Zu dieser Ausgabe

In der Literatur waren Raumkonstrukte schon immer ein Element von großem Symbolgehalt. Wenn etwa der Landvermesser K. in Franz Kafkas "Schloss"-Roman (1926) nie an sein Ziel gelangt oder der "Mann vom Lande" in der "Türhüterlegende" aus Kafkas "Process" (1925) nicht ins "Gesetz" hineingelassen wird, über dessen räumliche Struktur in der kurzen Parabel nur schemenhafte Angaben gemacht werden - so provozieren solche Beschreibungen zumindest wahre Unmengen von Deutungsversuchen.

Das, was sich hinter dem Terminus "Raum" alles verbergen kann, ist darüber hinaus eines derjenigen Interessengebiete, die in den letzten Jahren in den Kulturwissenschaften wieder stark in den Vordergrund gerückt wurden. So war unter anderem die Rede vom "Spatial Turn" (etwa bei Doris Bachmann-Medick) oder vom "Topographical Turn" (Sigrid Weigel).

Es gab demgegenüber aber auch Stimmen, die von einem Verschwinden des Raums aus der Welt sprachen - von einem Fallen aller Grenzen auf dem Weg zu einer friedlichen 'neuen Weltordnung'. Gewiss: Räume werden genauso konstruiert wie Nationen oder Kulturen. Und doch folgen diesen Ideen nach wie vor konkrete gesellschaftliche Entwicklungen und Konflikte, zum Beispiel Kriege.

Die Februar-Ausgabe von literaturkritik.de bietet dazu neben einem Essay eine Reihe von Besprechungen zu einschlägigen Publikationen. Darüber hinaus können Sie sich über verschiedene Biografien wie die Stefan Georges oder Bertolt Brechts informieren - und insgesamt wieder einmal über 80 weiteren Rezensionen lesen.

Herzlich,
Jan Süselbeck