatz muss lauten: "I'll go on." (Vgl. auch unten, zu S. 101).

S. 75: Pittler zufolge erhielt Beckett "im Herbst 1944, als die Kontaktsperre endlich aufgehoben war, erstmals wieder Nachricht aus Irland"; tatsächlich kam es bereits ab April 1943 zu sporadischen Kontakten mit der Familie und auch zu Geldtransfers.

S. 79: Pittler sieht in Becketts Roman "Watt" deutliche "Anklänge an Kafka [...], denn auch Watt weiß nicht, wie er überhaupt ins Haus des Knott gekommen ist, und so ist seine Suche nach einer Antwort auch gleichzeitig eine Pilgerfahrt um Erlösung." Tatsächlich beschreibt Watt in dem Roman, dessen Titelheld er ist, recht ausführlich, wie er zum Haus von Knott und in dieses hinein gelangt. Möglicherweise verwechselt Pittler das Buch hier mit Becketts späterem Roman "Molloy", dessen Erzähler gleich zu Anfang sagt, er wisse nicht, wie er ins Haus seiner Mutter gekommen sei.

S. 81: Pittler schreibt, Beckett habe seine Erzählung "Erste Liebe" noch "in Saint Lô [...] begonnen" und sie "nach nur zwei Wochen Arbeit Mitte November 1945" abgeschlossen; tatsächlich entstand der Text genau ein Jahr später in Paris.

S. 81: Auf einige anekdotische Anmerkungen zu "Erste Liebe" folgt der Passus: "Wenig später begann er eine weitere Erzählung, 'Das Beruhigungsmittel'. Schließlich folgen 'Der Ausgestoßene' und 'Das Ende'". Tatsächlich schreibt Beckett zuerst "Das Ende", dann "Der Ausgestoßene", als dritte Erzählung "Erste Liebe" und zum Schluss "Das Beruhigungsmittel".

S. 85: Pittler zufolge schrieb Beckett sein Theaterstück "Eleutheria" "bis Mai 1947"; tatsächlich war es am 24. Februar jenes Jahres fertig.

S. 87: Laut Pittler ist der Roman "Molloy" zwischen September 1947 und Januar 1948 entstanden; tatsächlich dauerte die Niederschrift vom 2.5. bis zum 1.11.1947.

S. 94: Über den "Sommer 1948" heißt es: "zwei Neffen und eine Nichte kamen aus Irland, um in Paris zu studieren." Tatsächlich sind Becketts (einziger) Neffe Edward und seine Nichte Caroline dafür viel zu jung; Edward kommt später tatsächlich zum Studium nach Paris, allerdings erst 1961.

S. 101: Pittler kommentiert die Schlusssequenz des Romans "Der Namenlose": "Nun ist Mahood am Ende, weiter bleibt nichts zu sagen: 'Es wird das Schweigen sein, da wo ich bin, ich weiß nicht, ich werde es nie wissen, im Schweigen weiß man nicht, man muss weitermachen, ich werde weitermachen.' Die deutsche und die französische Version des Schlusssatzes unterscheiden sich dabei ein wenig im Vergleich zur englischen Übersetzung, die Beckett selbst vornahm. Dort heißt es: 'I can't go on, I will go on', was auf die prinzipielle Unmöglichkeit weiterzumachen verweist, während das 'Ich' dessen ungeachtet eben trotzdem weitermacht, dieweilen sich deutsche Übersetzung und französisches Original ebendarauf berufen, dass man weitermachen müsse und ebendarum auch tatsächlich weitermachen werde." Pittler zitiert hier die englische Fassung (wie schon auf S. 73) nicht ganz korrekt, statt "I will go on" muss es richtig heißen: "I'll go on." Zudem werden die Überlegungen zu den Differenzen zwischen den unterschiedlichen Fassungen gegenstandslos, sobald man nicht nur die Schlusszeile beachtet, sondern die auch in der deutschen und französischen Fassung zehn Zeilen darüber zu findenden Formulierungen berücksichtigt: "man muß weitermachen, ich kann nicht weitermachen, man muß weitermachen, ich werde also weitermachen".

S. 101: Pittler zufolge "schreibt Beckett Anfang 1950 noch dreizehn kurze Prosastücke, die er unter dem Titel 'Texte um Nichts' zusammenfassen wird"; tatsächlich entstehen diese Texte zwischen Dezember 1950 und Dezember 1951.

