Vetter Bär, Bruder Elch - Klaus E. Müller berichtet über "Kleine Geschichten des Essens und Trinkens"

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Angefangen hat alles vor vielen Jahren, als wir noch Sammlerinnen und Jäger waren. Ja, das Sammeln war immer schon Frauensache, das Kochen auch. Deswegen bedeutet bei manchen Indianerstämmen das Wort "Frau" einfach nur "die, die kocht". Die Männer liefen durch den Wald und über die Steppe und suchten Fleisch. Gekocht wurde es übrigens erst spät: Zuerst wurde Fleisch roh verschlungen oder sonstwie mürbe gemacht. Aber zuvor musste dem Tier noch gedankt werden, Vetter Bär, Bruder Elch, dass sie sich geopfert haben für den Menschen. Schamanen waren wichtig, viele Tabus mussten beachtet werden.

Klaus E. Müller hat eine grandiose kleine Schrift verfasst über das Essen und Trinken, eine Sozial- und Religions- ebenso wie eine Mythengeschichte, gespickt mit Fakten, aber ohne Fachjargon, ethnologisch und literarisch gleichzeitig. Dabei geht es nicht immer fein zu: Er referiert auch über den Kannibalismus oder unappetitlichen Blutorgien, die sofort an "Fleisch und Blut Jesu Christi" denken lassen. Es geht um Hunger- und Schlaraffenphantasien, Gastfreundschaft und Tischsitten, Nahrungsgewinnung und Essen als Mittel der sozialen Abgrenzung. Flott und präzise geschrieben ist sein Buch eine erstaunliche Horizonterweiterung.


Titelbild

Klaus E. Müller: Kleine Geschichte des Essens und Trinkens. Vom offenen Feuer zur Haute Cuisine.
Verlag C.H.Beck, München 2009.
175 Seiten, 10,95 EUR.
ISBN-13: 9783406583490

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