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Über „Styl“, das Berliner Modejournal der frühen 1920er-Jahre: zusammengestellt und herausgegeben von Adelheid Rasche und Anna Zika

Von Frauke SchlieckauRSS-Newsfeed neuer Artikel von Frauke Schlieckau

Zwischen 1922 und 1924 erschien in Berlin das Luxusmagazin „Styl – Blätter für die Mode und die angenehmen Dinge des Lebens“. Die siebzehn Hefte wurden in einer kleinen Auflage herausgegeben, die heute nur wenige Bibliotheken vollständig besitzen. Zu Ihnen zählt die Lipperheide’sche Kostümbibliothek, die 1899 in der Kunstbibliothek Staatliche Museen zu Berlin aufging. Gemeinsam mit Seminargruppen der Fachhochschule Bielfeld haben Adelheid Rasche und Anna Zika jetzt diese Rarität in ihrem Band „Styl. Das Berliner Modejournal der frühen 1920er Jahre“ zugänglich gemacht. Das Herzstück des Buches bilden dabei circa 50 für „Styl“ angefertigte, farbige Modetafeln von verschiedenen Zeichnern mit kunstvollen Figuretten, anhand deren sich der Leser ein Bild von der Mode der Zeit machen kann.

Umrahmt werden die liebevoll angefertigten Modezeichnungen von zahlreichen ergänzenden Beiträgen. Zur Geschichte des Luxusjournals, dem Berlin der goldenen 1920er-Jahre und seinem Zeitgeist, dem neuen Frauenbild das in dieser Zeit entstand, dem Trend zum knabenhaften Erscheinungsbild, zum Zusammenhang zwischen Mode und Moderne, der sportlichen Emanzipation der Frau und dem Automobil als Sinnbild der Zeit. Auch der Reiz dandyhafter Stilideale und der Zusammenhang von Liebe, Luxus und Kapitalismus werden beleuchtet und durch einen Beitrag zu der in Styl geschalteten Werbung und angewandten Modegrafik ergänzt.

Bereits im Vorwort wird von den Herausgebern darüber hinaus eine Parallele zur gegenwärtigen Situation der Berliner Modelandschaft gezogen: „Hier sind (heute wie damals) trotz klammer wirtschaftlicher Verhältnisse seit einigen Jahren deutliche Zeichen für eine höhere Wertschätzung und zunehmende Bedeutung der Mode wahrnehmbar.“

Es ist deutlich sichtbar, dass hier – und nicht auf den Texten – zurecht der Schwerpunkt der Herausgeber lag. Schön wäre es allerdings gewesen, wenn auch auf die Zeichnungen und ihre Designer, sowie die Modelandschaft und ihre Ikonen etwas genauer eingegangen worden wäre. Manchmal hätte auch der Zusammenhang zwischen der gesellschaftlichen Situation und der Funktion der Mode deutlicher herausgearbeitet werden können. Der Band über die Modezeitschrift einer Zeit, in der „die Mode erstmals in der Geschichte der europäischen Kleidung den Unterschenkel frei machte“ ist aber dennoch, vor allem was seine liebevolle Gestaltung und das kunstvolle Layout angeht, ein Schmuckstück.