Hättst’ wohl gern

Milena Moser rechnet in „Möchtegern“ scharf mit dem Casting-Show-Wahn ab

Von Fabian ThomasRSS-Newsfeed neuer Artikel von Fabian Thomas

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Blickt man, bevor man sich an ihren neuen Roman wagt, auf die zurückliegenden Veröffentlichungen der Schweizerin Milena Moser zurück, könnte man sich leicht von den Titeln abschrecken lassen: von „Putzfraueninseln“ (1991) über „Bananenfüsse“ (2001) und „Stutenbisse“ (2007) bis zum „Schlampen-Yoga“ (2005) scheint es in den letzten Romanen recht knallig zuzugehen.

Man sollte sich jedoch nicht dazu verleiten lassen, die Autorin deshalb gleich als unbedeutend abzutun: Sie gilt – neben Sibylle Berg – als eine der bekanntesten Schweizer Schriftstellerinnen. Und ihr neues Buch „Möchtegern“ trifft mit einer geschliffenen Ironie mitten ins Schwarze der aktuellen Casting-Show-Karawanen.

Nur folgerichtig ist die Idee, neben Popstar- und Dschungel-Castings nun auch einen Schreib-Wettbewerb im berüchtigten TV-Format unterzubrigen. Soviel darf vorweggenommen werden: die Idee ist gut, flankiert auch durch Werbemaßnahmen des Verlags: der hat eine echte Webseite zur „SchreibStar“-Show geschaltet, die dezent auf Mosers Buch hinweist.

Leider kann aber, so gerne man Milena Moser in ihrer Mediensatire folgen möchte, „Möchtegern“ das Versprochene nicht halten: Die berühmte Schweizer Schriftstellerin Mimosa Mein (ein Schelm, wer Böses bei dem Namen denkt), die sich seit Jahren aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hat, lässt sich überreden, Jurymitglied beim „Schreibstar“ zu werden. Zu Recht protestiert sie gegen das gnadenlose Showgeschäft und wirft sich als Bärenmutter vor ihre Schützlinge. Bis es aber dazu (und zum großen Enthüllungs-Showdown) kommen kann, verliert sich die Handlung in längliche Psychogramme der Showkandidaten, schlimmer noch, die Lebensgeschichte und aktuelle Midlife-Crisis von Mimosa Mein. Das bringt die Handlung ziemlich ins Stocken; auch die nach jedem Kapitel eingestreuten „Schreibübungen“ überfrachten das Buch eher, als das sie zur Auflockerung der Geschichte beitragen, die zusehends zur Klamotte wird (hier stand wohl eine echte Schreibgruppe Pate, der Milena Moser in der Widmung ausdrücklich ihren Dank ausspricht).

So kann auch der Showdown nicht über das Fehlen eines Spannungsbogens hinwegtrösten: Natürlich wurde der Gewinner des „Schreibstars“, wie in Castingshows üblich, zu Beginn der Sendung festgelegt. Und natürlich kommt alles anders als gedacht, die geplante Gewinnerin entpuppt sich als Hochstaplerin, das Finale der Sendung gerät zum Desaster.

Einen allerletzten Spannungsmoment hat Milena Moser dann doch noch im letzten Kapitel von „Möchtegern“ platziert: Mimosa Mein erhält das Angebot, eine eigene „Schreibsendung“ nach dem Vorbild beliebter Kochshows zu moderieren. Zum Glück lehnt sie ab.

Titelbild

Milena Moser: Möchtegern. Roman.
Nagel & Kimche Verlag, Zürich 2010.
455 Seiten, 19,90 EUR.
ISBN-13: 9783312004522

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