Adlatus auf Reisen

Zu Louise von Göchhausens Tagebuch ihrer Italienischen Reise von 1788 bis 1790

Von Thomas NeumannRSS-Newsfeed neuer Artikel von Thomas Neumann

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Louise von Göchhausen (1752-1807) wurde 1783 in den Kreis der Hofdamen der Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar-Eisenach (1739-1807) aufgenommen und avancierte zur Ersten Hofdame der Herzogin. Diese schätzte vor allem die Intelligenz, den Humor und Schlagfertigkeit der körperlich gehandicapten Hofdame. Sowohl Göchhausens gutes Verhältnis zu Johann Wolfgang Goethe und dem Hof als auch ihre enge Bindung zur Herzogin prädestinierten sie über ihre Funktion als Erste Hofdame hinaus zur engen Begleiterin auf Anna Amalias Italienreise vom 15. August 1788 bis zum 18. Juni 1790. Während der Reise schrieb Göchhausen täglich Tagebuch. Diese Aufzeichnungen liegen jetzt in einer intensiv und fachkundig kommentierten Edition von Juliane Brandsch vor.

Die Herausgeberin hat das im Goethe- und Schiller-Archiv in Weimar liegende Manuskript des Tagebuchs zur Grundlage ihrer Edition gemacht. Dabei wurde nach neuesten Editionsrichtlinien verfahren und Eingriffe ins Manuskript durchgängig vermieden: "Oberster Grundsatz dieser Transkription war die größtmögliche Quellentreue. Dies heißt vor allem, daß die Herausgeberin Eingriffe und Normierungen auf ein Mindestmaß beschränkt und jederzeit kenntlich gemacht hat." Im laufenden Text werden daher fehlende Buchstaben kursiviert ergänzt und auf eine höchstmögliche Lesefreundlichkeit geachtet. Ebenso wurde beim Kommentar verfahren. Den ungefähr 160 Seiten des Tagebuchs steht der doppelte Umfang an Sachkommentar gegenüber. Dies ist in der Detailtreue für eine Edition eher ungewöhnlich. Der Herausgeberin schien daran gelegen, auch kleinste Details der bisher unveröffentlichten Quelle aus dem nahen Umfeld Goethes dem Leser nahe zu bringen. Dabei fallen manche Kommentierungen etwas umfangreich aus, sind aber trotzdem informativ.

Man findet über zwei Jahre hinweg tägliche Notate Göchhausens. Immer sind diese knapp, treffend, berichten über die Reisewege, die man genommen, Personen, die man getroffen hat und in welche Abendveranstaltung man ging. Dabei entstehen kleine literarische Formen, Miniaturen, die auch die durchgängige Lektüre des Tagebuchs rechtfertigen. Dabei versäumt die Autorin auch nicht, landesspezifische Details zu berichten oder genauere Berichte von dem einjährigen Aufenthalt in Neapel zu verfassen. Die Details zu den privaten Verhältnissen der Herzogin können auf das Genaueste dem Tagebuch entnommen werden.

Der Herausgeberin hat ein ähnlich spannendes und wichtiges Manuskript dem Leser zur wohlfeilen Lektüre aufbereitet, wie etwa das Reisetagebuch des Jahres 1819 von August von Goethe. Zwar hat man keine spektakuläre Ausstattung des Bandes gewählt, aber eine solide und gut gemachte Edition ist es geworden, die einem interessierten Leser eine nutzbringende und unterhaltende Lektüre gewährt.


Titelbild

Juliane Brandsch (Hg.): "Es sind vortreffliche Italienische Sachen daselbst". Louise von Göchhausens Tagebuch ihrer Reise mit Herzogin Anna Amalia nach Italien vom 15. August 1788 bis 18. Juni 1790.
Wallstein Verlag, Göttingen 2008.
518 Seiten, 39,00 EUR.
ISBN-13: 9783835302822

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