Alles gerät aus dem Ruder

Richard Starks Parker leidet in seinem Roman "Keiner rennt für immer" an den Amateuren

Von Georg PatzerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Georg Patzer

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Man sollte sein Handwerk wirklich nicht irgendwelchen Amateuren überlassen. Wie schnell machen sie Fehler und bringen die Pläne durcheinander, und dann geht trotz bester Vorbereitung alles schief, was schief gehen kann. Das muss auch Parker merken, wenn er arbeitet. Denn da kann er den allerschönsten Plan machen: Sobald sich Laien einmischen, geht etwas schief. Und das ist bei Parkers Beruf besonders unschön, denn er ist Bankräuber, Überfallgangster, Juwelendieb. Mit einem Ethos und Überlebenswillen: Da bricht er normalerweise lieber den Überfall ab, wenn es zu brenzlig, die Lage zu unsicher wird. Sicherheit geht vor.

Auch in seinem neuesten Buch schildert Richard Stark, wie schwer es einer in seinem Beruf haben kann. So muss Parker bei einer Pokerrunde einen Spitzel ermorden, bei dem ein verstecktes Aufnahmegerät gesehen wurde. Dann bekommt er einen Tipp für einen Bankraub in der neuenglischen Kleinstadt Rutherford, in der zwei Banken fusionieren. Allerdings hat der Tippgeber seine Informationen von der Frau des Bankdirektors, die sich scheiden lassen und rächen will. Dann erscheinen ein Kopfgeldjäger und seine Freundin, die den so plötzlich verschwundenen Spitzel suchen. Und als der Tippgeber sich weigert, für ein Alibi gegen die Bewährungsauflagen zu verstoßen und sich einsperren zu lassen, schießt ihn seine Geliebte ins Bein. Damit gerät alles aus dem Ruder, und Parker hat alle Hände voll zu tun, alle in Schach zu halten und seinen penibel ausgearbeiteten Plan doch noch durchzuführen.

Dass dabei einige auf der Strecke bleiben, ist fast klar. Dass Parker das nicht gerne macht, auch, immerhin weckt jede Gewalttat die Aufmerksamkeit der Behörden. Aber was soll er machen: Schließlich geht es Parker nur um Parkers Überleben. Dumm ist nur, dass er auf Amateure angewiesen ist, wenn er auch nur ansatzweise Geld "verdienen" will.

Richard Stark alias Donald E. Westlake, der Anfang dieses Jahres gestorben ist, ist in Amerika ein Klassiker. Hierzulande wird er erst wieder neu entdeckt. Vor allem seine Umkehr der Moral - der Held ist ein Berufsverbrecher, dessen seltsame Logik ganz normal erscheint - und seine prägnante, umstandslose, schnörkellose Sprache, das präzise Herausarbeiten von verlogener Alltags- und Kleinstadtmoral, die der kühlen Verbrechermoral in nichts nachsteht, machen seine Romane zu herausragenden Solitären auf dem übersättigten Krimimarkt. Seltsam nur, dass der Zsolnay Verlag erst einen sehr späten und jetzt den direkt davor spielenden Roman aus der Parker-Serie veröffentlicht.


Titelbild

Richard Stark: Keiner rennt für immer. Roman.
Übersetzt aus dem Amerikanischen von Nikolaus Stingl.
Paul Zsolnay Verlag, Wien 2009.
288 Seiten, 16,90 EUR.
ISBN-13: 9783552054639

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