Aus Büchern, Illustrationen und Beobachtungen in der Natur

Über Wissenschaft, Literatur und Sexualität in der Frühen Moderne

Von Petra PortoRSS-Newsfeed neuer Artikel von Petra Porto

Schon im 18. und frühen 19. Jahrhundert interessierten sich Politik und Wissenschaft nachhaltig für den gesundheitlichen Zustand, die Fortpflanzungsgewohnheiten und die sexuelle Moral der Bevölkerung.[1] Genaue Beobachtungen am Menschen sollten dazu beitragen, die Naturgesetzmäßigkeiten aufzuweisen, nach denen Physis, Geschlecht und Sittlichkeit miteinander verbunden waren.[2] Die Autopsie in Vergleichsstudien des Körpers und die Erfassung kleinster anatomischer Unterschiede sollten dabei helfen, die verfallenden und teils obsoleten Geschlechterdefinitionen wieder zu stützen. Individueller anatomischer Körper und Gesellschaftskörper[3] schienen dabei in engem Zusammenhang zu stehen. Die bedenkliche Verschiebung der geschlechtlichen Rollenverteilung zugunsten der Frau, die aufgrund gesellschaftlicher Verfeinerung eine Höherstellung und höhere Wertschätzung zu erfahren schien, sollte durch die Untersuchungen somit aufgehalten, dem ‚Weib‘ erneut sein Platz in der häuslichen Gemeinschaft zugewiesen werden – drohte ansonsten doch weiblicher „Müßiggang, Fortpflanzungsträgheit, Vernachlässigung der Mutterpflichten, Hang zu leerer Gelehrsamkeit und sozialer Dominanz“[4], war die Gesellschaft insgesamt gefährdet.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden ein stetiger Anstieg von Geschlechtskrankheiten, eine Zunahme der Prostitution sowie die Verbreitung von als ‚pervers‘ einzustufendem Sexualverhalten postuliert – lesbar als besorgniserregende Indikatoren für die beginnende Degeneration der Gesellschaft. Die von Natur- und Sozialwissenschaftlern, Politikern und Klerikern vorgebrachten Warnungen vor einer langsam augenfällig werdenden sittlichen Verwahrlosung des ‚Volkes‘ führten dazu, dass die von ihnen angesprochenen Fehlentwicklungen – unter dem Stichwort der sogenannten ‚Sexualfragen‘ – um die Jahrhundertwende auf einem breiten Forum diskutiert wurden. Das Bedürfnis der Öffentlichkeit nach Erklärungen und Handlungsempfehlungen schien sich stetig zu vergrößern, wobei sich Nachfrage – auch des interessierten Laienpublikums – und Angebot offenbar gegenseitig bedingten.

Wer sich informieren wollte, griff zum Buch: In Frank Wedekinds „Frühlings Erwachen“ gibt der junge Melchior z.B. an, seine Kenntnisse über den weiblichen Körper und die menschliche Sexualität „theils aus Büchern, theils aus Illustrationen, theils aus Beobachtungen in der Natur“ zu haben[5], Diotima im „Mann ohne Eigenschaften“ findet „zu ihrer Überraschung reichlichen Rat in den Büchern des Zeitgeistes, als sie sich zum erstenmal entschlossen hatte, ihr Schicksal am körperlichen anderen Ende anzupacken, das durch ihren Gatten dargestellt wurde.“[6] Und als der 15-jährige Hugo von Hofmannsthal sich für Psychiatrie begeisterte, hatte er auch im realen Leben keine Schwierigkeiten damit, ein „gefährliche[s] Spiel mit den Gefahren geistiger Überreizung“ treibend, die Bücher von Cesare Lombroso und Richard von Krafft-Ebing anzukaufen.[7] Die von Sexualwissenschaftlern verfassten Schriften erreichten hohe Auflagen und wurden breit rezipiert.

Wissenschaftliche Abhandlungen über das Sexuelle stellten allerdings zunächst häufig Sammlungen von Sexualpathologien dar, gaben Unterweisungen für das richtige Tun lediglich durch die Ausmalung des zu Unterlassenden[8]: Das ‚Gesunde‘ wurde begrenzt durch das, was als ‚krank‘ wahrgenommen wurde, erst die peinlich genaue und detaillierte Aufzählung von Abweichungen konnte das moralisch Richtige konstituieren. Dass die ‚Norm(alität)‘ sich nur ex negativo durch die Abweichung bestimmen ließ und eine Definition in den meisten Fällen nicht einmal versucht, sondern bewusst umgangen wurde, indem man sie dem ‚gesunden Menschenverstand‘ überließ oder schlichtweg als unnötig bezeichnete, unterstreicht die Fragilität dieses Konstruktes, das augenscheinlich weder inhaltliche Präzisierung noch Infragestellung zuließ. In den Texten vieler Sexualwissenschaftler wird Normalität und Normativität gleichgesetzt[9]: Die gewünschte Norm entspricht dem Mittelwert. Die als ‚natürlich‘ postulierte und als ‚wissenschaftlich‘ ausgewiesene Ordnung ist allerdings sowohl durch die bürgerliche Sexualmoral der Autoren[10] als auch durch die durchaus ähnlichen, vereinzelt sogar noch rigideren Vorstellungen der Patienten und Leser geprägt.

Paradox – wenn auch nicht überraschend – ist dabei, dass die (rasch immer weiter wachsenden) Sammlungen von Fallgeschichten und die Aufzählungen von Abweichungen nicht dazu benutzt wurden, die sexuellen Grenzen als übertretbar zu kennzeichnen – denn immerhin wurden sie zuhauf überschritten –, sondern dazu, sie zu zementieren.[11] Um die Perversionen nicht als erstrebenswert erscheinen zu lassen, wurden sie zumeist allerdings auch nicht als lustvoll dargestellt, sondern als Zwänge und Laster, denen sich der Mensch aus individueller Schwäche nicht entziehen könne – und darüber hinaus als eine skandalöse Verschwendung von Energie und Samen.

Die meisten Sexualwissenschaftler stellen zwar fest, dass viele Perversionen zu allen Zeiten der Menschheitsgeschichte aufgetreten waren, betonen dann jedoch häufig deren beunruhigende und von zunehmender Entartung zeugende Häufung im eigenen, von Nervosität und Überreizung gekennzeichneten Zeitalter. Die sorgsame Einbettung der Perversionen in die Geschichte, in Mythen und Literatur sowie – im Falle des Sadismus – ihre Einordnung als (zwar pathologische) Übersteigerung der noch als normal eingestuften Äußerungen des Sexuallebens, sorgte somit ebenfalls in den wenigsten Fällen dafür, dass die Paraphilien als Variationen ‚gesunden‘ Geschlechtsverkehrs wahrgenommen wurden. Immerhin standen mit der Norm der Heterosexualität und der Fortpflanzung als Ziel allen Sexuallebens zwei Grundpfeiler der gesellschaftlichen Ordnung auf dem Spiel. Wenn die ‚Degenerierten‘ allerdings Ausnahmeerscheinungen und Kranke waren, dann war es zumindest theoretisch nicht nur möglich, von einer grundsätzlich gesunden Gesellschaft auszugehen, sondern auch, den Gesellschaftskörper zu heilen und ihn wieder in den (imaginierten) Ursprungszustand zurückzuversetzen.[12]

Dabei hatten die Autoren offenbar generell das Bedürfnis, ihr Schreiben über Sexualität zu legitimieren: Der Sexualpathologe Krafft-Ebing und der Sexualwissenschaftler Albert Eulenburg begründen ihre Beschäftigung mit sexuellen Abweichungen und Perversionen, den „Nachtseite[n] menschlichen Lebens und Elends“[13], in ihren Schriften zum Beispiel ausführlich, betonen die kriminalistische und – vor allem – gesellschaftliche Relevanz ihrer Studien und thematisieren letztlich ihre eigene moralische Abscheu, die zu überkommen allerdings – eben wegen jenes postulierten Nutzens für die Gemeinschaft – notwendig sei. Anscheinend stellte die Erforschung des Sexuellen noch immer kein angesehenes Unterfangen dar und vor allem keines, das ohne Reflexion durchzuführen wäre.