S. 123: Als einen von mehreren autobiografischen Hinweisen in "Das letzte Band" erwähnt Pittler "eine metaphorische Darstellung des Spaziergangs entlang der Küste während eines Sturmes, bei dem Beckett den Entschluss fasste, sein Schreiben grundlegend zu ändern"; dies bezieht sich offenbar auf den von allen Beckett-Biografen außer Pittler ausführlich geschilderten Vorfall einer 'Erleuchtung' Becketts kurz nach dem Krieg; man glaubte lange, Schauplatz dieses Vorfalls sei der Hafen von Dun Laoghaire gewesen - tatsächlich fand er jedoch im Haus von Becketts Mutter (keineswegs an der Küste und auch nicht auf einem Spaziergang) statt.

S. 125: Pittler datiert Becketts Hörspiel "Aschenglut" auf 1959; tatsächlich entstand es Anfang 1958.

S. 137: Pittler schreibt: "Im Juni 1964 befindet er [Beckett] sich gerade in London [...], als die Idee entsteht, Beckett könnte nach der Bühne und dem Radio nun auch die Leinwand für seine Zwecke nutzen." Tatsächlich schreibt Beckett das Skript "Film", von dem hier die Rede ist, schon Anfang 1963.

S. 139: Pittler erwähnt ein "Interview", das Beckett 1965 gegeben habe, und zitiert daraus; das selbe Zitat bringt er auch schon auf S. 110, dort allerdings datiert auf 1972. Tatsächlich handelt es sich um eine Äußerung Becketts von 1965 - freilich nicht aus einem Interview, denn Interviews gab Beckett grundsätzlich nicht.

S. 140: Pittler erwähnt Becketts Liaison mit Barbara Bray und schreibt, dass "die Beziehung zwischen den beiden erst nach 1964 wirklich zu einem Ende kam"; tatsächlich endete die Beziehung erst mit Becketts Tod 1989.

S. 155, 156, 161, 178: Pittler nennt ein kurzes Theaterstück Becketts durchgängig "Geister Trio" (ohne Bindestrich); tatsächlich heißt das Stück zwar im Englischen "Ghost Trio" (ohne Bindestrich), in der deutschen Fassung jedoch selbstverständlich "Geister-Trio" mit Bindestrich.

S. 156: Pittler erwähnt "das Stück 'Nur noch Gewölk'"; der deutsche Titel des Stücks lautet korrekt "... nur noch Gewölk...".

S. 158: Es wird erwähnt, Beckett habe "einige seiner früheren Gedichte" schließlich zu dem Band "Flötentöne" zusammengestellt; tatsächlich sind dies keine frühen Gedichte, sondern sie sind in den Jahren vor Erscheinen des Bandes erst entstanden.

S. 159: Pittler zitiert aus "Gesellschaft" eine Passage in notdürftigem Deutsch, das nicht aus Elmar Tophovens autorisierter Übersetzung stammt.

S. 161: Pittler zufolge schreibt Beckett "im Oktober 1980 'Rockaby'"; tatsächlich ist das Stück bereits Anfang August fertig.

S. 161: Pittler zitiert Textstellen aus "Rockaby" in englischer Sprache, obwohl es eine autorisierte deutsche Fassung gibt.

S. 162: Pittler gibt (ohne Quellenverweis) die von James Knowlson in seiner Biografie zusammengetragene Liste der Bildvorlagen für "Rockaby" wieder und formuliert: "Neu an 'Rockaby' sind zudem die zahlreichen Bezugnahmen auf Maler wie McNeill Whistler's [sic] 'Mother'"; einmal abgesehen davon, dass der genannte Maler korrekt James McNeill Whistler heißt ("McNeill" ist nicht Teil des Nachnamens), handelt es sich hier keineswegs um einen neuen Zug an Becketts Spätwerk, sondern solche "Bezugnahmen" sind für fast alle Stücke Becketts ab "Warten auf Godot" nachgewiesen worden.

S. 164 und 165: Pittler zitiert ein Prosabuch Becketts unter dem Titel "Schlecht gesehen, schlecht gesagt"; tatsächlich schreibt sich der Titel ohne das Komma.

S. 165: Pittler zitiert aus dem genannten Prosatext: "Ein Moment mehr. Ein letzter. Die Zeit diese Leere zu atmen. Das Glück kennen." Gemeint sind die Schlussformulierungen, die in der autorisierten deutschen Fassung folgendermaßen lauten: "Noch eine Sekunde. Nur noch eine. Lang genug, diese Leere zu atmen. Es kennenzulernen, das Glück."

S. 165: Pittler erwähnt den "US-amerikanischen Roman 'Westward Ho'"; tatsächlich gemeint ist wohl Charles Kingsleys durch und durch englisches Buch "Westward Ho!", ein historischer Roman über die britisch-spanischen Auseinandersetzungen im 16. Jahrhundert.

