Eine lange Nacht mit sechs Frauen

Laura Shaine Cunninghams Roman "Weiber-Runde" handelt von Freundschaften, Männern und anderen Frauenkrisen

Von Chrisula DingiludiRSS-Newsfeed neuer Artikel von Chrisula Dingiludi

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Sechs New Yorker Freundinnen verabreden sich zum Abendessen, um die Schwangerschaft einer gemeinsamen Freundin zu feiern. Es ist ein besonders kalter Winter und während sich die "Weiber-Runde" langsam zusammenfindet, kommt draußen ein Jahrhundertsturm auf. Aber auch innerhalb der Gruppe kippt die Stimmung. Alte Spannungen, Neid und gegensätzliche Lebenseinstellungen prallen aufeinander. Die Gastgeberin, Jessie, ist frisch verliebt. Die anderen fünf sind entweder gerade frisch von ihren Partnern getrennt, vom Leben enttäuscht oder beides zugleich. Der Ehrengast, Claire, ist schwanger, lebt alleine und ist scheinbar glücklich. Martha, die beste Immobilien-Maklerin des Jahres, hat stets besserwisserische Ratschläge zur Hand und macht sich damit äußerst unbeliebt unter den Frauen.

Alle bereiten sich auf ihren persönlichen Auftritt in der großen Runde vor. Tatsächlich bekommt jede Figur im Buch ihren Moment in einem eigenen Kapitel, um vorgestellt zu werden. Man merkt dem Roman an, dass er von einer Dramatikerin geschrieben ist. Die Erzählhaltung erinnert an die Dramaturgie eines Theaterstücks, was eine Besonderheit des Buches darstellt. Die Konflikte zwischen den Frauen spitzen sich im Laufe des Geschehens zu, bis sie in eine klare Konfrontation und anschließend zu einer Katharsis und Auflösung führen. Cunninghams Sprache ist dabei stets anschaulich und lebendig. Unterhaltsam wird der Leser in die Gedankenwelt der Personen eingeführt und kann sich ein Bild vom Seelenzustand der Freundinnen machen. Während sich die sechs Frauen für das Essen mit Einkäufen und Körperpflege zurechtmachen, vergleichen sie ihr Leben mit dem der anderen und ziehen Bilanz. Keine der fünf Frauen freut sich wirklich auf den Abend, sie sind vor allem neugierig auf die schwangere Freundin Claire. Diese lässt jedoch auf sich warten und der nahende Sturm hält alle in der kleinen Wohnung fest. So hat die frustrierte Martha genug Zeit, den wunden Punkt jeder einzelnen zu suchen und darauf herumzureiten.

Die Frauenporträts erinnern aber auch an die TV-Serie "Sex and the City", wenn Nina ihre sexuellen Geheimnisse preisgibt und Männer im Roman nur als Dauerproblem auftreten. Situationen in einer eher derben Sprache und Darstellung tauchen dann wiederholt auf. Da sitzt die Gastgeberin auf dem Klo, hat sexuelle Phantasien, gleichzeitig denkt sie noch über ihre "kotzende" Katze, ihren Exmann und Darmausscheidungen nach.

Neben solchen Abschweifungen ins Innenleben der Frauen beschäftigt sich der Roman vor allem mit unterschiedlichen Beziehungsformen. Wie viel Vertraulichkeiten, Beichten und Offenheit verträgt eine Sechser-Freundschaft? Sind die Ehe oder die enge Bindung, die zwischen einem Kind und einer Mutter entsteht, eine elementare Erfahrung, die keine Frau versäumen sollte? Oder ist die Frage nach der idealen Lebensform für eine Mittdreißigerin eher unzeitgemäß - und somit die Suche nach mehr Glück und Wohlbefinden durch die perfekte Lebenseinstellung nur eine Illusion?

Die großen Themen sind nicht besonders neu und der Roman zeigt auch keine unerwarteten Erkenntnisse oder Überlegungen auf. Es sind aber präzise gezeichnete Charaktere in einer teils witzigen, teils melancholischen und immer kurzweilig erzählten Geschichte verpackt. Als besonderes Schmankerl gibt es im Buch eine Rezeptsammlung samt Zutatenliste, Zubereitungstipps und Anmerkung der Köchin aus der "Weiber-Runde".

Laura Shaine Cunningham stammt selbst aus New York, ist preisgekrönte Journalistin und Dramatikerin. Sie veröffentlicht ihre Texte unter anderem in der "New York Times" und im "New Yorker". Es überrascht also nicht besonders, dass ihr Roman "Weiber-Runde" demnächst als Theaterstück auf New Yorks Bühnen zu sehen sein wird. Eine deutsche Aufführung ist ebenfalls in Vorbereitung. Die Präsentation auf einer Bühne ist durch die bildreiche Erzählweise, sowie aufgrund der "Personen-Kapitel" sicherlich leicht umzusetzen. Möglicherweise funktioniert diese Gesellschaftskomödie sogar auf der Bühne noch besser.


Titelbild

Laura Shaine Cunningham (Hg.): Weiber-Runde. Roman.
Übersetzt aus dem amerikanischen Englisch von Juliane Zaubitzer.
Zweitausendeins, Köln 2007.
398 Seiten, 17,90 EUR.
ISBN-13: 9783861505860

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