Neben der Apologie für die Beschäftigung mit dem heiklen Thema werden oft die Wissenschaftlichkeit der Untersuchung sowie ihr gesellschaftlicher Wert betont. Krafft-Ebing stellt z.B. in seiner „Psychopathia sexualis“ zunächst den Nutzen für die Justiz in den Vordergrund: Häufig sei der Gerichtsarzt gezwungen, trotz mangelnder Kenntnisse im Bereich der Sexualpathologie, über einen Mitmenschen zu urteilen, dessen „Leben, Freiheit und Ehre auf dem Spiele stand[en]“.[14] Der Gutachter kann allerdings kaum Hilfe zur Bewertung der Verfehlungen des Angeklagten erhalten, da selbst die Gesetzbücher auf „irrigsten Anschauungen“ beruhen, die auch die „öffentliche Meinung“ maßgebend prägen. Deshalb erscheint es nicht verwunderlich, wenn basierend auf solcher Unwissenheit „die fehlerhaftesten Urteile“[15] gefällt werden. Und obgleich Krafft-Ebing bescheiden zu bedenken gibt, dass auch er lediglich „Unvollkommenes“[16] anbieten könne, strebt er gleichzeitig danach, durch sein Werk dem beruflich Interessierten Informationen anzubieten und „eine wirkliche Lücke in der Literatur aus[zu]füllen“.[17]

Dass Krafft-Ebing dieser Hoffnung Ausdruck verleiht, hängt auch mit seinem zweiten Legitimationsgrund zusammen: dem Forscherdrang. „Pflicht und Recht der medizinischen Wissenschaft zu diesen Studien erwächst ihr aus dem hohen Ziel aller menschlichen Forschung nach Wahrheit.“[18] Nicht reine Neugier ist es, die den Mediziner antreibt, sondern der bedeutendere Wunsch nach Erkenntnis. Der Drang nach Wissen rechtfertigt die Forschung nicht nur, sondern erlegt sie dem Gelehrten sogar als Schuldigkeit auf. Der Sexualpathologe argumentiert hier mit Tardieu, der dem Mediziner, der gezwungen sei, alles zu sehen, auch das Recht zubilligte, über alles Erfahrene zu sprechen.[19]

Steht auf der einen Seite der Wunsch nach Wahrheitsfindung, so muss auf der anderen Seite sichergestellt werden, dass das Werk nicht – entgegen der Intention des Autors – als Anregungsmittel dienen kann: „Die folgenden Blätter wenden sich an die Adresse von Männern ernster Forschung auf dem Gebiete der Naturwissenschaft und der Jurisprudenz. Damit jene nicht Unberufenen als Lektüre dienen, sah sich der Verfasser veranlasst, einen nur dem Gelehrten verständlichen Titel zu wählen, sowie, wo immer möglich, in Terminis technicis sich zu bewegen. Ausserdem schien es geboten, einzelne besonders anstössige Stellen statt in deutscher, in lateinischer Sprache zu geben“.[20]

Der Adressatenkreis ist eindeutig definiert: Naturwissenschaftler und Juristen männlichen Geschlechts. Allen nicht diesem Kreis Zugehörigen – also Frauen und jenen, denen es nicht um ernsthafte Forschung, sondern um die anstößigen Stellen des Werkes zu tun ist –, soll die Lektüre verwehrt werden, indem man auf fachsprachliche Termini rekurriert und/oder ins gelehrte Latein wechselt.

Bemerkenswerterweise erläutert Krafft-Ebing im Vorwort zur zwölften Auflage der „Psychopathia sexualis“, dass er den „unerwartet grosse[n] buchhändlerische[n] Erfolg“ dem Interesse jener „Unglückliche[n]“ zuschreibt, „die in dem sonst nur Männern der Wissenschaft gewidmeten Buche Aufklärung und Trost hinsichtlich rätselhafter Erscheinungen ihrer eigenen Vita sexualis suchen und finden“.[21] Die Aufzählung der Wirkungsabsichten des Textes wird dementsprechend ausgeweitet: Das Buch wird nicht nur in den Dienst von Wissenschaft und Recht, sondern auch in den der „Humanität“ – menschliche Anteilnahme am Schicksal der sexuell Abweichenden – gestellt.[22]

Der Adressatenkreis hat sich also um die ‚Kranken‘ erweitert – diejenigen, die sonst nur als Protagonisten von Fallgeschichten in die „Psychopathia sexualis“ eingegangen waren, gehören nun auch zu den Lesern des Werkes. Ob es sich bei diesen Betroffenen lediglich um Männer handelt, oder ob – abgesehen vom erneut als maskulin definierten Publikum aus Wissenschaft und Justiz – auch Frauen zu den neuen Lesern zählten, bleibt unklar. Krafft-Ebing beschreibt zwar, dass er „aus allen Landen“ Briefe, in welchem ihm Patienten ihre Leiden beschrieben hätten, erhalten habe, vermeidet es jedoch (absichtsvoll?), von deren Geschlecht zu sprechen – so ist neutral von „Unglückliche[n]“, „Stiefkinder[n] der Natur“ und „in der Mehrzahl geistig und sozial hochstehende[n] und oft sehr feinfühlende[n] Menschen“[23] die Rede.

Diese Charakterisierung der dem Sexualpathologen beichtenden Korrespondenten zeugt nicht nur von Krafft-Ebings Mitgefühl, sondern auch von seinem Bewusstsein für die Ängste und Bedürfnisse seines Leserkreises. Den Laien, die in seinem Werk Erklärungen für ihre sexuellen Nöte suchten, versprach er nicht nur, dass sie sie dort auch fündig werden würden – „Aufklärung […] suchen und finden[24] –, er bezeichnete sie indirekt als an ihrer Krankheit zunächst Schuldlose, von der Natur nachteilig Behandelte und verhieß ihnen Zuspruch. Des Weiteren versicherte er sowohl den Kollegen als auch den Laien, dass sie sich als Leser der „Psychopathia sexualis“ buchstäblich in guter Gesellschaft befänden – unter mehrheitlich intelligenten und angesehenen Bürgern nämlich, von denen einige Bedauernswerte sexuellen Paraphilien nachhingen.[25]

Obgleich er hofft, dass „das Buch solchen Unglücklichen auch ferner Trost und Rehabilitation biete[t]“, bleibt Krafft-Ebing dessen ungeachtet bei seinen Vorsichtsmaßnahmen: „Um seine Lektüre etwaigen Unberufenen zu erschweren und zu verleiden, wurde tunlichst von Terminis technicis [sic] und lateinischer Sprache Gebrauch gemacht.“[26] Weitestgehend ausgeschlossen sind damit weiterhin die Sensationsgierigen, die – wenn sie schon nicht davon abgehalten werden können, das wissenschaftlich ausgerichtete Werk zur eigenen Befriedigung zu gebrauchen, wie es noch die erste Auflage des Buches suggerierte –, dann jedoch zumindest keine leichte Lektüre finden sollen.

Abscheu vor dem Thema, mit dem man sich beschäftigen muss, zu zeigen, gehört zur Wahrung von ethischer, moralischer und auch ästhetischer Distanz zur Darstellung von Perversionen. Auch bei der Beschreibung von unterschiedlichen Phänomenen des Sexuallebens wahren die Autoren nicht immer ‚wissenschaftlichen Abstand‘ zu ihren Objekten, sondern zeigen durch wertende Attribute ihren Abscheu: So spricht Albert Eulenburg z.B. von den „schrecklichsten Verirrungen“[27], die der Sexualwissenschaftler beobachten könne, und bei Havelock Ellis ist die Rede von „the most terrible and repugnant sexual perversions“.[28] Selbst die von Mitgefühl für ihre Patienten geprägten Ärzte sind nur bis zu einem gewissen Grad bereit, ihren Forschungsgegenstand ohne Wertung zu betrachten.

Am erstaunlichsten ist dabei „die eigenwillige Diskrepanz zwischen drastischen Fallbeschreibungen […] und medizinischer kolportageartiger Kommentierung“[29]: Folterungen werden en detail präsentiert, Lustmorde ausführlich geschildert, die Phantasien von Sadisten und Masochisten in allen Einzelheiten wiedergegeben, teilweise sogar durch Fotografien und Zeichnungen von Folterbänken und Fesselungen illustriert. Die Berichte haben somit oft eine stärkere Wirkung als ihre Kommentierung, sie scheinen nicht in den sie begleitenden Erläuterungen aufgehoben. Dieses Missverhältnis könnte auf die unterschwellige Hoffnung hindeuten, dass etwas, das genau beschrieben wurde, über das alle relevanten Informationen gesammelt wurden, eingedämmt werden kann und keine besondere Gefährlichkeit mehr entwickelt.[30] Dass die Fallbeschreibungen teilweise beinahe sprachkünstlerisch gestaltet wurden, einen Spannungsbogen aufweisen und sich oft wie Literatur lesen, mag zum einen der humanistischen Bildung der Autoren, zum anderen allerdings auch ihrer eigenen Faszination geschuldet sein.

Die tropischen Redeformen, die sexuelle Begierde bzw. den Akt selbst bildhaft verschlüsseln sollen, speisen sich vor allem aus zwei Bereichen: Während Hemmung und Erziehung oft durch Metaphern aus dem Wortfeld der Technik oder Mechanik verdeutlicht werden, wird Unbeherrschtheit und Ausschweifung durch Naturbildnisse illustriert. Zügelung und Erziehung sind kulturelle Phänomene, die Natur ist die Sphäre des Maßlosen, Gewaltigen und (zumindest potenziell) Zerstörerischen. So spricht Krafft-Ebing zum Beispiel vom „Sumpf gemeiner Wollust“[31], in den das Individuum gezogen werden könne, wenn es seine Triebe nicht beherrsche.

Überhaupt werden unkontrollierte emotionale Reaktionen und Begierden als räumlich tiefstehend beschrieben.[32] Das Individuum bewegt sich auf einer Werte-Skala zwischen Tier und gänzlich rational handelndem Mensch.[33] Dabei ist dem Tier das Attribut ‚gemein‘ zugeordnet, es steht unter dem Menschen – das höchstentwickelte menschliche Subjekt wird dagegen mit dem ‚Erhabenen‘ verbunden. Dem Individuum ist es nun gegeben, sich auf dieser Werteskala zu bewegen – gibt es seinen Trieben nach, kann es seine ihm als Menschen zukommenden Eigenschaften verlieren, noch unter den Rang eines Tieres zurückfallen – kontrolliert es sich jedoch, beschränkt es seine natürlichen Regungen, so kann es Vollendung erreichen, die topographisch mit der Höhe verbunden ist.

