47 Jahre Ehe mit bitterem Ende

Joan Barfoots Portrait zweier Frauenleben

Von Irmgard Johanna SchäferRSS-Newsfeed neuer Artikel von Irmgard Johanna Schäfer

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Charlotte, mittlerweile fast siebzig, sitzt in einer Hecke und beobachtet das Haus ihres ehemaligen Geliebten.

Nach über dreißig Jahren will sie sehen wie er lebt, wer und wie seine Frau ist, die ewige Nebenbuhlerin, wegen der ihre Beziehung zerbrach oder nie eine richtige Beziehung werden konnte. Zehn Jahre war sie seine Geliebte, zehn Jahre lang ging er aber auch Nacht für Nacht wieder zurück zu ihr, "nach Hause" wie er immer sagte. Sie selbst weiß nicht, was sie eigentlich in der Hecke sucht, weiß nur dass, wenn jemand sie sieht, sie wirklich in Schwierigkeiten ist; deshalb verlässt sie ihren unbequemen Beobachtungsplatz und fährt nach Hause zurück.

Claudias Mann Bradley ist gestorben: nachdem sie ihn ein Jahr lang gepflegt hat, ist er nun tot; nicht dass sie darüber traurig wäre, er war immer grausam zu ihr, ging ständig fremd und brach jedes Versprechen.

Nun ist sie frei.

Sie schreibt ihrer besten Freundin Charlotte, die beiden kennen sich schon seit der Grundschule. Charlotte ist anders als sie, hat nie geheiratet, wollte nie etwas Festes, keine Kinder - und lebt bis heute allein. Claudia möchte sie gern besuchen und schreibt ihr einen Brief, außerdem möchte sie ihr großes Geheimnis offenbaren, weiß aber noch nicht wie.

Nach fünf Jahren treffen sich die beiden alten Frauen wieder, kichern und lachen wie in alten Zeiten. Charlotte erzählt Claudia von ihren Abenteuern in der Hecke vor dem Haus ihres ehemaligen Geliebten; auch Claudia soll nun ihr Geheimnis lüften. Claudia hat ihren Mann mit fünf Morphiumspritzen umgebracht, weil er sie 47 Jahre lang tyrannisiert hat. Und die verständnisvolle Charlotte kann Claudias Beweggründe verstehen; sie beschließen, von nun an bis an ihr Lebensende, gemeinsam in Charlottes Haus zu wohnen. Kichernd geht das Buch zu Ende.

Joan Barfoot hat ein Buch über zwei fast 70-jährige Frauen geschrieben, die auf ihr Leben zurück blicken und merken, dass es nun zu Ende geht, dass sie nie wieder Sex haben werden, dass ihr Brüste schlaff herunter hängen und dass eigentlich nichts so gewesen ist, wie sie es sich vorgestellt haben. Diese Gedankengeplänkel, die vielleicht gerade an der Oberfläche des Tiefsinns kratzen, langweilen, genauso wie das Liebesgeflüster der beiden Alten: "Ich liebe dich, Charlotte." "Ich dich auch, Claudie." Der Mord an Claudias Ehemann soll wohl der rote, spannende Faden des Buches sein, ist aber zu einfach gestrickt, als dass es eine Überraschung wäre, Claudias Geständnis am Ende des Buches zu hören. Sicherlich schockierend ist, dass die beiden Frauen, leider etwas spät, erkennen, dass sie für immer zusammen bleiben wollen und das Buch hiermit auch seinen überspannten Höhepunkt erhält.

Titelbild

Joan Barfoot: Die Frau in der Hecke. Aus dem Englischen von Eva und Thomas Pampuch.
Verlag Antje Kunstmann, München 1995.
290 Seiten,
ISBN-10: 3888970989

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