Hinweis: Renaissance des Nationalismus

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Eine gute Einführung in die Geschichte der Renaissance der nationalen Frage bietet die von Kurt Lenk, Günter Meuter und Henrique Ricardo Otten gemeinsam verfaßte Portraitsammlung "Vordenker der Neuen Rechten" in der Reihe der Campus-Einführungen. Portraitiert werden Georges Sorel, Oswald Spengler, Hans Freyer, Carl Schmitt, Martin Heidegger und Ernst Jünger. Ernst Jünger ist Ende des 20. Jahrhunderts nicht nur der vom konservativen Lager gefeierte "Doyen der deutschen Literatur" (Armin Mohler), er ist auch Galionsfigur einer national, antiwestlich, antiliberal und antiparlamentarisch gesinnten Bewegung, die an ihm vor allem den forschen Heroismus, den antibürgerlichen Gestus und die politische Publizistik der 20-er und 30-er Jahre schätzt, also den radikal demokratie- und bürgerfeindlichen Jünger, dessen Antisemitismus nur deshalb weniger deutlich artikuliert war, weil er "dem Geschmeiß nicht zuviel Ehre" antun wollte.

Der Beitrag zu Carl Schmitt, gegenwärtig der meistzitierte Theoretiker der Neuen Rechten, dessen umfangreiches Werk aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gut erschlossen lieferbar ist, widmet sich dem Staatsjuristen, der nicht müde wurde, das Recht souveräner Staaten zur Freund-Feind-Bestimmung und das Recht zur Kriegsführung aus dem Völkerrecht herzuleiten.

Martin Heidegger wird von seinem Hauptwerk "Sein und Zeit" (1927) und von seiner Rektoratsrede (1933) her erschlossen. Während die Rektoratsrede die akademische Freiheit der "nationalen Erhebung" unterordnete, bietet Heideggers Daseinsanalytik der Neuen Rechten den Ansatz, das Schicksal des Einzelnen mit dem "Geschick des Volkes" zu verknüpfen und zu einem politischen Existenzialismus umzuformulieren. Dieser Beitrag, etwas schwächer als die Beiträge über Sorel, Spengler und Freyer, bleibt in der Heideggerschen Metaphorik befangen und bedarf einiger Hilfskonstruktionen, um Heidegger als Berufungsinstanz der Neuen Rechten direkt zu erweisen.

Die "nationale Frage" und ihre Thematisierung durch Intellektuelle aller Schattierungen wird in Gerd Langguths Sammelband analysiert. Auf eine Begriffsbestimmung des "Intellektuellen" (Thomas Sparr) folgen Beiträge zur "nationalen Idee" seit dem 19. Jahrhundert, zum Verhältnis der Schriftsteller zu "ihrer" Nation im Vormärz, in der Weimarer Republik und in der zeitgenössischen Literatur, ferner Einzelstudien zum Werk von Autoren aus der ehemaligen DDR wie der Bundesrepublik und Österreichs, darunter zu Volker Braun, Günter de Bruyn, Hans Magnus Enzensberger, Günter Grass, Peter Handke, Ernst Jünger, Wolfgang Koeppen, Heiner Müller, Peter Schneider, Botho Strauß, Martin Walser und Christa Wolf. Ihr Werk wird befragt zu Themen wie der deutschen Teilung und "inneren Einheit" Deutschlands, zum "Heimat"-Begriff und zur neo-konservativen Kehre seit Anfang der 80-er Jahre.

L. H.

Titelbild

Gerd Langguth (Hg.): Die Intellektuellen und die nationale Frage. KEINE REZENSIONSEXEMPLAR VERFÜGBAR.
Campus Verlag, Frankfurt/New York 1997.
346 Seiten, 15,20 EUR.
ISBN-10: 3593357259

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Titelbild

Kurt Lenk / Günter Meuter / Henrique Ricardo Otten: Vordenker der Neuen Rechten. KEIN REZENSIONSEXEMPLAR VERFÜGBAR.
Campus Verlag, Frankfurt/New York 1997.
180 Seiten, 13,70 EUR.
ISBN-10: 359335862X

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