Der Sexualtrieb wird im Allgemeinen als bedeutende Naturkraft wahrgenommen, die den Menschen zu bezwingen und über ihn zu herrschen vermag. Vor allem die Adjektive „mächtig“ und „gewaltig“ werden häufig verwendet – es geht also um Dominanz und Herrschaft. Der sexuelle Drang wird als überwältigend wahrgenommen, er kann den Menschen – in diesem Fall betrifft dies vor allem den Mann – überkommen, ihn zu ungewollten Handlungen zwingen. Iwan Bloch spricht von der „gewaltige[n] Intensität des rein physischen Geschlechtstriebes, der als ein blinder, rasender Drang das ‚Jenseits von Gut und Böse‘ der Liebe darstellt, das klare Bewusstsein trübt und alle Gegenmotive der Vernunft und Intelligenz über den Haufen wirft“.[34] Der Trieb ist rational nicht zu begreifen, jenseits jeder Ordnung, bewegt sich (zunächst) außerhalb von moralischen Vorstellungen – und ist dadurch auch vom Verstand nicht zu beherrschen, ganz gleich, was dieser dem Drang entgegengestellt. Die aufgestellten Hemmnisse nimmt der Trieb nicht einmal wahr, ist selbst blind und blendet wohl auch den Betroffenen für die Folgen des eigenen Tuns, denn der Drang bewegt sich zum Teil im Nicht-Wahrnehmbaren, Unbewussten. Durch das Adjektiv „rasend“ wird der Sexualtrieb gar in die Nähe des Wahnsinns gerückt, spielt sich in jedem Fall auf der Schwelle zwischen Bewusstsein und Bewusstlosigkeit ab.

Gerade für den (idealerweise) durch Rationalität geprägten Mann stellt der sexuelle Drang somit eine existenzielle Bedrohung dar, da dieser die Schranken vernunftgemäßen Denkens unterläuft, innere Kontrollmechanismen außer Kraft setzt und die Illusion einer selbstbestimmten Persönlichkeit aufhebt. Das Subjekt stimmt nicht mehr mit sich selbst überein, wenn ein Teil des Ichs die als identitätskonstituierend wahrgenommenen Strukturen durchbricht und somit die Integrität des Selbst negiert.

Der Trieb wird – um diese Gegenentwicklung zu rationalisieren – oft nicht als Teil des eigenen Körpers bzw. der eigenen Psyche wahrgenommen, sondern teilweise auch als fremd und/oder von außen kommend. Der sonst rational bestimmte Mann lässt den sexuellen Drang nur widerwillig zu, da der Akt selbst ihn seines Verstandes zu berauben droht. Der Koitus bringt den männlichen Sexualpartner zurück auf die evolutionäre Stufe des Tiers, über dessen Status er sich mittels seiner Selbstkontrolle und Geisteskraft erhoben zu haben glaubte.[35]

Der Akt bedeutet den meisten Sexualwissenschaftlern eine emotionale Verschmelzung mit dem Sexualpartner – wobei dieses Aufgehen im anderen sowohl negativ als auch positiv konnotiert werden kann. Fürchtet der Mann beim Koitus den Verlust des eigenen Selbst, die Auflösung der Ich-Grenzen, Ohnmacht und Bewusstlosigkeit, so verheißt die körperliche Vereinigung der Frau die Lust am Untergang im ‚Meer der Emotionen‘[36], an der „Vernichtung“[37] des Ich, an Kontrollverlust und Unterwerfung, am Gleiten und Schweben.[38]

Eben jener zeitweilige Verlust des rationalen Willens ist es offenbar, der den Koitus auf der einen Seite erstrebenswert macht, weil er es dem Individuum erlaubt, sich kurzfristig aller Hemmungen zu entledigen, das Subjekt aber mit Selbstverlust bedroht, insofern es sich gleichzeitig der Gefahr aussetzt, jene Kontrollmechanismen, sind sie einmal beseitigt, nur mit Mühe oder gar nicht wiederaufbauen zu können.

Aus diesem Grund muss der zivilisierte Mann sich und seine Gefühle permanent kontrollieren, um nicht durch „entfesselte Leidenschaft“[39] alles zu verlieren. Die äußeren Hemmnisse, die die Gesellschaft aufstellt, sind dabei zweitrangig: Wichtig ist vor allem Selbstkontrolle und die Einsicht in deren Notwendigkeit.

Das körperliche Bedürfnis wird in jedem Fall unter das Primat einer rationalen Entscheidung gestellt. Es wird dem Menschen abverlangt, sich von der Stufe eines instinktgeleiteten Wesens zu erheben und durch Selbstkontrolle und Einsatz des Willens zu einem zivilisierten Subjekt auszubilden. Diese Entwicklung wird allerdings permanent durch innerpsychische Prozesse und (noch) ungebändigte Emotionen unterminiert.

Es gilt, äußere Einschränkungen – Gesetze, gesellschaftliche Konventionen, Anstandsvorstellungen – nicht nur zu akzeptieren, sondern auch zu verinnerlichen, das eigene Selbst an diesen Ordnungen auszurichten und sie in die Ich-Vorstellung zu integrieren.[40] So entstehen Scham, Moral und Ekel[41] oder auch Mitleid[42] als innere Äquivalente der von außen an das Subjekt herangetragenen Ansprüche und Wünsche.

Die Frau gilt dabei als Ausnahme: Es wird ihr ein Mangel an intakten Kontrollmechanismen unterstellt, so dass äußerer Reiz oder innerer Drang sofort zu einer unangemessenen und vernunftwidrigen Reaktion führen. Ob das Weib überhaupt der Selbstreflexion mächtig ist, wird bezweifelt.

Daneben wird augenscheinlich jedem – zumindest jedem bedeutenden, also das Normalmaß übersteigenden – Vergnügen systemimmanent ein Nachteil zugeschrieben, der jenen Genuss nicht als erstrebenswert erscheinen lässt. Anderenfalls wäre das Denkpostulat, dass der Mensch naturgemäß gehalten sei, sich zu mäßigen und extreme Genüsse zu vermeiden, kaum zu untermauern. Das Subjekt muss – so die These – die physische und psychische Kraftanstrengung kompensieren: Dem (implizit mitgedachten) Rausch folgt der Katzenjammer.

Der Versuch, die zugelassenen Möglichkeiten der Geschlechtsbefriedigung zu überschreiten und sich exotischeren Gelüsten hinzugeben, wird deutlich abgelehnt. Ein neuer Reiz würde nicht lange genügen, es müsste bald nach einem neuen Stimulus gesucht werden, der den alten übersteigt – aus diesem Grund ist es besser, die Reizzufuhr erst gar nicht zu steigern. Argumentativ ergibt sich daraus allerdings ein nicht thematisiertes Problem: Wenn jedes weitere sexuelle Raffinement zu Abstumpfung und Gewöhnung führen soll, müsste sich logisch folgern lassen, dass auch der erlaubte geschlechtliche Reiz das Individuum nicht auf Dauer stimulieren kann – weil es überhaupt nach stärkeren Anregungen sucht, da jedweder Reiz binnen kurzem an Kraft verliert.

Hierdurch erklärt sich auch die Ambivalenz, mit der viele Sexualwissenschaftler belletristische Texte betrachteten: Auf der einen Seite gingen sie davon aus, dass Literatur etwas über die menschliche Natur aussagen könne, weil sie Spiegelbild der Phantasien der Verfasser und gleichzeitig Ergebnis des einzigartigen Einblicks der Autoren in die seelischen Strukturen des Menschen sei[43], was literarische Texte im Gegenzug zum legitimen Objekt wissenschaftlicher Forschung mache, da sie ebenso viel ‚Wahrheit‘ wie empirisch erhobene Daten enthielten und deshalb ähnlich ertragreich auszuwerten seien.[44] Auf der anderen Seite galt Literatur allerdings auch als potenziell gefährlich, weil sie die Möglichkeit einer (zunächst) sanktionsfreien Hingabe an abnorme Vorstellungen eröffnet: Die Beschäftigung mit paraphilen Phantasien kann zwar therapeutisch wirken, weil sie dem Perversen gestattet, seine Energien in der Imagination abzuleiten, sie kann aber auch ihre Leser dazu verführen, die phantasierten Szenen in der Realität auszuleben, wenn der Stimulus der Kunst nicht mehr ausreicht. Denn der Sexualtrieb wird unter anderem durch Phantasie und Lektüre ‚genährt‘: Wird der Appetit nicht oder nicht zur rechten Zeit gestillt, sondern immer weiter gereizt und angeregt, entwickelt er sich zum Hunger, der möglicherweise zu übermäßigem und nicht normgerechtem Genuss verleitet.

Dennoch warben die Wissenschaftler durch die Erwähnung von Autoren und ihren ‚perversen‘ Texten geradezu Leser. De Sades Werke wurden zum Teil erst dadurch wieder bekannt[45]: Eulenburg veröffentlichte 1899 ein Essay zu Leben und Werk des Marquis, Iwan Bloch gab 1904 das bis dahin als verschollen geltende Manuskript „Die 120 Tage von Sodom“ heraus. Eulenburgs Ausführungen über die zeitgenössische Literatur und deren problematische Tendenzen dürften nicht wenigen zunächst Unkundigen als Lektüreliste gedient haben[46], vor allem, da auch noch explizit auf die ‚anstößigen‘ Stellen verwiesen wurde.[47]

Denn auch in der Literatur der Frühen Moderne wird über Sexualität, Norm und Abweichungen diskutiert[48] – dennoch ist der explizite literarische Umgang mit Sexualität und Perversion zumindest außerhalb von Pornographie nicht sehr häufig.[49]

Dem Literatursystem galt die Perversion dabei nicht als reine Gefahr, sondern auch als Herausforderung und Chance: Eine Figur, die paraphile Neigungen in sich wahrnimmt, ist dazu aufgerufen, mit diesen umzugehen. Abwehr und Ausschluss der Regungen stellen dabei nur eine Reaktionsmöglichkeit dar, das Zulassen der Perversion – vollkommene Hingabe an die Paraphilie ohne Rücksicht auf die Konsequenzen oder deren Integration in die (sich dadurch notwendigerweise verändernde) Persönlichkeit – eine andere.

