Verflochtene Lebenswege

Anmerkungen zu Stefan Merrill Blocks Debütroman - oder: Warum es schwierig ist, ein Buch über die Liebe zu schreiben

Von Thomas NeumannRSS-Newsfeed neuer Artikel von Thomas Neumann

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Zwei Ich-Erzähler bestimmen den Verlauf des Romans. Der Leser verfolgt das Geschehen abwechselnd aus der Perspektive von Seth und Aron. Mit Aron setzt die Erzählung ein. Er ist achtundsechzig Jahre alt und erzählt von seinem Leben, seinem Zwillingsbruder und seinen körperlichen Einschränkungen. Vor allem aber berichtet er von seiner Liebe zu der Ehefrau seines Zwillingsbruders, zu seiner Schwägerin Mae.

Der zweite Ich-Erzähler ist Seth. Seine Mutter erkrankt früh an Alzheimer. Sie wird vergesslich und verliert den Kontakt zu ihrem Mann und ihrem Kind. Er beginnt seine Erzählung in der eigenen Jugend und mit Beobachtungen über seine Mutter, wie diese langsam ihre Persönlichkeit verliert und schließlich stirbt. Wie vorauszusehen ist, wünscht er sich, später als Wissenschaftler eine Therapie oder ein Medikament gegen die Krankheit seiner Mutter zu finden. Seine "Forschungen" beginnen mit der Rekonstruktion der genetischen Vorgeschichte seiner Mutter und damit auch der eigenen Biografie.

Beide Erzählstränge haben eine einfache Verbindung, die aber erst am Ende des Buches klar wird: es ist eine Geschichte einer Familie, die von einer Erbkrankheit betroffen ist. Seth ist der Enkel von Aron und Seths Mutter Jamie seine uneheliche Tochter. Seths Erforschung der Familiengeschichte stellt den Kontakt zu seinem Großvater Aron her und es gibt - trotz Krankheit - fast ein happy end durch die Familienzusammenführung der Protagonisten.

Merrill hat sich in seinem Debütroman eines schwierigen Themas angenommen. Entstanden ist eine erzähltechnisch und inhaltlich interessante Geschichte, die durch die fast bis zum Ende des Buches offene Verbindung der Erzählstränge die Neugier des Lesers aufrecht erhält und dabei Fiktion und Realität gelungen miteinander verbindet. Dem Leser liegt ein mitreißendes Buch in den Händen, das dazu anregt, sich über die Krankheit Alzheimer im Besonderen und die Funktionsweise des Gehirns im Allgemeinen zu informieren. Das ist nicht zuletzt der einfühlsamen Übersetzung von Marcus Ingendaay zu verdanken.


Titelbild

Stefan Merrill Block: Wie ich mich einmal in alles verliebte. Roman.
Übersetzt aus dem Englischen von Marcus Ingendaay.
DuMont Buchverlag, Köln 2008.
347 Seiten, 19,90 EUR.
ISBN-13: 9783832180393

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