Von Meer und Küste, Fluss und Hafen, Wracks und Tauchern

Eine Sammlung von Texten des großen Erzählers Siegfried Lenz

Von Manfred OrlickRSS-Newsfeed neuer Artikel von Manfred Orlick

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Siegfried Lenz – geboren 1926 – zählt neben Heinrich Böll, Günter Grass und Martin Walser zu den profiliertesten deutschen Autoren nach 1945. In seinem umfangreichen Werk, das Romane, Erzählungen und Hörspiele umfasst, verarbeitete er vorrangig Themen der Nachkriegsgeneration.

Ob in seinem frühen Roman „Der Mann im Strom“ (1957), in seinem Welterfolg „Deutschstunde“ (1968) oder in anderen Romanen und Erzählungen – häufig bilden Häfen, Flüsse, Küsten, Inseln, Fjorde oder einfach das Meer die Schauplätze für seine Werke. Sein Personal besteht aus Fischern, Matrosen, Hafenarbeitern, Tauchern und Anglern. Siegfried Lenz fühlte sich immer vom Wasser angezogen und war mit diesem Element von früh auf vertraut.

Der Publizist Hanjo Kesting hat als Radioredakteur das literarische Schaffen von Siegfried Lenz über viele Jahre begleitet und kennt daher dessen Werk wie kaum ein zweiter. Nun hat er die besten und schönsten „Wasserwelten“-Texte des großen Erzählers zusammengetragen und ist dabei auch auf bisher Unveröffentlichtes gestoßen.

Die ausgewählten Texte sind in sechs Rubriken eingeteilt. In „Meer und Küste“ finden sich kurze Auszüge aus „Deutschstunde“ und aus „Wo die Möwen schreien …“ (1976), einer Reportage über einen Flug über die deutsche Nordseeküste, sowie die Geschichte „Stimmungen der See“ (1957).

Die Rubrik „Fluss und Hafen“ wird vor allem von zwei Kurzgeschichten „Der Beweis“ (1964) und „Einstein überquert die Elbe bei Hamburg“ (1969) und von dem Feature „Der Hafen ist voller Geheimnisse“ (1955) bestimmt. In den anderen Rubriken werden Textstellen aus weiteren Romanen und Erzählungen angeführt.

„Ich brauche Geschichten, um die Welt zu verstehen“, hat Siegfried Lenz einmal geäußert. Auch seine Wasserwelten sind reich an Geschichten, überall sammelte der Autor sie auf wie Strandgut, ob beim Spaziergang am Ufer oder beim Hafenrundgang.

Abschließend geht der Herausgeber Hanjo Kesting in seinem Epilog „Kleines Strandgut“ selbst auf Wanderung am Meer, vorbei an Muschelbänken und an der Mole. Auch hier steigen Stimmungsbilder und eigene Empfindungen auf, kommen Erinnerungen an Odysseus, Robinson Crusoe und Kapitän Ahab auf. Am Ende nimmt er ein Stöckchen, ritzt seinen Namen in den Sand und wartet, bis die nächste Welle ihn verwischt.

Titelbild

Siegfried Lenz: Wasserwelten.
Herausgegeben von Hanjo Kesting.
Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2010.
352 Seiten, 22,00 EUR.
ISBN-13: 9783455400489

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