Für die Darstellungsform der Texte ist aus diesem Grund weniger die Wirkung der perversen Akte auf andere, auf Opfer oder Gesellschaft, wichtig, als vielmehr die Konsequenzen für die handelnde Person, die im Fokus der Erzählung steht. Der Diskurs der Literatur wirbt somit tendenziell für die Akzeptanz von Paraphilien – doch gilt diese Toleranz nicht generell, sondern nur für vom Text aus der Masse herausgehobene Individuen.[50] Die perverse Handlung wird zwar als Übertretung eingestuft, doch diese wird in den meisten Fällen durch den seelischen Wandel einer Figur legitimiert – ganz gleich, ob dieser sich letztlich als Fehl-, als Weiter- oder gar Höherentwicklung herausstellt.

Von den Schriften der Sexualwissenschaftler unterscheiden sich die literarischen Texte vor allem dadurch, dass es ihnen nicht um das Allgemeine geht, sondern um das Spezifische – aus den von ihnen geschilderten Fällen soll keine generelle Lebens- und Verhaltensregel abgeleitet werden: Die Lösung, die die Protagonisten für sich finden, gilt jeweils nur für sie selbst und wäre niemand anderem möglich, da keine andere Persönlichkeit der ihren gleichen kann. Somit sind auch keine Therapiemethoden zu diskutieren oder zu empfehlen, da eine für alle gängige Behandlungsweise nicht zu finden ist. Dennoch entwirft die Literatur „ein elitäres und utopisches Verhaltensmodell“ und plädiert damit „unausgesprochen für eine Veränderung der sozialen Praxis“[51] – ein Alternativprogramm, das jedoch erst aus der Analyse der Texte ersichtlich wird: „Die Texte postulieren also nicht theoretisch, eine normative Veränderung sei wünschenswert, sondern sie versuchen, suggestiv zu dieser Annahme zu verführen.“[52]

Das Schicksal der Protagonisten ist ein individuelles, nur sie betreffendes, das sie jeweils auf eigene Weise bewältigen müssen. Dabei können sie sich auch nicht an Vorbildern aus Historie oder Mythos orientieren – ihr eigener Fall muss einzigartig sein, weil er ansonsten weder erzählenswert wäre noch eine Chance zur individuellen Weiterentwicklung böte, da die Lösungsmöglichkeiten bereits vorgezeichnet wären.

Ebenso wie die Sexualwissenschaftler mehrheitlich davon ausgehen, dass ‚der Mann‘ in der Liebesbeziehung aktiv und aggressiv vorgehe, während ‚die Frau‘ sich passiv und defensiv verhalte, und ein andersartiges Betragen als abnorm einstufen, diese Dichotomie in den meisten Fällen jedoch nicht konkret artikulieren, so wird das zu erwartende Geschlechterverhalten in den literarischen Texten oft nur durch die Übertretung deutlich gemacht: Die meisten der männlichen Protagonisten gelten zunächst als rational, kontrolliert und von ihrem Intellekt bestimmt. Häufig sind es Künstlernaturen, verfeinerte Seelen, die einen ausgeprägten Hang zur Selbstbeobachtung und -analyse besitzen. Der sexuelle Drang, der sie überkommt, das oft mit Besitzgier und Gewaltgelüsten verbundene Verlangen erscheint ihnen als mehrfache Bedrohung ihrer Integrität: Das Begehren überwältigt den Verstand, der die physischen Reaktionen nicht kontrollieren kann. Die eigene grobe Lüsternheit beleidigt das kultivierte künstlerische Gemüt. Somit arbeiten Ratio und Körper gegeneinander, zeigt sich die Person uneins mit sich selbst, als gespalten.

Die Protagonisten registrieren in ihrer Selbstbezogenheit jede dieser Veränderungen in Physis und Psyche genau. Sie können ihre Gefühle nicht mehr als die eigenen begreifen und werden sich selbst fremd. Um ihre Erlebnisse und Erkenntnisse überhaupt in Worte fassen zu können, müssen sie Analogien finden, die das Geschehen metaphorisch in das Außerkörperliche verlegen. Wenn die Figuren sich eingestünden, dass ihr Begehren Teil des eigenen Ich ist, müssten sie zugeben, dass ihre Persönlichkeit kein statisches Gebilde, sondern vielfältig, wandelbar und stetig sich wandelnd ist.

Auf der anderen Seite erwecken der sexuelle Drang und die Veränderungen, die die Protagonisten an sich wahrnehmen, auch die Neugier der Figuren. Der Rausch, den sie empfinden, wenn sie ihren kontrollierenden Geist ausschalten und sich dem Verlangen hingeben, wirkt reizvoll. Bisher durch ihre Egozentrik und Introvertiertheit von der Masse abgegrenzt und einsam, scheint es nun so, als könnten sie nicht nur Gemeinschaft erleben, sondern sich geradezu symbiotisch mit einer anderen Person verbinden. Eine Verschmelzung, die zwar zum Ich-Verlust führen könnte, aber gleichzeitig Geborgenheit und Wärme verspricht.

Die Erkenntnis, dass die Auflösung unmöglich bleibt oder die Furcht, die die Figuren am Ende davon abhält, sich gänzlich hinzugeben, führt dann dazu, dass der Wunsch zu teilen zum Willen zu besitzen mutiert. Der fremde Leib wird zum Objekt degradiert, das zur erneuten Ich-Bestätigung dient, da es eben ein Nicht-Ich, ein Fremdes bedeutet.

Die weiblichen Figuren – sofern der Leser überhaupt etwas über sie erfährt – kennen diese persönlichen Nöte der Protagonisten nicht. Sie ruhen (scheinbar?) in sich selbst und wirken auf die männlichen Figuren zunächst von innen und außen unangreifbar. Es wirkt, als besäßen sie ein instinktives Wissen über die Welt – was die Protagonisten mühsam durch Introspektion, rationale Überlegungen, Experimente u.Ä. herausfinden müssen, erfahren sie offenbar in einer körperlichen Epiphanie. Diese Erkenntnismöglichkeit thematisieren die literarischen Texte allerdings nur implizit, sie wird angedeutet, aber nicht ausgeführt.[53]

Laut Michael Titzmann unterscheidet sich das Konzept der ‚Person‘ in der deutschen Literatur um 1900 vor allem in drei Aspekten von jenem, das z.B. in Goethezeit oder Realismus gebräuchlich war: Erstens habe sich um die Jahrhundertwende die Vorstellung vom Subjekt ausdifferenziert – auch das in der Person zwar potenziell Angelegte, aber (noch) nicht Realisierte, sowie das Unbewusste und das Non-Personale (die Werte und Normen der Gesellschaft, psychische bzw. biologische Merkmale des Menschen) würden nun als Teile des Individuums wahrgenommen. Zweitens werde die Vorstellung vom Subjekt durch eine zunehmende „Komplexität“ gekennzeichnet, d.h. die Teilsysteme innerhalb der Person würden als hierarchisiert wahrgenommen und es werde davon ausgegangen, dass sie untereinander interagierten. Drittens komme es zu einer „Dynamisierung“: Die Person werde nicht mehr als statisch und invariant gedacht, sondern ganz im Gegenteil: Der potenzielle und der tatsächliche Wandel seien konstitutive Merkmale des Konzepts.[54]

In der Literatur der Frühen Moderne sei die Person dazu aufgerufen, sich um Selbsterkenntnis zu bemühen: Entweder glücke es ihr, Selbstbild und „realisierte[ ] oder potentielle[ ] Person“ zur Übereinstimmung zu bringen, dann sei der von ihr zu durchlaufene Selbstfindungsprozess gelungen – oder sie erkenne, dass die Teilsysteme unvereinbar seien, dann komme es zum Selbstverlust.[55] Dabei sei es wichtig, das „nicht-soziale Non-Personale zu akzeptieren und ins Selbst zu integrieren“, d.h. eben jene Merkmale psychischen bzw. biologischen Ursprungs ins eigene Selbstbild einzupassen, und „das soziale Non-Personale zu eliminieren: tradierte Werte und Normen sind als ich-dyston aus der Person auszustoßen“.[56]

Wenn gesellschaftliche Konventionen allerdings zunächst als ich-fremd abzulehnen oder zumindest auf ihre Tauglichkeit zu überprüfen sind – werden sie gegebenenfalls als zweckmäßig wahrgenommen, können sie (allerdings als ich-dyston akzeptiert) in das Subjekt integriert werden[57] –, ist es nicht verwunderlich, dass das Brechen von Traditionen und die Übertretung von Grenzen als Möglichkeit der Selbstfindung gilt.[58] Vor allem Überschreitungen auf dem Gebiet des Begehrens, das offenbar – durch seine ‚natürliche‘ Verbindung mit der Fruchtbarkeit? – als besonders vitales wahrgenommen wird, erscheinen als Möglichkeit, das durch Regeln, Konventionen und Normen zugerichtete Ich zu erneuern und näher an ein postuliertes ‚potenzielles Ich‘ heranzuführen.

