Schwer verdaulich

Über David Foster Wallaces „Schicksal, Zeit und Sprache. Über Willensfreiheit“

Von Roman HalfmannRSS-Newsfeed neuer Artikel von Roman Halfmann

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Der Inhalt dieses Buches wird die meisten Leser David Fosters Wallaces sicherlich überfordern: Es geht um die modallogische Auseinandersetzung mit Richard Taylors heiß diskutierten Text „Fatalismus“ aus dem Jahre 1962, dem Wallace 1985 eigene logische Operationen gegenüberstellt und auf diese Art zu beweisen trachtet, Taylors Einschätzung, nach welcher die Modallogik den Fatalismus belege, falsch seien.

Natürlich, Leser des 2008 verstorbenen Autors von „Infinite Jest“ oder dem postum herausgegebenen „The Pale King“ sind einiges gewohnt, doch dieser knappe, einer Magisterarbeit vergleichbare Text über den Fatalismus ist dann doch ein ganz anderes Kaliber: Hat man keine Kenntnisse modallogischer Operationen, ist man schnell aus dem Rennen und hat enorme Probleme, dem Kampf zu folgen, den Wallace hier für uns alle um die Willensfreiheit ausficht.

Aus diesem Grund sind dem Text einige einleitende Artikel hinzugefügt, unter anderem findet sich auch eine äußerst dürftige und unzureichende Einführung in die modallogischen Begrifflichkeiten: For Dummies sozusagen, und doch kann dies nur ein schlechter Scherz sein, denn natürlich reichen fünf Seiten keinesfalls aus, um dieses komplexe Feld auch nur annähernd verständlich zu machen. – Und selbstverständlich ahnen die Herausgeber auch, dass man hier einen eigentlich unverdaulichen Text feilbietet, weshalb man in jedem Artikel gleich mehrmals erwähnt, dass Wallace hier schon wesentliche Züge seines literarischen Werkes vorwegnehme und überhaupt die Lektüre gewisse philosophische Fragestellungen der Romane verständlicher werden lasse.

Allein, das stimmt eben nicht. Wie auch der beste Artikel des Bändchens zeigt: In „Herzrasen im Kopf. David Foster Wallace als Philosoph“ veranschaulicht James Ryerson ganz richtig die Verwobenheit der Literatur Wallaces mit der Philosophie Ludwig Wittensteins, doch eben nicht mit Richard Taylor oder der Problematik modallogisch zu falsifizierender Fatalismus-Debatten: Für den Studenten Wallace scheint mit Abgabe der philosophischen Arbeit dieses Thema in der Tat abgearbeitet zu sein.

Doch man freut sich ja letztlich über jeden Text von Wallace, der in Deutschland veröffentlicht wird, hätte aber lieber die vorzüglichen Essays übersetzt gesehen, beispielsweise den über die Porno-Industrie oder den erhellenden Bericht über die Wahlkampftournee McCains im Jahre 2000: Hier ist noch eine ganze Menge auf- und nachzuholen.

Titelbild

David Foster Wallace: Schicksal, Zeit und Sprache. Über Willensfreiheit.
Herausgegeben von Steven M. Cahn und Maureen Eckert.
Übersetzt aus dem Englischen von Frank Jakubzik.
Suhrkamp Verlag, Berlin 2012.
207 Seiten, 15,00 EUR.
ISBN-13: 9783518126530

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