Verurteilt zu lebenslänglichem Underground

Zum Tode des tschechischen Dichters und Philosophen Egon Bondy

Von Volker StrebelRSS-Newsfeed neuer Artikel von Volker Strebel

Geboren wurde Egon Bondy am 20. Januar 1930 unter dem Namen Zbynek Fišer als Sohn eines hohen Offiziers. Sein Pseudonym legte er sich aus Protest gegen den unverhohlenen Antisemitismus des Stalinismus der 1950er-Jahre zu. Der weltberühmte Schriftsteller Bohumil Hrabal, damals in Böhmen selbst noch ein Namenloser unter den unangepassten Künstlern, hatte unter anderem in seinem Roman "Sanfte Barbaren" von der böhmischen Unterwelt der zu-kurz-Gekommenen und Verkannten berichtet. Egon Bondy oder auch der Lebenskünstler Vladimírek, der in Wirklichkeit der Graphiker und Erfinder des "Explosionalismus" Vladimír Boudník war, treten in Texten von Bohumil Hrabal unverdeckt in Erscheinung.

Egon Bondys eigenes poetisches Programm eines "Totalen Realismus" hat die Wiener Slawistin Gertraude Zand als dessen Schlüsselwerk untersucht, in welchem Bondy auf die totalitäre Wucht des Stalinismus antwortete. Erst in Alexander Dubceks Reformjahr 1968 konnte Egon Bondy drei seiner Bücher veröffentlichen. Ein besonderer Wirkungskreis öffnete sich für Egon Bondy in den 1970er-Jahren, als halblegal aufgeführte Konzerte der legendären Rockgruppe "Plastic People of the Universe" von sich reden machten. Bondy und die "Plastics" hatten sich in einer Prager Kneipe kennengelernt und die Musiker sowie der philosophisch ausgebildete und surrealistisch ausgerichtete Bondy fanden Gefallen aneinander. Etliche Gedichte von Egon Bondy waren von den "Plastic People" vertont worden.

Die Verhaftung und Anklage der "Plastic People" seitens des Regimes bildeten seinerzeit den Auslöser zur Formierung der Bürgerrechtsbewegung "CHARTA 77". Václav Havels Essay "Von der Macht der Ohnmächtigen" wurde zum prägenden Programm einer kulturellen Gegenwelt, die Egon Bondy in seinem Roman "Die invaliden Geschwister" auf surreale Weise beschrieben und bespiegelt hat.

Dass in den Meldungen über seinen Tod eine zeitweilige Zusammenarbeit mit der Staatssicherheit betont wurde, wirft ein Licht auf diese Berichterstattung. Längst war in der öffentlichen Diskussion auf das Zustandekommen einer Akte von Zbynek Fišer unter dem Decknamen "Klíma" hingewiesen und eine angebliche Zusammenarbeit entmythologisiert worden. Egon Bondy war in seiner ungebrochenen Eigenwilligkeit eine führende Persönlichkeit im kulturellen und politischen Raum der Tschechoslowakei - vor und nach der friedlichen Trennung im Dezember 1992. Egon Bondy hatte diese Teilung als Ausdruck einer politisch falschen Entwicklung kritisiert. Demonstrativ lebte der undogmatische Marxist seitdem in der slowakischen Hauptstadt Bratislava.

Seine poetischen wie auch philosophischen Texte harren noch weitgehend der Übersetzung. In Deutschland hat sich der rührige Elfenbein Verlag Verdienste um Egon Bondy erworben. Sein historischer Roman "Hatto" in der Übersetzung von Mira Sonnenschein ist für den Mai 2007 angekündigt.

Egon Bondy verstarb nach längerer Krankheit am Ostermontag, den 16. April 2007 77jährig in einem Krankenhaus in Bratislava.