Zu dieser Ausgabe

Vor einiger Zeit plante die Redaktion von literaturkritik.de, in der Novemberausgabe das Thema „Tod“ zu behandeln. In letzter Minute haben wir die Idee aber wieder fallen lassen, um bereits ein zweites Mal im Jahr 2011 an Heinrich von Kleists Todestag zu erinnern, der sich in diesem Monat, und zwar am 21. November, zum 200. Mal jährt.

In einigen der Beiträge der vorliegenden Ausgabe spielt allerdings Kleists rätselhaft inszenierter Selbstmord am Kleinen Wannsee in Berlin eine Rolle – und von daher sind wir von unserer ursprünglichen Idee doch gar nicht so weit abgerückt, wie es auf den ersten Blick vielleicht den Anschein haben mag.

Gleichzeitig demonstriert unsere weitere Folge von Texten zu Kleist aber auch, was für ein produktives Jahr 2011 für die Erforschung von Leben und Werk dieses einmaligen Dichters gewesen ist, an dem emsige Biografen, unzählige – auch belletristische – Publikationen, Fernseh-Dokumentationen, rekordverdächtig zahlreiche literaturwissenschaftliche Tagungen und Ausstellungen in aller Welt sowie nicht zuletzt auch das Zeitungs-Feuilleton regen Anteil hatten, mit teils nicht unoriginellen Ideen: So gab es zum Beispiel in der „taz“ dieses Jahr eine Reihe von elf Glossen zu Kleist, in denen jeweils genau am 21. jedes Monats verschiedenste Autorinnen und Autoren einen besonderen, oft auch sehr subjektiven Zugang zu ‚ihrem Kleist‘ wählten und erläuterten.

Doch auch innerhalb der literaturwissenschaftlichen ‚Comunity‘ gab es ein großes ‚Hallo‘: Wer in den letzten Monaten auch nur an einer einzigen beliebigen Kleist-Tagung teilnehmen durfte, konnte verblüfft feststellen, dass sich hier eine eingeschworene Clique altgedienter oder auch jüngerer Cracks buchstäblich bereits seit Monaten rund um den Globus die Klinke in die Hand zu geben schien: „Hahaha, hello again! So sieht man sich wieder, neulich noch in den USA, jetzt in Großbritannien, und demnächst dann ja auch schon wieder da und da, nicht wahr?“

Wer von diesen Stars der interpretierenden Zunft nicht peinlich auffallen wollte, indem er der überschaubaren Welttournee-Crew ausgefuchster Kleist-Profis stets den gleichen Vortrag in bestenfalls geringfügigen Abwandlungen präsentierte, musste sich gleich mehrfach und teils unter ziemlichem Zeitdruck einiges Neues und zugleich Substantielles einfallen lassen. Die bleibenden publizistischen und philologischen Folgen dieser internationalen Tagungen aber werden in den kommenden Jahren erst noch in Ruhe nachzubereiten sein, wenn die vielen Sammelbände, die aus diesen illustren Symposien hervorgehen sollen, endlich alle erschienen sein werden.

Unsere Zeitschrift kann jedenfalls behaupten, dabei gewesen zu sein – wenn auch nur in bescheidenerem Maße: Dass es nach der August-Ausgabe nun immerhin noch einmal eine weitere, kleinere ‚Kleist-Nachlieferung‘ gibt, ist unseren AutorInnen und Autoren zu danken, die sich bereit fanden, dazu noch einmal einige weitere Texte zu liefern.

Mit herzlichem Gruß,
Ihr
Jan Süselbeck