Wenn windige Advokaten das Schicksalsschwert tragen

Die ersten beiden Bände der Comic-Serie "Donjon - Monster" sind keine Empfehlung für die Reihe

Von Waldemar KeslerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Waldemar Kesler

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Die Comic-Reihe "Monster" erzählt die Abenteuer von Nebendarstellern aus der "Donjon-Saga". Die beiden ersten Bände "Hans-Hans der Schreckliche" und "Die Armeen der Tiefe" sind in unterschiedlichen Zeiten verortet: Während "Hans-Hans" davon berichtet, wie das aus dem "Zenit" bekannte zweigeteilte Wesen, das man als fleischige Kartoffel mit einem Gesicht und Gliedmaßen beschreiben könnte, zu seiner Teilung gekommen ist, leben "Die Armeen der Tiefe" in einem bislang völlig unbekannten Meeresreich und stehen der Reihe "Abenddämmerung" näher. Da diesen Bänden Ordnungszahlen zugeordnet sind, dient die "Monster"-Reihe offenbar dazu, der "großen Erzählung" des Donjon, die in "Morgengrauen", "Zenit" und "Abenddämmerung" erzählt wird, nebensächliche Handlungsstränge beizufügen. Während aber zumindest mancher Teil der Nebenserie "Parade" noch ziemlich gelungen ist, stellt sich vor allem bei den "Armeen der Tiefe" die Frage, wie lange das Unternehmen "Donjon" überhaupt noch tragfähig ist.

Der "Association"-Mitbegründer Killoffer hat dafür gesorgt, dass dieser Band grafisch ein Höhepunkt der Serie ist. Die Unterwasserwelt mit ihren sehr detailreich gezeichneten Bewohnern ist zu einem äußerst faszinierenden Setting geworden, dessen Wirkung durch den Handlungsverlauf und die Charaktere nachhaltig beeinträchtigt wird. Eine pubertierende Aquavitin nimmt die Rolle eines von ihrem Hausfisch zerbissenen Söldners ein, weil niemand Aquaviten voneinander unterscheiden kann, und sinnt auf Vergeltung, nachdem ihre ganze Familie getötet, ihre Freundin ebenso vergewaltigt wurde wie sie selbst und zudem noch ihr eigener Stamm sie folterte und sie anschließend im Verließ nach der Vergewaltigung unter Schmerzen Eier legte. "Die Armeen der Tiefe" bedient ermüdend die gängigen Muster der Rachegeschichte und ist, wie die Zusammenfassung erahnen lässt, von einer bei "Donjon" noch nie dagewesenen Humorarmut, so dass den Szenaristen Joann Sfar und Lewis Trondheim das Schlimmste unterläuft, was bei dieser Serie der Fall sein kann: Sie haben eine Persiflage geschrieben, die in den Gesetzlichkeiten des Genres stecken bleibt. Da ein Cliffhanger und ein unnachvollziehbarer Fingerzeig auf den Sohn des großen Khan darauf hinweisen, dass dieser völlig deplazierte Strang weitergeführt werden soll, bleibt nur zu hoffen, dass sich kein müder Fantasyernst in die Serie hineinschleicht.

Bei "Hans-Hans" liegt der Fall anders: Als Bildidee gibt die Figur zwar noch etwas her, auf die nähere Charakterisierung hätte man allerdings getrost verzichten können, weil Feigheit und Liebesdevotismus keine sonderlich tragenden Komponenten sind. Sfar und Trondheim scheinen das selbst gewusst zu haben, da "Hans-Hans" tatsächlich sogar in seiner eigenen Episode, die buchstäblich seinen Weg zum Donjon schildert, in der ersten Hälfte zu einer Nebenfigur degradiert wird. Für den Band war dies eine sehr gute Entscheidung, weil damit Guillaume de la Cour zu seinem Recht gelangt, ein nervtötender Wiedergänger, dem man wie sonst nur dem infamen Hasen einen schmerzhaften Tod an den Hals wünscht. Dieser gewiefte Geizhals, der sein Geld damit einstreicht, die Kinder eines ganzen Dorfes an einen Reptilienstamm zu verkaufen oder Astrologen illustrierte Horoskope anzudrehen, ist vermutlich der unwürdigste oder vielleicht eher doch angemessenste Träger des Schwertes des Schicksals, dessen fragwürdige Natur sich hier offenbart. Vor allem Guillaume ist es zu verdanken, dass man noch nicht dazu raten mag, "Donjon-Monster" im Regal stehen zu lassen, um nicht die Freude an der Donjon-Welt zu verlieren - aber es ist kaum vorstellbar, dass sich mehrere Teile in der Art von "Die Armeen der Tiefe" verkraften lassen.


Titelbild

Patrice Killoffer: Donjon Monster 2: Die Armeen der Tiefe.
Reprodukt Verlag, Berlin 2006.
48 Seiten, 12,00 EUR.
ISBN-10: 3938511680
ISBN-13: 9783938511688

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Titelbild

Mazan: Donjon-Monster 1: Hans Hans der Schreckliche.
Reprodukt Verlag, Berlin 2006.
48 Seiten, 12,00 EUR.
ISBN-10: 3938511761
ISBN-13: 9783938511763

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