Walahfrid Strabo: Vita sancti Galli

Das Leben des heiligen Gallus, übersetzt von Franziska Schnoor

Von Eileen EichstädterRSS-Newsfeed neuer Artikel von Eileen Eichstädter

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Mit dieser Ausgabe liegt uns nun erstmalig eine vollständige zweisprachige Fassung der Gallus Vita von Walahfrid Strabo vor. Sie unterteilt sich in zwei Bände. Dazu findet man im Anhang eine ausführliche Erklärung der jeweiligen Querverweise, sowie das Nachwort von Ernst Tremp, ergänzt durch einen kurzen Kommentar der Autorin Franziska Schnoor.

Das wurde auch Zeit, denn dadurch ist dieses kostbare Werk denjenigen unter uns zugänglich gemacht worden, die sich der mittelalterlichen Lateinkenntnis nicht rühmen können. Der Anspruch der Autorin, dem lateinischen Satzbau möglichst nahe zu kommen, ohne dabei allerdings eben genanntes Publikum aus dem Blick zu verlieren, ist ihr gelungen. Der Text ist sprachlich schön übertragen und gut lesbar. Die Sprache wird nicht total modernisiert, sie verliert nicht den Flair der mittelalterlichen Ausdrucksweise, doch ist sie so weit angepasst, dass man ihr ohne hohe Konzentration folgen kann. Auch altertümliche Ausdrücke und Alltagsbegriffe aus dem Mittelalter wie beispielsweise Messeinheiten werden in den Anmerkungen erklärt.

Es ist allerdings unabdingbar, das Nachwort und die Anmerkungen zur Ausgabe zu lesen. Das ist sowohl für diejenigen, die sich bereits mit der Thematik auseinandergesetzt haben als auch für Neueinsteiger ein absoluter Gewinn. Aufgrund des Umfangs kann natürlich nicht alles beabsichtigt werden, weshalb es wohl auch noch eine gute Ergänzung wäre, sich vor oder nach der Lektüre in einer kurzen Einführung in die Thematik mittelalterlicher Topografie sowie den geschichtlichen Hintergrund einzulesen. Gängige Begriffe wie die ‚peregrinatio‘ pro Christo’ sowie anderweitige hagiografische Stilmittel werden allerdings auch hier in den Anmerkungen erklärt.

Bei der Lektüre wird deutlich, inwieweit die Vita nicht nur von der Fassung Wettis sowie der Vita Vetustissima, sondern auch von der Columbanvita von Jonas von Susa abhängig ist. In diesem Zusammenhang leistet diese Übersetzung einen wichtigen Beitrag zur Forschung rund um Columban und der Entstehung des iro-fränkischen Mönchtums. Allein die ersten zehn Kapitel des ersten Buches widmen sich vor allem Columban, dem Lehrer Gallus, der ihn lebenslang prägt.

Dazu zahlt sich die gute Recherche der Autorin aus, denn in den Anmerkungen finden sich viele Datierungshilfen und Ortsangaben. Ihre Literaturhinweise sind sehr hilfreich, sie stützt sich unter anderem auf renommierte Forscher wie Michael Richter und Walter Berschin, die zu dieser Thematik bereits viel veröffentlicht haben.

Im Nachwort von Ernst Tremp finden wir allgemeine Informationen zur Entstehung der drei Viten sowie zu deren Autoren. Darunter auch Forschungsmeinungen zur Frage, ob die Abhängigkeit zur Columbanvita erst später oder schon in der ersten Fassung der Vita, die um 680, also circa 40 Jahre nach Gallus Tod verfasst worden sei, vorliegen. Für eine kritische Lesart der Vita ist also das Nachwort als Hintergrundinformation unabkömmlich. Der Übersetzerin sowie Tremp gelingt eine sehr gute Zusammenarbeit, so dass man darauf hoffen kann, dass die im Mittelalter weit verbreitetste Fassung der Gallus Vita von Strabo nun auch ihren rechtmäßigen Platz in der Forschungsliteratur findet.

Titelbild

Walahfrid Strabo: Vita sancti Galli / Das Leben des heiligen Gallus. Lateinisch / Deutsch.
Übersetzt aus dem Lateinischen von Franziska Schnoor.
Reclam Verlag, Stuttgart 2012.
239 Seiten, 7,80 EUR.
ISBN-13: 9783150189344

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