S. 165: Pittler zitiert aus Becketts "Aufs Schlimmste zu": "Versuche. Scheitere. Versuche abermals. Scheitere abermals. Scheitere besser." Diese notdürftige Übersetzung entspricht nicht der autorisierten deutschen Fassung, in der die Stelle folgendermaßen lautet: "Wieder versuchen. Wieder scheitern. Wieder besser. Oder besser schlimmer. Wieder schlimmer scheitern."

S. 167: Pittler schreibt über Beckett: "Erst im letzten Jahr seines Lebens sollte er noch zwei kurze Prosatexte zu Papier bringen, von denen der zweite posthum 1990 veröffentlicht wurde"; vermutlich meint er "Immer noch nicht mehr" (das jedoch nicht erst in Becketts letztem Lebensjahr entstand), vielleicht außerdem "what is the word" (das jedoch kein Prosatext ist); Beckett schrieb in seinem letzten Lebensjahr gar keinen Prosatext mehr.

S. 168: Pittler zitiert den Schlusssatz von "Immer noch nicht mehr": "Oh, dass alles enden möge"; der Satz lautet in der deutschen Fassung korrekt: "Oh alles enden."

S. 169 und 170; außerdem Zeittafel unter 1989: Die Rede ist von Becketts letztem Text "Was ist das Wort"; gemeint ist Becketts Selbstübersetzung des zuvor auf französisch geschriebenen "Comment dire" ins Englische als "what is the word"; die von Pittler gegebene Titelübersetzung ist sinnentstellend, richtig wäre "Wie heißt das Wort". (Die offizielle deutsche Fassung, die freilich nach der Urfassung erstellt wurde, trägt den Titel "Wie soll man sagen".)

Zeittafel, 1937: Pittler fasst das Jahr zusammen: "Nach sechs Monaten in Deutschland zurück nach Dublin, stellt 'Murphy' fertig"; tatsächlich hatte Beckett den Roman bereits im Juni 1936 (vor der Deutschland-Reise) fertiggestellt und mit der Verlagssuche begonnen.

Zeittafel, 1938: Pittler fasst das Jahr zusammen: "Opfer eines Messerattentats, beginnt Beziehung mit Suzanne Deschevaux-Dumesnil"; Becketts Umsiedelung nach Frankreich Ende 1937 wird überhaupt nicht erwähnt, so dass man ohne Kenntnis der korrekten Sachlage aus dem Eintrag für 1939 ("Bei Kriegseinbruch in Dublin, kehrt nach Frankreich zurück") folgern muss, Beckett sei die ganze Zeit in Irland gewesen, und das "zurück" beziehe sich auf viel frühere Aufenthalte.

Zeittafel, 1967: Pittler fasst das Jahr zusammen: "Schreibt 'Le Depeupleur' (Der Verwaiser)"; tatsächlich beginnt Beckett die Arbeit an diesem Text Ende 1965, unterbricht sie jedoch dann für fast fünf Jahre und bringt sie erst 1970 zum Abschluss.

Zeittafel, 1982: In Pittlers Titelnennung "'Mal vu, mal dit' ('Schlecht gesehen, schlecht gesagt')" sind die Kommata zu streichen; zudem erscheint der Text bereits 1981.

Bibliografie, S. 179: Pittler zufolge ist "Quadrat" eines der "Werke", die als Hardcover erschienen; tatsächlich wurde das nur wenige Seiten umfassende Skript "Quadrat" nie als eigenständiger Band publiziert, doch der Band "Quadrat, Geister-Trio,... nur noch Gewölk..., Nacht und Träume" mit Becketts späten TV-Stücken trägt auf dem Umschlag den Kurztitel "Quadrat".

Bibliografie, S. 179: Pittler schreibt: "Die englischen Ausgaben der Werke von Samuel Beckett werden bei Faber & Faber, die amerikanischen bei Grove Press verlegt"; nicht erwähnt wird, dass bei Faber nur die dramatischen Werke erschienen sind; tatsächlich sind die Prosatexte in England durchweg beim Verlag von John Calder herausgekommen, den Pittler verschweigt.

Bibliografie, S. 180: Der von Pittler aufgeführte "Archibald Cronin" heißt korrekt Anthony Cronin.

Bibliografie, S. 180: Die Bände "Beckett zur Einführung" von Friedhelm Rathjen und "Beckett" von Alfred Simon werden unter "Biografien" geführt, beides sind jedoch Werkeinführungen.

Bibliografie, S. 180: Das unter dem Titel "The Beckett-Country" notierte Buch von Eoin O'Brien wird korrekt ohne den Bindestrich geschrieben; zudem ist eine deutsche Ausgabe erschienen, die Pittler nicht aufführt.


Titelbild

Andreas P. Pittler: Samuel Beckett.
dtv Verlag, München 2006.
187 Seiten, 10,00 EUR.
ISBN-10: 3423310820

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