Im Schatten des Imperiums - Malcolm Spencer beleuchtet das Österreich der Moderne in den Werken von Robert Musil, Josef Roth und Ingeborg Bachmann

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In seiner englischsprachigen Monografie "In the Shadow of Empire" untersucht Malcolm Spencer, wie sich Österreichs Krise der Moderne in den Werken Robert Musils, Josef Roths und Ingeborg Bachmanns niederschlägt. Dem Autor zufolge stellte sich die österreichische Moderne den drei Generationen angehörenden SchriftstellerInnen auf je verschiedene Art dar. Die verschiedenen historischen Bedingungen, unter denen sie schrieben, führten zu unterschiedlichen Interpretationen der Dilemmata, in die sich die Moderne verstrickt sah.

Spencer geht vor allem der Frage nach, wie die drei österreichischen AutorInnen in ihren Texten auf die zentralen Themen der Moderne reagierten, die er in Zersplitterung, Nationalismus, Ende des ancien regime sowie einer allgemeinen Ambivalenz ausmacht. Hierzu zieht er vor allem Musils "Mann ohne Eigenschaften", Roths "Radetzkymarsch" und Bachmanns späte Erzählung "Drei Wege zum See" heran, die er als "overlapping texts" liest, rekurriert aber auch auf den ,surrealistischen' Berlin-Text der Klagenfurterin, "Ein Ort für Zufälle". Die AutorInnen und ihre Werke rekonstruierten und reflektierten Österreichs Vergangenheit auf je spezifische Weise. Musils "Mann ohne Eigenschaften" präsentiere eine Kultur, die ihre innere Einheit verloren hatte und in konkurrierende, aber leere Wertsysteme zersplittert war. Doch könne der Autor der Klassischen Moderne angesichts seiner Hoffnung, der "profund rift between 'Ratio' and 'Nicht-Ratio'" könne mithilfe mystischer Erfahrung überbrückt werden, beinahe als Optimist gelten. Der Pessimist Roth, dem das untergegangene ,supranationale' Österreich als Ersatz für seinen religiösen Glauben gedient habe, lehne die säkularisierte Moderne hingegen in all ihren Formen ab und finde seine "spiritual health" alleine in vormodernen Gesellschaften einfacher Menschen. Auch Bachmann sei weit weniger hoffnungsvoll als Musil, doch glaube sie, nun im Unterschied zu Roth, an die Fähigkeit zum inneren Wandel der modernen Gesellschaft, ohne allerdings den Blick vor den Ambivalenzen der Moderne zu verschließen.

R.L.


Titelbild

Malcolm Spencer: In the Shadow of Empire. Austrian Experiences of Modernity in the Writings of Musil, Roth and Bachmann.
Camden House, Rochester 2008.
254 Seiten, 50,00 EUR.
ISBN-13: 9781571133878

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