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Mit Schönheit geschlagen

Joyce Carol Oates verführerischer Roman "Sexy"

Von Rolf-Bernhard Essig

Darren ist erst sechzehn, doch schon drehen sich Frauen nach ihm um und sogar Männer, denn seine natürliche Schönheit hat der Schüler durch Schwimm- und Turmspringtraining noch gesteigert. So etwas weckt Neid, so etwas macht aber vor allem beliebt. Grundsätzlich könnte Darren glücklich sein. Das Gegenteil ist der Fall!

Erschreckend intensiv und überzeugend schildert Joyce Carol Oates die Zerrissenheit des schönen Darren, den so viele sexy finden. All die Aufmerksamkeit verwirrt ihn. Er spürt die unterschiedlichsten Anspruchs- und Erwartungshaltungen so vieler um ihn herum. Welcher soll er nur entsprechen? Dann erlaubt ihm das Leben in der Provinz und in einer kleinbürgerlichen Familie keine großen Sprünge. Das Kapital seines Aussehens weiß er nicht zu nutzen. Unfrei, peinlich berührt, voller unerfüllter Wünsche, extrem gehemmt, findet Darren keinen Weg, mit sich selbst ins Reine zu kommen.

Schon dieses Psychogramm eines Heranwachsenden nimmt den Leser gefangen, doch Oates konfrontiert Darren mit einer sehr ernsten Bewährungsprobe, in der er sich entscheiden muss, welche Werte ihm am wichtigsten sind: Loyalität, Zivilcourage oder Zufriedenheit. Fast zerbricht er in dieser Situation, und sein Versuch, ihr zu entkommen, erweist sich als fatal.

"Sexy" ist ein Jugendroman, doch wird er auch Erwachsenen gefallen, denn sein lebendiger Erzählrhythmus treibt ihn vorwärts, seine Figuren und ihre Konflikte berühren, seine innere Dramatik spiegelt sich in der äußeren Handlung. Und obwohl es zutiefst amerikanische Verhältnisse zu sein scheinen, um die es geht, kennt man die geschilderten Probleme, vor allem die seelischen, doch nur zu gut.

Joyce Carol Oates: Sexy. Roman. Übersetzt aus dem Englischen von Birgit Kollmann. Carl Hanser Verlag, München 2007. 208 Seiten, 14,90 EUR. ISBN-13: 9783446207929 Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch