Luisa Sigea

Eine Studie zu Leben und Werk der spanischen Humanistin

Von Mechthilde VahsenRSS-Newsfeed neuer Artikel von Mechthilde Vahsen

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Das genaue Geburtsdatum ist nicht bekannt, 1522 wird geschätzt. Ihr wichtigstes Werk, der Dialog "Duarum virginum colloquium de vita aulica et privata", wird auf 1552 datiert. Da war die Autorin um die Dreißig und in ganz Europa bereits bekannt und berühmt. Die Spanierin Luisa Sigea de Velasco wurde als "Minerva" und "Kalliope" gefeiert, die zeitgenössische Literatur beschäftigte sich mit ihr. Nicht zuletzt, um diese außergewöhnliche Form der Autorschaft - schließlich handelte es sich um eine Frau, gebildet, sprachgelehrt - zu legitimieren, wie die Autorin Susanne Thiemann in ihrer ausgezeichneten Studie zu Leben und Werk der neuzeitlichen Humanistin nachweist.

Luisa Sigea de Velasco schrieb, so begann ihre Karriere, 1546 einen Brief an Papst Paul III. (dem einige nicht überlieferte Briefe bereits vorangegangen waren), der in den fünf Bibelsprachen verfasst war: Latein, Griechisch, Hebräisch, Syrisch und Arabisch. Dazu legte sie das Gedicht "Syntra" über den portugiesischen Königshof. Der Papst antwortete, legitimierte daraufhin Luise Sigeas Schreibtalent, das die Verfasserin selbst in ihrem Brief auf Fleiß und Disziplin zurückgeführt hatte, als Gabe Gottes. Wurde die Autorin durch das päpstliche Urteil zur Ausnahme gekürt, so ging dies gleichzeitig mit der Aberkennung ihrer Leistung einher.

Nicht nur dieser Briefwechsel zeigt die Bedeutung von Gender für Autorschaft in der Frühen Neuzeit. Die mit Theorieansätzen von Genette und Foucault verknüpfte Frage nach dem Gendering bildet daher einen Schwerpunkt der fundierten Dissertation. Untersucht werden neben dem Dialog die Schreibstrategien und Rhetoriken der Autorin Luisa Sigea sowie die Rezeptions- und Forschungsgeschichte. Dabei geht Thiemann nicht zuletzt auch der Frage nach den besonderen Bedingungen für weibliches Schreiben im 16. Jahrhundert nach.

Ein wichtiges Stichwort für die damalige Zeit ist die Querelle des Femmes, ein Thema, zu dem bereits einige Studien im Kontext der Genderforschung erschienen sind. Susanne Thiemann bringt die wesentlichen Kriterien auf den Punkt: Bildungsdiskussion und Neuordnung der Geschlechterrollen prägen bereits den Beginn der Frühen Neuzeit. Sie kommt zu dem Schluss, dass es sich bei Luisa Sigea keinesfalls um eine Ausnahmeerscheinung ihrer Zeit handelt, sondern, unter Berücksichtigung der spanischen "puella doctae", "um einen Höhepunkt weiblicher Gelehrsamkeit und Sprachenbildung".

Der in diesem Fall durch die portugiesische Infantin D. Maria unterstützt wird, denn Luisa Sigea arbeitete an deren Hof als Lateinlehrerin. Die Infantin versammelte viele Künstlerinnen und auch Künstler um sich, darunter die Schwester von Luisa Sigea, Ángela Sigea, eine Musikerin und Komponistin. Dieser Kontext ermöglichte den Frauen Öffentlichkeit und Austausch mit anderen Gelehrten, sie waren also am Humanismus in Portugal aktiv beteiligt, auch wenn die Rezeptionsgeschichte misogyn argumentiert und diese Leistungen verdrängt.

Luisa Sigeas Hauptwerk, ein philosophischer Dialog zwischen den zwei Frauen Flaminia und Blesilla, beschäftigt sich mit der Frage nach der "vita beata", der wahren Glückseligkeit. Der Text enthält einige Merkmale, die ihn aus der zeitgenössischen Literatur herausheben: Der Dialog hat ein offenes Ende, die Autorin verzichtet auf eine Wahrheitsbekundung, der Text kann daher den polemischen Dialogen zugeordnet werden. Zudem werden die Gespräche über mehrere Tage von zwei Frauenfiguren geführt, die zwar hierarchisiert auftreten, aber zunehmend durch "ironische Brechungen der Figur Blesillas einerseits und durch wachsenden Rederaum sowie stichhaltigere Argumente der Figur Flaminias" aus dem System herausgelöst werden. Interessanterweise kommt es bei der Figur Blesilla zu einer Umdeutung misogyner Topoi, indem sie den Typus des Hofmannes "mit Psalmen-Zitaten als unheilbringendes Monster" entwirft. Schließlich zeugen die zahlreichen Zitate aus antiker Literatur und der Bibel nicht nur von der Bildung der Verfasserin, sondern verweisen auf die Gattung des Cento.

Neben dem Dialog sind weitere Gedichte und Briefe von Luisa Sigea überliefert. Sie starb mit 38 Jahren am 13. Oktober 1560, da war sie schon seit einigen Jahren nicht mehr am Hof in Portugal, sondern lebte in Burgos als Ehefrau und Mutter. Dass ihr Name trotzdem in Portugal und Spanien vielen bekannt war, davon zeugt das Epitaph des portugiesischen Humanisten André Resende: "Hier ruht Sigea. Das genügt. Wer weiterer Erklärungen bedarf, ist ein Barbar, der die schönen Künste nicht pflegt."

Susanne Thiemanns Forschungsarbeit ist detailliert, kenntnisreich, transparent und sowohl in den geschichtlich-diskursiven als auch in den forschungsrelevanten Bezügen umfassend. Dies macht sie auch für Neulinge auf dem Gebiet der Frühen Neuzeit interessant und äußerst lesenswert.


Titelbild

Susanne Thiemann: Vom Glück der Gelehrsamkeit. Luisa Sigea, Humanistin im 16. Jahrhundert.
Wallstein Verlag, Göttingen 2006.
332 Seiten, 28,00 EUR.
ISBN-10: 3835300180
ISBN-13: 9783835300187

Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch