Schau, wohin das Zebra schaut!

Mick Conefrey gibt Überlebenstipps der Forscher und Entdecker weiter

Von Rolf-Bernhard EssigRSS-Newsfeed neuer Artikel von Rolf-Bernhard Essig

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Manager kennen seit ein paar Jahren die heilsame Wirkung von Theaterworkshops. Angestaute Aggressionen, verborgene Wünsche und Missverständnisse dürfen sie hier hemmungslos ausagieren.

Kluge Expeditionsleiter machten sich die Schauspielerei schon vor gut 150 Jahren zunutze. Die Moral einer kleinen, auf Gedeih und Verderb verschworenen Truppe ließ sich damit erstaunlich heben. Also nahmen die Polarforscher Scott und Shackleton nicht nur Schlitten, Schneebrillen und Fellhandschuhen, sondern auch Requisiten mit ins Eis, um Theater zu spielen.

Es ist nicht der einzige Kniff, den man von den alten Abenteurern lernen kann. So bewies der Afrikaforscher Mungo Park, dass Passivität auf gefährlichen Reisen vielleicht die beste Überlebensmethode ist. Und manchmal hilft ein fröhliches Lied samt Zieharmonikaklang erfolgreicher gegen feindliche Urwaldbewohner als Flinten.

Begeisterte Leser von Expeditionsberichten wissen darüber bescheid. Ihnen wird Mick Conefreys Buch "Wie man bei Windstärke 10 stilvoll eine Tasse Tee trinkt" oft Altbekanntes erzählen; von den "Geheimnissen", die der Untertitel verspricht, keine Spur. Gerade die Kurzberichte im letzten Drittel über die Besteigung des Mount Everest, die Fahrt auf der "Kon-Tiki", die Entdeckung der Nilquellen und den "Wettlauf zum Pol" bieten kaum mehr als recht nette Zusammenfassungen und sind nicht immer auf dem neuesten Stand. Doch selbst Expeditions-Experten könnte die Lektüre dieses Buches Spaß machen, weil es seine Fakten mit Humor darbietet, weil es absurde Tipps und Beherzigenswertes in bunter Mischung präsentiert, weil es sich selbst nicht zu ernst nimmt.

Conefrey profitiert ohne Zweifel von Sammelsurium-Büchern, wie sie lange vor Herrn Schott schon üblich waren. Man denke nur an Hanswilhelm Haefs wunderbares "Handbuch des nutzlosen Wissens". Conefreys Werk könnte man entsprechend "Das Handbuch des oft nützlichen Wissens" nennen. Da gibt es Ratschläge, wie man zu Geld für eine Expedition kommt, wie man ein Team zusammenstellt, welche Führungsqualitäten besonders wichtig sind und natürlich viele Listen. Sympathisch bleibt das Buch, weil es anhand von hundert kleinen Geschichten klarstellt, dass unterwegs vieles ganz anders aussieht. Und dass genau das immer schon ein Grund für Bergsteiger, Arktisforscher und Wüstendurchquerer war, das Weite zu suchen. Zu den Überraschungen unterwegs kann natürlich auch der Tod gehören, wie einige Geschichten am Ende erzählen.

Ihn zu vermeiden, gibt es weitere Ratschläge von Conefrey: In der Savanne kann es hilfreich sein, die Zebras im Auge zu behalten. Schauen sie wie gebannt ins hohe Gras, dann steckt wahrscheinlich ein Löwe darin. Das steht in der Rubrik "Tiere, die einen fressen" (in der seltsamerweise Elefanten vorkommen), ihr folgt das Kapitel "Tiere, die man essen kann". Conefrey fällt danach das überzeugende Urteil: "Aber... im allgemeinen sind Menschen für Bären und andere wilde Tiere eine größere Gefahr als umgekehrt. Es gibt sehr viel mehr Geschichten über Forscher, die mit Eisbärenfleisch überlebt haben, als von Bären, die von Forscherfleisch gekostet haben (jedenfalls Fleisch von lebenden Forschern)."

Kleine Fehler, ein paar Horrormärchen sowie einige drei- und viermal erwähnte Geschichten trüben den Lesespaß ein wenig, aber dafür gibt es genügend andere, mit denen man Freunde hervorragend unterhalten oder im Dschungel des Alltags überleben kann. Und sei es durch Lachen.


Titelbild

Mick Conefrey: Wie man bei Windstärke 10 stilvoll eine Tasse Tee trinken kann.
Übersetzt aus dem Englischen von Gaby Wurster.
Malik Verlag, München 2007.
288 Seiten, 16,90 EUR.
ISBN-13: 9783890293271

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