Kein Krimi

In ihrem schwungvollen Debütroman "Leichte Liebe" lotet Rebecca Niazi-Shahabi aus, wie die Suche nach den eigenen Wurzeln eine schwierige Vater-Tochter-Beziehung genesen lässt

Von Luitgard KochRSS-Newsfeed neuer Artikel von Luitgard Koch

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Väter und Töchter, ein Thema mit Variationen. Sie verbindet eine Liebesgeschichte der besonderen Art. Kaum ein Mann ist im Leben von Frauen so wichtig wie der Vater. Keine Frage: Väter haben Macht über die Gefühle ihrer Töchter. In der Literatur freilich sind Erzählungen und Romane zum Thema Vater, von Frauen geschrieben, trotzdem nicht sehr häufig. Nicht zuletzt deshalb macht das Roman-Debüt der 39jährigen Rebecca Niazi-Shahabi neugierig. Zumal es sich, wie der Verlag ankündigt, bei "Leichte Liebe" angeblich um einen Krimi handeln soll.

Tatsächlich wirkt allein der biografische Hintergrund der Autorin - sie kommt aus einer deutsch-iranisch-israelischen Familie - äußerst spannend. Für die Geschichte einer Abnabelung vom charismatisch-abwesenden Vater und einer Selbstfindung bietet sich hier sicher eine großartige Quelle der Inspiration. Ihre temporeiche Erzählung jedoch dem Genre Kriminalliteratur zuzurechnen, befremdet etwas. Auch wenn im Handlungsverlauf die Polizei den verantwortungslosen Charmeur des Mordes an seiner Geliebten beschuldigt.

Denn im Mittelpunkt der Handlung steht letztlich der Prozess der Befreiung der Protagonistin aus der irrealen Beziehung zum anziehenden Lebemann und strahlenden Übervater sowie die Suche nach dem Sinn ihrer scheinbar "leichten" Liebe. Yael, die 30jährige Werbetexterin, recherchiert das Leben ihres Vaters, des unsteten Antoine Hasidim, um ihre Fragen an diese schwierige Verbindung zu beantworten. Dabei findet sie auf ihrer Reise zu ihren Wurzeln ihre eigentliche Familie in Israel. Ihre israelische Verwandtschaft lehrt die angestrengte junge Frau, die Dinge im Leben zu nehmen, wie sie sind.

Mit erfrischender Selbstironie seziert die Wahl-Berlinern Niazi-Shahabi vor allem die knallharte Welt der Werbung, in der ihre Hauptfigur sich als freie Werbetexterin mühsam ihre Brötchen verdient. Es sind besonders diese Passagen, die durch ihre scharfsinnige Beobachtung und authentische Milieu-Studien unterhalten. "Leichte Liebe" ist insgesamt zweifellos ein Roman mit viel Schwung und Elan. Sprachlich besticht vor allem Niazi-Shahabis geschickte Kombination aus konstatierender Nüchternheit und feinfühliger Emotionalität.


Titelbild

Rebecca Niazi-Shahabi: Leichte Liebe. Roman.
Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2009.
256 Seiten, 17,90 EUR.
ISBN-13: 9783871346217

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