Die Unbestimmtheit des Menschen - Gregor Streims Studie über "Das Ende des Anthropozentrismus"

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Die Berliner Habilitationsschrift (Freie Universität) arbeitet die intellektuellen Diskussionen der 1930er- bis 1950er-Jahre auf, die einen eigenen Weg zwischen Anpassung und Verweigerung von Moderne suchen. Das führe, so Streim, zur Denkfigur der "Unbestimmtheit des Menschen" und zur Aufgabe anthropozentrischer Denkformen. Das Phänomen sei in den Entwürfen von Max Scheler, Helmuth Plessner, Arnold Gehlen, Karl Jaspers und Martin Heidegger zu finden, also in der Anthropologie einerseits und der Existenzphilosophie andererseits, die in den (zweiten) Nachkriegsjahrzehnten eine breite Wirkung entfalteten. Dieselbe Denkfigur findet Streim bei zeitgenössischen Autoren wie Egon Vietta, Gottfried Benn, Ernst Jünger, Gerhard Nebel und Horst Lange, deren Werk er einer intensiven Musterung unterzieht. Hervorzuheben ist, dass es Streim vermeidet, die Autoren allzu schnell dem Nationalsozialismus zuzuschlagen oder sie von allzu großer Nähe freizusprechen. Die Studie gewinnt durch die Akribie, mit der sie sich ihrem Gegenstand nähert und ihn zu beschreiben weiß. Allerdings wäre ein tragfähiger Modernebegriff als Folie hilfreich gewesen, auf der die Denkfigur der untersuchten Autoren erst ihre Funktion und Würdigung entfalten würde.

W.D.


Titelbild

Gregor Streim: Das Ende des Anthropozentrismus. Anthropologie und Geschichtskritik in der deutschen Literatur zwischen 1930 und 1950.
De Gruyter, Berlin 2008.
434 Seiten, 98,00 EUR.
ISBN-13: 9783110201031

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