Marianne Wünsch weist ferner darauf hin, dass die Selbstfindung der Person häufig anhand einer „Weg-Ziel-Struktur“ exemplifiziert werde – dem Protagonisten des Textes werde durch einen Katalysator bewusst, dass sein Ich-Zustand unbefriedigend sei und er bemühe sich, einen anderen, möglicherweise dem Subjekt gemäßeren Zustand zu erreichen.[59] Dabei sei jede Person dazu aufgerufen, einen eigenen Weg und ein individuelles Ziel zu finden: „Nur die spezifische Struktur seiner Person kann noch als Entscheidungskriterium für die (In-)adäquatheit von Wegen und Zielen fungieren“. Diese „radikale[ ] Subjektivierung des Weg-Ziel-Modells“ sei letztlich der Beweis dafür, dass „alle Werte und Normen, latent oder manifest, unsicher geworden“ seien und „jeder verfügbare ideologische Rahmen zur subjektiven Disposition des Individuums gestellt“ sei.[60] Dies bedeute jedoch auch, dass der Weg zur Selbstfindung mit gleicher Wahrscheinlichkeit auch der Weg zum Selbstverlust sein könne.[61]

Titzmann ordnet das Einlassen der Person auf einen „Prozess der Selbstfindung und Selbstverwirklichung jenseits des tradierten Wert- und Normensystems“ ähnlich ein: Es handle sich um ein „Experiment mit sich selbst“, das zum Metaereignis[62] im Sinne „einer Umstrukturierung der ideologischen Ordnung der Welt“ werden könne.[63] Das Risiko des Selbstverlusts einzugehen, kann also im Erfolgsfall eine Veränderung der gesellschaftlichen Normen zur Folge haben – die allerdings möglicherweise erneut eine Adaption des Subjekts notwendig macht.

Dass Normverletzungen überhaupt möglich sind und beschrieben werden können, zeugt allerdings davon, dass die zu brechenden bzw. bereits gebrochenen Normen nicht mehr selbstverständlich sind, sondern hinterfragt werden können: Der mögliche Normverstoß und die weitgehende Normnegation weisen darauf hin, dass die Texte Individualität als unvereinbar mit der Gesellschaft sehen, während die Tatsache, dass nicht alle Werte zur Disposition stehen, darauf hinweist, dass die Schriftsteller erkennen, dass das Subjekt nicht außerhalb der Gesellschaft stehen kann und die Gesellschaft – repräsentiert durch bestimmte Werte – in jedem Fall im Subjekt präsent ist.[64]

Dabei wird die Grenzverletzung in der Frühen Moderne tendenziell positiv gewertet: Während der Tabubruch in der Literatur des Realismus in den meisten Fällen durch eine Fokalisierungsfigur dargestellt und bewertet wurde, die die stabilisierende Funktion des Textes verdeutlichte, deren eingeschränkte Sichtweise allerdings bewirkte, dass die Motivation der Abweichung im Dunkeln blieb, so wird in der Frühen Moderne das Geschehen häufig aus der Perspektive der von der Norm abweichenden Person geschildert, so dass der Grund für ihre Handlungen durch den Leser ergründet werden kann.[65]

Der Mangel an feststehenden bzw. klar formulierten Werten ist es unter anderem, der die Literatur von den theoretischen Texten der Sexualwissenschaft unterscheidet, die zumindest implizit ein System von Normen transportieren – darüber hinaus gibt es allerdings auch andere signifikante Unterschiede: Für die Sexualwissenschaftler wird der Personenkern nicht nur von den eigenen biologischen und psychischen Merkmalen bestimmt, sondern auch durch die gesellschaftlichen Konventionen. Im Gegensatz zum von Titzmann beschriebenen Personenkonzept in der Literatur der Frühen Moderne werden diese Normen zwar als ich-fremd wahrgenommen, doch sie sind nicht abzulehnen und konsequenterweise zu brechen, sondern zu verinnerlichen und ins Ich zu integrieren – und zwar ungeprüft und unhinterfragt. Zumindest weist die Übernahme gängiger Wertvorstellungen darauf hin, dass die meisten Sexualwissenschaftler sich einer Analyse ihre eigenen Denkvoraussetzungen verweigern. Der Personenkern des Menschen ist im Normalfall dafür zuständig, abweichendes und möglicherweise gesellschaftsfeindliches Verhalten zu unterdrücken und es dem Subjekt möglich zu machen, sich ohne Reibungsverlust in die Gesellschaft zu integrieren und ihr produktives Mitglied zu werden.

In vielen literarischen Texten werden die sozialen Begrenzungen, denen sich das zivilisierte Subjekt unterwirft, dagegen zumindest als ambivalent wahrgenommen – sie sind gleichzeitig Halt und Einschränkung. Dabei spielt die von den Sexualwissenschaftlern immer wieder konstatierte zunehmende Verfeinerung der Kultur in den analysierten literarischen Texten keine Rolle. Dass das Individuum unter den immer vielfältiger werdenden Sinneseindrücken leide, dass es sich in einer permanenten nervlichen Spannungshaltung befände, weil die fortwährenden Veränderungen, die mit geänderten Ansprüchen an es selbst einhergehen, es überforderten, wird nicht geschildert. Die Schwierigkeiten der Protagonisten sind eher subjektiver als gesellschaftlich motivierter Natur – es handelt sich um vom Text aus der Masse herausgehobene und außergewöhnliche Figuren, deren spezifische Persönlichkeitsstruktur, deren individuelle Ansprüche an ihre Umwelt und an ‚das Leben‘ dazu führen, dass sie die allgemein akzeptierten Normvorstellungen nicht anerkennen können, durch ihre Aktionen mit ihnen kollidieren und sie für sich aushebeln.[66]

Der Sexualtrieb wird dabei zunächst auch von den literarischen Figuren als fremd, störend und destruktiv wahrgenommen und dabei mehrheitlich durch Metaphern aus dem Bereich der Naturgewalten, der Krankheit und des Rausches verklausuliert. Der Drang wird – obgleich er Vorgänge im Inneren des Körpers, im Inneren des Ich betrifft – durch Sprachbilder wie ‚Flut‘, ‚Meer‘, ‚Strom‘, ‚Wellen‘ metaphorisch nach außen verlagert und mit einer bedrohlichen Naturgewalt verbunden, einer expansiven und homogenisierenden Macht, die fruchtbares Land – welches das vitale und fertile Subjekt verschlüsselt – hinwegzuspülen vermag. Die Energie des Wassers entzieht sich dabei jeder möglichen Kontrolle: Die schützenden Konstrukte von Vernunft und Bewusstsein sind zu fragil, um dem Geschlechtstrieb etwas entgegenzustellen, das Ich wird bereits als besiegt und unterjocht gezeichnet – wenn überhaupt noch von einem „Damm“ gesprochen wird, dann ist dieser schon „gebrochen“ und der „Strom“ der Lust „entfesselt[ ]“.[67]

Dabei korrespondieren die auf diese Weise nach außen projizierten Emotionen, die das Subjekt offenbar zunächst als ich-dyston wahrnimmt bzw. wahrnehmen will, mit innerkörperlichen Symptomen: Das als Träger von Emotionen gedachte Blut strömt im erregten Körper mit erhöhtem Druck durch die Adern, der Herzschlag beschleunigt, die Pulsfrequenz erhöht sich. Sucht man für diese physischen Erscheinungen ein Analogon aus dem Bereich der außerkörperlichen Natur, bietet sich die Flüssigkeitsmetaphorik – eben fließende Ströme, ansteigende Fluten, durch den Wasserdruck brechende Dämme – an.

In den meisten Fällen wird der Sexualtrieb also auch hier durch eine vernichtende und unkontrollierbare Urkraft symbolisiert, die häufig natürlichen Ursprungs ist: Metaphern aus dem Bereich der Ingenieurwesens spielen überraschenderweise keine Rolle, obgleich gerade in den Jahren um die Jahrhundertwende technische Neuerungen an der Tagesordnung waren. Eventuell hängt dies damit zusammen, dass es den Autoren darum zu tun ist, den körperlichen Drang als unberechenbar zu kennzeichnen – ein Merkmal, das dem Maschinenwesen eben gerade nicht zugewiesen wird.

Der Sexualtrieb wird – obgleich inneres, subjektiv empfundenes Gefühl – nach außen projiziert, weil er für den (idealerweise) durch Rationalität geprägten Mann bedrohlich wirken muss. Die Empfindung ist nicht durch Gedankenkraft kontrollierbar – der Drang untergräbt somit die als ich-konstituierend wahrgenommenen Verstandesstrukturen und hebelt sie aus. Dem Individuum wird klar, dass es nicht selbstbestimmt agieren kann, sondern von seinen physischen und psychischen Voraussetzungen beeinflusst wird. Bis hierher ähnelt der Diskurs der Literatur dem theoretischen – differiert jedoch darin, welche Schlüsse aus dieser Erkenntnis zu ziehen sind. Während die Sexualwissenschaftler dem Verstand das Primat zugestehen und diesen – wiederum bestimmt durch die allgemein als sinnvoll und zielführend wahrgenommenen Moralpostulate – als oberste Instanz der Persönlichkeitsstruktur eingesetzt sehen wollen, ‚gestatten‘ einige der literarischen Texte ihren Protagonisten – nicht aber ihren Protagonistinnen und weiblichen Nebenfiguren! –, ihr Begehren zu realisieren und in das als ‚Person‘ wahrgenommene Konstrukt zu integrieren, ja sogar, sich zeitweilig von ihm bestimmen zu lassen, denn die Lust nimmt  offenbar eine andere, höher bewertete Rolle ein, ist wichtiger und nicht zu negierender Teil des Individuums. Die Figuren können eine komplexere, stärkere und einem potenziellen Ich nähere Subjektstruktur entwickeln, wenn und solange sie die Integrität ihres Selbst zu riskieren bereit sind – im Diskurs der Sexualwissenschaft gilt das riskierte bereits als verlorenes, krankes und zu therapierendes Ich.

