Die Gier nach Macht

Budd Schulberg erzählt in "Was treibt Sammy an" von den Machenschaften eines Karrieristen

Von Georg PatzerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Georg Patzer

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Immer rennt Sammy, immer. Einen langsamen Gang kennt er gar nicht. Und er rennt schnurgerade nach oben. Vom Tellerwäscher zum Millionär heißt in seinem Fall: vom Bürolaufburschen zum Hollywoodproduzenten. Sammy Glick ist ein schamloser junger Mensch, der ein paar große Fähigkeiten hat: Er weiß, wo er hin will; er weiß, wie man andere gegeneinander ausspielt; er weiß, wie man andere ausbeutet. Und er schafft es. Glick geht in die Showbranche, nach Hollywood, indem er sich dreist nach oben lügt. Was ihn antreibt, fragt der Autor. Macht. Die pure Macht.

Er will nach oben, koste es, was es wolle. So belügt er seine Bosse ebenso wie seine Kollegen, seine Freundinnen ebenso wie seine Gönner. Er schafft es, in der Zeitungsredaktion seinen Kollegen zu verdrängen, er klaut Filmstoffe aus zweitklassigen Hollywoodfilmen und gibt sie als eigene Ideen aus, er ist, egal was er macht, einfach nur skrupellos. Und stellt es immer so dar, dass es er doch nur das Beste gewollt habe, sei es bei der Gründung einer Autorengewerkschaft oder im Umgang mit einem bemitleidenswerten Ghostwriter. Nur der Ich-Erzähler, der Redakteur Al Manheim, der ihn von Anfang an skeptisch beäugt hat, hält zu ihm, etwas angeekelt, aber fasziniert. Sogar noch, als er das Geheimnis von Sammys Familie entdeckt.

Der Roman "Was treibt Sammy an?" wurde bereits 1941 publiziert, als böses Denkmal für alle Karrieristen und als Mahnmal für ein korruptes Hollywood-System. Der Autor, der heute über 90-jährige Budd Schulberg, beschreibt eine Gesellschaft, die genau das fördert und gutheißt, was sie zerstört: den Zynismus, der über Leichen geht. Viele Studiobosse haben sich in diesem bitterbösen Porträt wiedererkannt.

Schulberg selbst ist eine lebende Legende. 1914 wurde er in New York geboren, war 1934 Mitbegründer der mächtigen Autorengewerkschaft, verhaftete 1945 in Berlin Leni Riefenstahl und erhielt 1954 den Drehbuch-Oscar für den Film "Die Faust im Nacken", mit Marlon Brando in der Hauptrolle. Aber er war nicht nur berühmt, sondern auch berüchtigt. Denn er war nicht nur Kommunist, bis er aus der Partei austrat, sondern er meldete sich auch als Zeuge für das "House of Un-American Activities Committee", das mit allen Liberalen in Hollywood und ganz Amerika aufräumen wollte (einer der Aktiven war damals Richard Nixon), und Schulberg verriet, wie auch Elia Kazan, seine ehemaligen Genossen und Freunde.

Sein Buch "Was treibt Sammy an?" ist immer noch aktuell, denn noch immer geht es in Amerikas Wirtschaft und Gesellschaft (und nicht nur dort) so zu. Allerdings ist es auch für alle Nicht-Insider sehr schnell ermüdend. Zwar mag man sich schon fragen, was Sammy als Nächstes einfällt, um wieder ein Stückchen höher zu kommen, um wieder einmal jemanden reinlegen zu können. Aber es wird dann doch schnell langweilig, ihn bei diesem immergleichen Tun zu begleiten, und die Gags, die dort am Rande passieren, das bisschen Voyeurismus, mit dem man in Hollywoods dunkle Seite gucken darf, werden schnell schal.


Titelbild

Budd Schulberg: Was treibt Sammy an? Roman.
Übersetzt aus dem Amerikanischen von Harry Rowohlt.
Kein & Aber Verlag, Zürich 2007.
416 Seiten, 19,90 EUR.
ISBN-13: 9783036955162

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