Eine einfache Welt mit einfachen Lösungen

Dick Francis hat einen neuen Krimi mit Sid Halley geschrieben

Von Georg PatzerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Georg Patzer

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Reiten ist gefährlich. Wie schnell liegt man im Dreck, und eine Tonne Pferd tritt einem auf die Hand. So ist es einst Sid Halley ergangen, der dabei eine Hand verlor und den Jockeyberuf aufgeben musste: Mit einer Hand reitet es sich nämlich nicht so gut. Er sattelte um, wurde Detektiv und ermittelt seither, meistens im Bereich des Rennsports, gegen Betrüger und Mörder. Und immer wieder muss er sich auch gegen körperliche Gewalt wehren, gegen Schläge und Anschläge, einmal sogar gegen einen Killer, der drohte, ihm auch die andere Hand abzuschneiden.

Sid Halley ist einer der beiden Serienhelden des Schriftstellers Dick Francis, der 1957 selbst nach einem mysteriösen, nie aufgeklärten Sturz seinen Jockeyberuf aufgeben musste und seither Kriminalromane schreibt, an die vierzig sind es inzwischen. Neben sehr vielen Helden, die sich alle ziemlich ähnlich sind, auch wenn sie alle möglichen Berufe ausüben und meistens Amateurermittler sind, gibt es neben dem Hindernisreiter Kit Fielding noch Sid Halley als Serienhelden. Und auch die gleichen den anderen sehr.

Fast alle von Francis' Detektiven sind Männer, die sich gerade verlieben oder verliebt haben, einsame, aufrechte, oft leider ziemlich humorlose Menschen, die meist die eine oder andere körperliche oder seelische Beschädigung haben, im Lauf des Falls bedroht werden, meistens mit dem Tod, und dann "über sich hinauswachsen". Sie gewinnen dabei nicht nur die Liebe einer Frau, sondern klären auch den Fall bravourös auf, meistens ganz knapp am Tod vorbei und fast immer gegen die Polizei.

So auch Sid Halley. In seinem neuen Fall hat Sid eine neue Freundin, die er natürlich beschützen will. Kaum jemand weiß, wer sie ist, er hält sie noch versteckt. Für einen Beamten der Regierung soll er ermitteln, welche Auswirkungen durch ein neues Glücksspielgesetz zu erwarten sind. Lord Enstone möchte wissen, warum seine Pferde nicht siegen, wenn sie es eigentlich sollten. Ein Jockey wird erschossen, nachdem ein Trainer sich mit ihm lautstark gestritten hat. Dann erschießt sich dieser Trainer, was die Polizei als Schuldgeständnis wertet. Nur Sid glaubt nicht daran. Ihm wird gedroht, jemand könnte verletzt werden, wenn er nicht aufhöre zu ermitteln. Seine Freundin wird zusammengeschlagen und etwas später angeschossen. All das bestärkt Sid natürlich nur darin, weiterzuermitteln. Und wie immer führt ihn der Fall in die höheren Kreise der Gesellschaft, wie immer ahnen sowohl Sid als auch der Leser, wer in diesem Buch die Bösen sind und wer die Guten: Wenn man ein Guter ist, sieht man es einem Bösen einfach am Gesicht an, dass er böse ist.

Dick Francis' Welt ist sehr einfach gestrickt, und so sind seine Krimis auch eher Kost für die einfach Gestrickten, die eine überschaubare Welt und unkomplizierte Lösungen bevorzugen. In den besseren Krimis gibt es immerhin ein wenig Humor, komplizierte, neurotische aber glaubhafte Charaktere und die eine oder andere ungeahnte Wendung. In "Gambling" kommt das alles zu kurz.

Der Fall ist für den geübten Dick-Francis-Leser sehr schnell durchschaubar, die Charaktere sind flach und, wenn das ginge, weniger als eindimensional, und die Handlung schleppt sich so dahin. Sprachlich gesehen ist er sogar einer der schlechtesten Krimis, die Francis je geschrieben hat. Immer wieder muss er alles haarklein erklären, als lese er aus einem Lehrbuch für Anfänger ab, was DNA ist, wie man sie gewinnt, wie das Internet-Pokern geht. Es ist alles so langweilig, dass man es kaum zu Ende lesen möchte. Es lohnt sich auch nicht.


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Dick Francis: Gambling. Ein Sid-Halley-Roman.
Übersetzt aus dem Englischen von Malte Krutzsch.
Diogenes Verlag, Zürich 2007.
400 Seiten, 21,90 EUR.
ISBN-13: 9783247066046

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