"Glück hat keinen Plural"

Thommie Bayers Roman "Eine kurze Geschichte vom Glück"

Von Anton Philipp KnittelRSS-Newsfeed neuer Artikel von Anton Philipp Knittel

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Peter Bamms Erkenntnis "Glück hat keinen Plural" stellt Thommie Bayer seinem neuen Roman "Eine kurze Geschichte vom Glück" als Motto voran. Dies muss sein Ich-Erzähler Robert Allmann nur allzu rasch am eigenen Leibe erfahren. Denn kaum hat den freien Autor und Werbetexter die telefonische Nachricht der baden-württembergischen Lottogesellschaft erreicht, dass er als einer von zwei Gewinnern aus dem Jackpot 6,2 Millionen Euro gewonnen habe, gerät sein bisher ohnehin leicht unregelmäßiges Leben zunächst vollends aus der Bahn: "Tun Sie einfach erst mal gar nichts", rät ihm Lottofee Voula Perides. "Sagen Sie niemandem etwas davon, überlegen Sie in Ruhe, wie Ihr Leben weitergehen soll. Könnten Sie sich für ein paar Tage zurückziehen, irgendwo einen Kurzurlaub machen, allein sein und gründlich darüber nachdenken? [...] Manche Leute werden nach der ersten Euphorie depressiv, manche verlieren den Halt und schlittern in eine psychische Leere. Oder sie kaufen sich sinnlose Dinge, markieren den spendablen Krösus und vergraulen ihre Freunde, anstatt sie glücklich zu machen, oder sie finden sich in falscher Gesellschaft wieder - es kann alles passieren. Unsere Erfahrung ist, dass diejenigen, die erst mal gar nichts geändert haben, nur vielleicht ihre Schulden bezahlt und ein neues Auto gekauft oder eine schöne Reise gebucht, am besten klarkommen."

Klarkommen muss Robert Allmann jedoch tatsächlich allein. Zwar nimmt er sich vor, sein Glück mit seiner Frau Regina, genannt Wespe, zu teilen, doch eine kleine Meinungsverschiedenheit am Abend, als "Daggl" Robert seiner durch den stressigen Job als Ärztin ausgelaugten Wespe ein Abendessen servieren möchte, lässt die Situation eskalieren, bevor Allmann vom Lottogewinn erzählen kann. Und so dämmert ihm allmählich: "[...] auch das Geld brachte mich um manches, was zuvor selbstverständlich gewesen war. Um der zu bleiben, der ich war, müsste ich lügen, dürfte niemandem zeigen, dass ich mir jeden Wunsch erfüllen konnte, weil mich das zu einer Art von Exoten machte, der nicht auf Toleranz hoffen kann. [...] Geld macht frei, aber frei sein ist nicht automatisch ein wundervoller Zustand. Er lässt sich leicht mit Einsamkeit verwechseln."

Doch Allmann ist nicht ausschließlich der treudoofe schwäbische "Daggl", der er in seinem bisherigen Leben vielleicht war. Auch ohne Wespe beginnt er schließlich sein Leben in den Griff zu bekommen und versagt sich dabei nicht, seinem "ehemaligen Kompagnon Ecki in Heidelberg", der die zweite Tranche des Jackpots gewonnen hat, eins auszuwischen.

Thommie Bayers "kurze Geschichte vom Glück" ist ein ebenso leichter wie leicht zu lesender, nichts desto weniger stellenweise melancholisch-nachdenklicher Roman über gelingendes Leben, über die allzu flüchtigen Momente von Glück und über die "Erhabenheit der Glückseligkeit des Augenblicks."


Titelbild

Thommie Bayer: Eine kurze Geschichte vom Glück. Roman.
Piper Verlag, München 2007.
215 Seiten, 16,90 EUR.
ISBN-13: 9783492049207

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