Die Frauenfiguren dagegen scheinen die Erzähler als Persönlichkeiten nicht zu interessieren. Sie dienen lediglich als Katalysatoren, die die Entwicklung der männlichen Protagonisten anstoßen. Ihre Anwesenheit verstärkt die Persönlichkeitsspaltung der männlichen Figuren – einerseits fühlen sie sich von den Frauen angezogen, begehren sie körperlich und sehnen sich danach, ihnen nahe zu sein, andererseits fürchten sie sich vor den eigenen Körperreaktionen, der möglichen Abhängigkeit von ihrem Gegenpart, der sie durch Verweigerung kontrollieren kann, und wünschen sich, nicht nur über sich selbst, sondern auch über den Partner bestimmen zu können.[68]

Die Frauenfiguren haben dabei im Allgemeinen ein anderes Körperbewusstsein als die männlichen: Während viele der Protagonisten ein ambivalentes Verhältnis zu ihrem Leib aufweisen, ihn einerseits oft als fremd, dissoziiert oder fragmentiert wahrnehmen, da seine Bedürfnisse gegen ihre bewussten Absichten stehen, andererseits aber auch von seiner Stärke profitieren und seine Hauthülle als äußeres Zeichen ihrer eigenen, sonst zu bezweifelnden Integrität und Abgeschlossenheit nach außen nehmen, wird den Frauen häufig ein unkomplizierteres und harmonischeres Verhältnis zu ihrem Körper zugeschrieben: Er liegt nicht mit ihrem Geist im Kampf – der Leib hat das Primat, er bestimmt ihre Handlungen.

Im Gegensatz zu den männlichen Figuren, die immer wieder gegen das physische Begehren ankämpfen, die ihren Drang metaphorisch nach außen projizieren, um ihn durch genaue Beobachtung zu begreifen, die nach Analogien suchen, um ihn wenigstens annäherungsweise rational erfassen zu können und hoffen, das Verlangen durch genaue Selbstkontrolle und kontinuierlichen Aufbau von eigenen Normen und Regeln im Zaum halten zu können, geben sich die Frauen ihren Gefühlen hin. Da sie offenbar kein klar abgegrenztes und zu verlierendes Ich besitzen, sondern ihr Selbst mit dem Körper verschmilzt und eine Einheit bildet, können sie ihren Wünschen nachgeben, ohne sich aufgeben zu müssen.[69]

Die individuelle Entwicklung der männlichen Figuren entspringt dagegen zumeist (auch) der aggressiven Auseinandersetzung mit ihren weiblichen Gegenparts – ‚Mann‘ zu sein, heißt auch, sich von dem, was als ‚weiblich‘ verstanden wird, zu distanzieren. Die Protagonisten sind dazu aufgerufen, neue und selbstbestimmte – im Gegensatz zu den zunächst bestehenden, fremd- und gesellschaftsbestimmten – Persönlichkeitsgrenzen aufzubauen, um sich gegen die durch die Frauen – auch im Wortsinn – verkörperte tendenzielle Auflösung zu wehren.

Während die Sexualwissenschaftler mehrheitlich auf die Bedrohung der Persönlichkeit (und mit ihr: der Gesellschaft) durch die erotische Begierde abheben, akzentuieren die Schriftsteller auch die entgrenzende Kraft des sexuellen Dranges und sein erlösende Potenzial. Die literarischen Texte bieten diese Lesart an, weil sie dem Rezipienten die Möglichkeit eröffnen, die geschilderten Geschehnisse selbst zu bewerten, anstatt ihm die Einschätzung abzunehmen und Abweichungen von der Normalität als solche auszuzeichnen. Die Sexualwissenschaftler bemühen sich zwar zuweilen der Veranschaulichung wegen um Sprachkunst, doch ihr Arsenal an Ästhetisierungstechniken ist vor allem das des Realismus – der im Kontext der jeweiligen Schrift als im Wortsinne ‚allwissend‘ verstandene ‚Erzähler‘ der Fallgeschichten, die beinahe übergenaue Schilderung der Handlung, die sogar (scheinbar?) entbehrliche Informationen einschließt, der Aufbau eines Normensystems, in welches das Dargestellte für den Leser eingeordnet wird. Auf der anderen Seite waren die Forscher so in der Lage – qua Bezug auf ihren informierenden Auftrag – eine darstellerische Nähe und Präzision in der Beschreibung zu erreichen, die in der Belletristik nicht denkbar gewesen wäre, ohne mit Ablehnung und/oder Zensurmaßnahmen rechnen zu müssen: So ist es im theoretischen Diskurs offenbar ohne Weiteres möglich, von Erektionen und Samenergüssen zu sprechen (allerdings im Kontext der Perversion, vor der gewarnt werden soll, nicht von Lust!), während diese eindeutigen Körperreaktionen im literarischen Diskurs höchstens verschlüsselt dargestellt werden können (dafür ist allerdings des Öfteren von – wenn auch zumeist durch Symbolik verbrämter – Erregung und Befriedigung die Rede).

Der Darstellungsimpuls von Literatur und Wissenschaft führt dazu, dass hier wie dort eine Art von Pornographie entsteht, wissenschaftliche und literarische, die sich nur aufgrund ihrer (kommunikativen) Kontexte voneinander trennen lässt, ihrer Adressatenbezüge, ihrer Publikations- und Rezeptionsbedingungen usw., während die „Fallgeschichten“ selbst sich sowohl inhaltlich als auch auf Darstellungsebene ähneln. Der belletristische Autor, der einen solchen „Fall“ erzählt, muss gegebenenfalls Zensur, Skandal oder gesellschaftliche Ausgrenzung befürchten, der wissenschaftliche Autor erwirbt sich mit dem gleichen Material möglicherweise Prestige und eine Position auf dem rasch wachsenden Markt der Sexualtherapeutik und Ratgeberliteratur.

Anmerkung der Redaktion: Dieser Text ist ein Auszug aus Petra Portos Arbeit „Sexuelle Norm und Abweichung“, die jüngst erschienen ist.

Literaturhinweise

Bloch, Iwan: Beiträge zur Aetiologie der Psychopathia sexualis. Teil II. Dresden 1903.

Dr. Veriphantor [d.i. Iwan Bloch]: Der Sadismus. Ein Beitrag zur Sittengeschichte unserer Zeit. Berlin 1903.

Dühren, Eugen [d.i. Iwan Bloch]: Englische Sittengeschichte (früher: „Das Geschlechtsleben in England“). 2. revidierte Auflage. Band 1. Berlin 1912.

Ellis, Havelock: Studies in the psychology of sex. Volume III: Analysis of the sexual impulse. Love and pain. The sexual impulse in women. 2., durchgesehene und erweiterte Auflage. Philadelphia 1923.

Eulenburg, Albert: Sadismus und Masochismus. 2., zum Teil umgearbeitete Auflage. Wiesbaden 1911.

Eulenburg, Albert: Sexuale Neuropathie. Genitale Neurosen und Neurosenpsychosen der Männer und Frauen. Leipzig 1895.

Freud, Sigmund: Der Wahn und die Träume in W. Jensens ‚Gradiva‘. In: Ders.: Studienausgabe. Bd. 10: Bildende Kunst und Literatur. Frankfurt a.M. 1969. S. 9–85.

Freud, Sigmund: Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie. Frankfurt a.M. 1991.

Hirschfeld, Magnus: Geschlechtsverirrungen. (Originaltitel: Geschlechtsanomalien und Perversionen). Ein Studienbuch für Ärzte, Juristen, Seelsorger und Pädagogen. Aus dem Nachlaß ergänzt und geordnet von seinen Schülern. Konstanz o.J. [1968?].

Krafft-Ebing, Richard von: Psychopathia sexualis. München 1997 [Nachdruck der vierzehnten, vermehrten Auflage. Stuttgart 1912].

Lombroso, Césare und G. Ferrero: Das Weib als Verbrecherin und Prostituirte. Anthropologische Studien, gegründet auf eine Darstellung der Biologie und Psychologie des normalen Weibes. Autorisierte Übersetzung von Dr. med. H. Kurella. Hamburg 1894.


Andreas-Salomé, Lou: Eine Ausschweifung. In: Dies.: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Neu hg. und mit einem Nachwort versehen von Ernst Pfeiffer. Frankfurt 1993. S. 69–121.

Döblin, Alfred: Der schwarze Vorhang. Roman von den Worten und Zufällen. In: Ders.: Jagende Rosse / Der schwarze Vorhang und andere frühe Erzählwerke. München 1987. S. 107–205.

Doderer, Heimito von: Die Bresche. Ein Vorgang in vierundzwanzig Stunden. In: Ders.: Frühe Prosa. Neuausgabe in einem Band. München 1995 (= Das erzählerische Werk). S. 119–205.

Dolorosa [d.i. Maria Eichhorn]: Confirmo te chrysmate. 2. vermehrte Auflage. Berlin 1903.

Ewers, Hanns Heinz: Alraune. Die Geschichte eines lebenden Wesens. Düsseldorf 1998.

Ewers, Hanns Heinz: Der Zauberlehrling oder Die Teufelsjäger. München 1923.

