Zauberworte von und für Frau Friedrich

Heinz Janisch schildert eine Freundschaft zwischen einer alten Frau und einem kleinen Jungen

Von Fabian KettnerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Fabian Kettner

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Heinz Janisch und Helga Bansch erzählen in "Frau Friedrich" keine Geschichte im strengen Sinne des Wortes. Es gibt keinen Handlungsfaden, nichts, was sich aus etwas anderem ergeben würde. Auf den einzelnen Doppelseiten kann man in verschiedenen Facetten die beiden Hauptfiguren, einen kleinen Jungen und eine alte Frau sowie ihre Beziehung zueinander kennenlernen.

Ein kleiner Junge ohne Namen beschreibt die Eigenschaften und Fähigkeiten von Frau Friedrich. Schenkt man ihm Glauben, dann hat sie übermenschliche Kräfte. Angeblich kann sie Unmögliches tun, wie beispielsweise eine Woche lang auf einem Ast sitzen, um einem Vogel beim Brüten zuzuschauen oder sie kann drei Tage und Nächte lang eine Tierspur im Wald verfolgen. Ihr "Zauberblick" hingegen ist - entgegen seines Namens - zwar eine außerordentliche Begabung, aber keine übernatürliche Fähigkeit. Sie kann dem kleinen Jungen ins Herz schauen und - zu seiner Verwunderung, denn er hatte ihr nichts davon gesagt - merken, wenn er traurig ist. Auch gute Laune zu verbreiten oder aus einem Sammelsurium übrig gebliebener Alltagsgegenstände neue lustige Dinge zu basteln, wie sie es vermag, kann wie ein Zauber sein.

Erst am Ende erfährt man, dass der kleine Junge und Frau Friedrich befreundet sind, dass sie 91 Jahre alt und er ihr Nachbar ist, seine Eltern hin und wieder nach ihr sehen und er sie gerne besucht, um ihr Geschichten zu erzählen, die ihr so viel Freude bereiten, dass sie sich so energetisch fühlt, wie sie es nur noch in seinen Fantasien ist.

Bansch hat zu Janischs Einfällen die bekannten freundlichen und warmen Illustrationen (vgl. literaturkritik.de 07/2007 und 12/2007) beigesteuert, die zu der nicht-linearen Erzählweise passen. Häufig gibt es ein ausführlich gestaltetes Hauptbild, welches mit verschiedenen anderen grafischen Elementen kombiniert wird. Diese können Bleistiftskizzen oder auch Skyline-Konturen aus anderem Material wie Pack- oder Zeitungspapier sein. Überhaupt werden unterschiedliche räumliche Ebenen gerne durch kontrastierendes Material gegeneinander abgesetzt. Banschs Bilder sind uneinheitlich, aber nicht unübersichtlich; sie müssen nur hin und wieder erst in eine Beziehung zueinander gesetzt werden, die sich durch den Text immer leicht erschließen lässt. Dies fördert aber das aktive Mitlesen auch auf visueller Ebene und fordert die Fantasie. In die Bilder der Räume von Frau Friedrich hat sie echte kleine Schwarz-weiß-Fotografien eingesetzt, als hingen diese bei der alten Frau an der Wand. Das Alter und das, was Alter heißt, führt sie vor Augen, indem sie beispielsweise ein Bleistiftstrich-Porträt von Frau Friedrich auf altes, rissiges, angegilbtes und fleckiges Papier setzt. So bietet dieses schöne Buch häufig Anlass, die gestalterischen Details zu entdecken, um sowohl die Bilder wie auch die Charaktere und ihre Beziehung zueinander immer noch ein wenig mehr zu verstehen.


Titelbild

Heinz Janisch: Frau Friedrich.
Mit Illustrationen von Helga Bansch.
Jungbrunnen Verlag, Wien 2008.
32 Seiten, 13,90 EUR.
ISBN-13: 9783702657901

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