Ewers, Hanns Heinz: Vampir. Ein verwilderter Roman in Fetzen und Farben. Berlin 1928.

Hofmannsthal, Hugo von: Gesammelte Werke. Reden und Aufsätze III (1925–1929). Frankfurt a.M. 1979f.

Musil, Robert: Der Mann ohne Eigenschaften. Hg. von Adolf Frisé. Bd. 1: Erstes und zweites Buch. Neu durchges. und verb. Ausg. Reinbek bei Hamburg 1978.

Musil, Robert: Die Verwirrungen des Zöglings Törleß. In: Ders.: Gesammelte Werke. Hg. von Adolf Frisé. Bd. II: Prosa und Stücke. Kleine Prosa, Aphorismen. Autobiographisches. Essays und Reden. Kritik. Reinbek bei Hamburg 2000. S. 7–140.

Musil, Robert: Die Vollendung der Liebe. In: Ders.: Vereinigungen. Zwei Erzählungen. Mit einem Essay von Hartmut Böhme. 2. Auflage 1994. S. 5–104.

Sacher-Masoch, Leopold von: Venus im Pelz. Mit einer Studie über den Masochismus von Gilles Deleuze. Frankfurt a.M. 1980.

Ungar, Hermann: Die Verstümmelten. In: Ders.: Sämtliche Werke in drei Bänden. Hg. von Dieter Sudhoff. Bd.1: Romane. Oldenburg 2001. S. 15–154.

Wedekind, Frank: Frühlings Erwachen. In: Ders.: Werke. Kritische Studienausgabe. Bd. 2. Hg. von Mathias Baum und Rolf Kieser. Darmstadt 2000. S. 259–322.

Wildenbruch, Ernst von: Brunhilde. In: Ders.: Gesammelte Werke. Hg. von Berthold Litzmann. Erste Reihe: Romane und Novellen. 1. Band. Berlin 1911. S. 301–352.


Bublitz, Hannelore: Einleitung. In: Der Gesellschaftskörper. Zur Neuordnung von Kultur und Geschlecht um 1900. Hg. von Hannelore Bublitz u.a. Frankfurt a.M./New York 2000. S. 10–18.

Dornhof, Dorothea: Inszenierte Perversionen. Geschlechterverhältnisse zwischen Pathologie und Normalität um die Jahrhundertwende. In: Kritische Differenzen – geteilte Perspektiven. Zum Verhältnis von Feminismus und Postmoderne. Hg. von Antje Hornscheidt u.a. Opladen 1998. S. 253–277.

Eder, Franz X.: Kultur der Begierde. Eine Geschichte der Sexualität. München 2002.

Heitmüller, Elke: Zur Genese sexueller Lust. Von Sade zu SM. Tübingen 1994.

Honegger, Claudia: Die Ordnung der Geschlechter. Die Wissenschaften vom Menschen und das Weib. Frankfurt a.M./New York 1991.

Kupferschmidt, Hugo: Krafft-Ebings ‚Psychopathia Sexualis‘. In: Jean Clair u.a.: Wunderblock. Eine Geschichte der modernen Seele. Hg. von den Wiener Festwochen. Wien 1989 (= Sonderausstellung des historischen Museums der Stadt Wien 123). S. 481–484.

Lindner, Martin: Leben in der Krise. Zeitromane der neuen Sachlichkeit und die intellektuelle Mentalität der klassischen Moderne. Stuttgart/Weimar 1994 (Metzler-Studienausgabe).

Mixa, Elisabeth: Erröten Sie, Madame! Anstandsdiskurse der Moderne. Pfaffenweiler 1994 (= Schnittpunkt Zivilisationsprozess 11).

Ort, Claus-Michael: „Du bist ein Schelm geworden – ich Poet!“. Zur Konstruktion literarischen und kriminologischen Wissens über ‚Verbrechen‘ und ‚Kunst‘ in der Frühen Moderne. In: Weltentwürfe in Literatur und Medien. Phantastische Wirklichkeiten – Realistische Imaginationen. Hg. von Hans Krah und Claus Michael Ort. Kiel 2002. S. 211–234.

Titzmann, Michael: Das Konzept der ‚Person‘ und ihrer ‚Identität‘ in der deutschen Literatur um 1900. In: Die Modernisierung des Ich. Studien zur Subjektkonstitution in der Vor- und Frühmoderne. Hg. von Manfred Pfister. Passau 1989 (= PINK. Passauer Inderdisziplinäre Kolloquien 1). S. 36–52.

Titzmann, Michael: Teil III: 1890–1930. Revolutionärer Wandel in Literatur und Wissenschaften. In: Die Literatur und die Wissenschaften 1770–1930. Walter Müller-Seidel zum 75. Geburtstag. Hg. von Karl Richter u.a. Stuttgart 1997. S. 297–322.

Treut, Monika: Die grausame Frau. Zum Frauenbild bei de Sade und Sacher-Masoch. Basel/Frankfurt a. M. 1984.

Wernz, Corinna: Sexualität als Krankheit. Der medizinische Diskurs zur Sexualität um 1800. Stuttgart 1993 (= Beiträge zur Sexualforschung 67).

Wünsch, Marianne: Realismus (1850–1890). Zugänge zu einer literarischen Epoche. Mit Beiträgen von Jan-Oliver Decker u.a. Kiel 2007 (= LIMES. Literatur und Medienwissenschaftlichen Studien – Kiel 7).

Wünsch, Marianne: Regeln erotischer Beziehungen in Erzähltexten der Frühen Moderne und ihr theoretischer Status. In: SPIEL: Siegener Periodicum zur Internationalen Empirischen Literaturwissenschaft 9 (1990) H. 1. S. 131–172.

Wünsch, Marianne: Sexuelle Abweichungen im theoretischen Diskurs und in der Literatur der frühen Moderne. In: Literatur und Wissen(schaften) 1890–1935. Hg. von Christine Maillard und Michael Titzmann. Stuttgart/Weimar 2002. S. 349–368.

Wünsch, Marianne: Wege der ‚Person‘ und ihrer ‚Selbstfindung‘ in der fantastischen Literatur nach 1900. In: Die Modernisierung des Ich. Studien zur Subjektkonstitution in der Vor- und Frühmoderne. Hg. von Manfred Pfister. Passau 1989 (= PINK. Passauer Inderdisziplinäre Kolloquien 1). S. 168–179.

[1] Vgl. Eder: Kultur der Begierde. S. 188.

[2] „‚Das Physische bildet das Moralische‘ ist ein Kernsatz der neuen Anthropologie um 1800.“ (Honegger: Die Ordnung der Geschlechter. S. 42)

[3] Die zunehmende Verwendung dieses Begriffs weist auf den angenommenen engen Zusammenhang zwischen Physiologie und Anthropologie hin. Die „Aufwertung des Geschlechts als biologische Materialisierung des Sozialen im Körper und als soziale (Macht-)Ressource zeigt sich am Ende des 19. Jahrhunderts in zahlreichen, heterogenen Diskursen zu Gesundheit und Hygiene, zur Verbesserung der Fortpflanzung, Vererbung und Nachkommenschaft, zu Sexualität, Geschlecht und Geschlechterbeziehungen sowie zu ‚Rasse‘ und ‚Kultur‘.“ (Bublitz: Einleitung. S. 15)

[4] Honegger: Die Ordnung der Geschlechter. S. 52.

[5] Wedekind: Frühlings Erwachen. S. 266.

[6] Musil: Der Mann ohne Eigenschaften. S. 882.

[7] Hofmannsthal: Gesammelte Werke. S. 313.

[8] Ausgewertet wurden Iwan Bloch: Beiträge zur Aetiologie der Psychopathia sexualis; Dr. Veriphantor: Sadismus. Ein Beitrag zur Sittengeschichte unserer Zeit; Eugen Dühren: Englische Sittengeschichte; Havelock Ellis: Studies in the psychology of sex; Albert Eulenburg: Sadismus und Masochismus sowie ders.: Sexuale Neuropathie; Sigmund Freud: Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie; Magnus Hirschfeld: Geschlechtsverirrungen, Richard von Krafft-Ebing: Psychopathia sexualis; Césare Lombroso und G. Ferrero: Das Weib als Verbrecherin und Prostituirte.

[9] Normalität „bedeutet eine empirisch quantifizierbare, statistische Verteilung von Phänomenen eines bestimmten Bereichs auf einer Skala zwischen möglichen Extremwerten, die von einer als wünschenswert gedachten ‚Norm‘ erheblich abweichen kann“ (Titzmann: Revolutionärer Wandel in Literatur und Wissenschaften. S. 317).

[10] Vgl. Heitmüller: Zur Genese sexueller Lust. S. 124 sowie Wünsch: Sexuelle Abweichungen. S. 351.

[11] Vgl. Treut: Die grausame Frau. S. 103.

[12] Vgl. Heitmüller: Zur Genese sexueller Lust. S. 141.

[13] Krafft-Ebing: Psychopathia sexualis. S. IV [Vorwort der ersten Auflage].

[14] Ebd.

[15] Ebd.

[16] Ebd.

[17] Ebd. S. V [Vorwort der ersten Auflage].

[18] Ebd.

[19] Vgl. ebd.

[20] Ebd.

[21] Ebd. S. VI [Vorwort der zwölften Auflage].

[22] Ebd.

[23] Ebd.

[24] Ebd., Hervorhebungen P.P.

[25] „Seine Zielleserschaft hingegen nahm das Werk sehr reserviert auf. Man wandte ein, die Betroffenen erhielten zuviel Raum, den Fallberichten fehle der genügende Kommentar und die Perversionen würden romantisiert – eine Gefahr in der Annahme, Literatur könne Perversionen hervorrufen.“ (Kuperschmidt: Krafft-Ebings ‚Psychopathia Sexualis‘. S. 483)

[26] Krafft-Ebing: Psychopathia sexualis. S. VI [Vorwort der zwölften Auflage].

[27] Eulenburg: Sexuale Neuropathie. S. 152.

[28] Ellis: Studies in the Psychology of Sex. S. 104.

[29] Dornhof: Inszenierte Perversionen. S. 263.            Dornhof bezieht sich hier auf Krafft-Ebing.

[30] Ähnlich sieht es auch Dorothea Dornhof: „Die eigenwillige Diskrepanz […] basiert auf einer dem Gegen­stand verwandten perversen Strategie, die darin besteht, die unterschwelligen oder latenten Motive, Phantasien, Wünsche oder Ängste zu verdecken.“ (ebd.)

[31] Krafft-Ebing: Psychopathia sexualis. S. 5

[32] Der lebensideologische Raum in der Frühen Moderne wird ebenfalls durch semantische Achsen definiert: Die Oberfläche, das ‚Außen‘ wird mit der verhärteten Form gleichgesetzt, die Tiefe, das ‚Innen‘ mit dem höherwertigen, dynamischen Strömen des „nicht-bewußten Erleben[s]“ (Lindner: Leben in der Krise. S. 7).

[33] Vgl. für das Denksystem um 1800, das eine Werteskala zwischen Tier und Engel abbildete: Wernz: Sexualität als Krankheit. S. 16.

[34] Bloch: Beiträge zur Aetiologie der Psychopathia sexualis. S. 367.

[35] Vgl. Eulenburg: Sadismus und Masochismus. S. S. 15f.

[36] Ellis: Studies in the Psychology of Sex. S. 185.

[37] Hirschfeld: Geschlechtsverirrungen. S. 406.

[38] Vgl. Ellis: Studies in the Psychology of Sex. S. 89.

[39] Krafft-Ebing: Psychopathia sexualis. S. 2.

[40] Ähnlich argumentiert auch Elisabeth Mixa im Bezug auf die Anstandsdiskurse der Moderne: „Meiner Meinung nach geht es nicht um passives, unreflektiertes ‚Einrücken‘ von äußeren Zwängen, sondern viel eher um die systematische Produktion eins ‚Innen‘. Um Normierungen, die von den Individuen reproduziert werden und vermittels derer sich die Individuen produzieren, also um einen Prozeß der aktiven Erzeugung von Innenräumen.“ (Mixa: Erröten Sie, Madame! S. 147)

[41] Vgl. Freud: Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie. S. 64.

[42] „Grausamkeit fliesst ja aus verschiedenen Quellen und ist dem primitiven Menschen natürlich. Mitleid ist dem gegenüber die sekundäre Erscheinung und spät erworbene Empfindung.“ (Krafft-Ebing: Psychopathia sexualis. S. 102)

[43] Vgl. Freuds Aussagen über die Verwandtschaft zwischen Literatur und Psychoanalyse: „Wertvolle Bundesgenossen sind aber die Dichter, und ihr Zeugnis ist hoch anzuschlagen, denn sie pflegen eine Menge von Dingen zwischen Himmel und Erde zu wissen, von denen sich unsere Schulweisheit noch nichts träumen läßt. In der Seelenkunde gar sind sie uns Alltagsmenschen weit voraus, weil sie da aus Quellen schöpfen, welche wir noch nicht für die Wissenschaft erschlossen haben.“ (Freud: Der Wahn und die Träume in W. Jensens ‚Gradiva‘. S. 14)

[44] Vgl. Ort: „Du bist ein Schelm geworden – ich Poet!“. S. 218 zum Einfluss von ‚Verbrecherliteratur‘ auf die Kriminologie.

[45] Die Wissenschaftler achteten zwar darauf, die Zitate de Sades im eigenen Text ins Lateinische zu übersetzen – wer dieser Sprache jedoch nicht mächtig war, griff auf die Originaltexte zurück (vgl. Heitmüller: Zur Genese sexueller Lust. S. 8).

[46] Vgl. Eulenburg: Sadismus und Masochismus. S. 89–95.

[47] Vgl. ebd. S. 90.

[48] Ausgewertet wurden – vor allem in Hinsicht auf die Darstellung des Sadismus –: Lou Andreas-Salomé: Eine Ausschweifung; Alfred Döblin: Der schwarze Vorhang; Heimito von Doderer: Die Bresche; Dolorosa: Confirmo te chrysmate; Hanns Heinz Ewers: Alraune sowie ders.: Der Zauberlehrling und ders.: Vampir; Hugo von Hofmannsthal: Andreas; Robert Musil: Die Verwirrungen des Zöglings Törleß sowie ders.: Die Vollendung der Liebe; Hermann Ungar: Die Verstümmelten; Ernst von Wildenbruch: Brunhilde.

[49] Vgl. Wünsch: Sexuelle Abweichungen. S. 360. Wenn Sexualität beschrieben wird, dann häufig nur als „Sexualakte, die sich gewissermaßen rauschhaft, in einem unkontrollierten Triebschub vollziehen und sich dabei auf eine Art minimalistischen Koitus beschränken“ (Ebd. S. 361).

[50] Vgl. Wünsch: Regeln erotischer Beziehungen. S. 165: „Diese Literatur will im Gegenteil die Erhaltung des Gegners und den Ausnahmeraum für das elitäre Individuum; von der Verletzung, nicht von der Überwindung des traditionellen Modells, bezieht dieses Erotikmodell seinen Reizwert“.

[51] Ebd. S. 164.

[52] Ebd.

[53] Martin Lindner weist darauf hin, dass die Geschlechterrollen, die vorher „in erster Linie als konventionale Rollenschemata begriffen worden“ waren, mit Beginn der Moderne „wieder ‚naturalisiert‘“ wurden. Die Frau habe dabei als Vertreterin vitalen Lebens, ihre Psyche als ganzheitliche Struktur, „in der sich Trieb-Sexualität, Seele und Verstand in prästabilisierter Harmonie befinden“, gegolten. Beim Mann dagegen könnten – so die Ansicht der Zeit – sowohl Trieb als auch Rationalität das Gleichgewicht stören (vgl. Lindner: Leben in der Krise. S. 84).

[54] Vgl. Titzmann: Das Konzept der ‚Person‘ und ihrer ‚Identität‘. S. 48.

[55] Ebd. S. 39.

[56] Ebd. S. 49.

[57] Vgl. ebd. S. 50.

[58] Vgl. ebd. S. 49.

[59] Vgl. Wünsch: Wege der ‚Person‘ und ihrer ‚Selbstfindung‘. S. 170.

[60] Ebd. S. 173.

[61] Vgl. ebd. S. 173.

[62] „Zu Beginn des Erzählzeitraums gegebene mindestens scheinbar selbstverständliche Grenzziehungen werden durch Metaereignisse getilgt und (im Regelfalle) durch andere Grenzziehungen ersetzt.“ (Titzmann: ‚Grenzziehung‘ vs. ‚Grenztilgung‘. S. 183) Ein Metaereignis transformiert und substituiert also das dargestellte System.

[63] Ebd. S. 197.

[64] Vgl. Titzmann: Das Konzept der ‚Person‘ und ihrer ‚Identität‘. S. 50.

[65] Vgl. Wünsch: Realismus (1850–1890). S. 246f.

[66] Vgl. Titzmann: ‚Grenzziehung‘ vs. ‚Grenztilgung‘. S. 202: „Die Literatur der Frühen Moderne tendiert in vielen Texten […] zu Protagonisten, die exzeptionelle, elitäre Subjekte sind, das heißt: positiv abweichend vom Durchschnitt, das heißt: nicht-‚normal‘, und sie begehen dementsprechend auch selbst gravierende Normverletzungen.“

[67] Doderer: Die Bresche. S. 132.

[68] Ähnlich hatte es schon Sacher-Masoch in „Venus im Pelz“ formuliert: „In der Leidenschaft des Mannes ruht die Macht des Weibes, und es versteht sie zu benützen, wenn der Mann sich nicht vorsieht. Der hat nur die Wahl, der Tyrann oder der Sklave des Weibes zu sein.“ (Sacher-Masoch: Venus im Pelz. S. 16)

[69] Martin Lindner erläutert die Entstehung dreier Frauenbilder in der Lebensideologie. Erstens: Die „ideale Frau als Synthese von Natur und Kultur“. Diese Art von Frau soll den Mann „an die Erde binden“, ihn jedoch gleichzeitig durch ihre Bindung an die Natur auf eine höhere Entwicklungsstufe heben: „Sie verkörpert das gemäßigte ‚Lebens‘-Konzept, verstanden als harmonische Einheit von Natur und Kultur, von Sexualität, Seele und Verstand, während der Mann zerrissen ist – einerseits selbstzweckhafte, triebhafte Sexualität und andererseits kalter Intellekt.“ Zweitens: Die „Frau als Verkörperung der elementaren Natur“ – das ‚Weib‘ als Verkörperung des ‚Lebens‘. Weiblichkeit wird in diesem Fall mit Triebhaftigkeit verbunden, die für den Mann entweder Bedrohung oder Chance bedeuten kann. Drittens: Das „Ideal der reinen, asexuellen Frau“, die das ganzheitliche Leben vor Einbruch der Sexualität verkörpert (Lindner: Leben in der Krise. S. 86f.).