Das vielleicht wichtigste Werk der Weltliteratur

Über eine umfassende Einführung in William Shakespeares „Hamlet

Von Manfred OrlickRSS-Newsfeed neuer Artikel von Manfred Orlick

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Unter den 38 Dramen und Komödien von William Shakespeare nimmt die Tragödie „Hamlet – Prinz von Dänemark“ eine Sonderstellung ein. Sie behandelt philosophische Probleme der menschlichen Existenz und ist zugleich ein äußerst populäres Stück. Darüber hinaus unterscheidet sie sich durch ihre Länge von den anderen Stücken. „Hamlet“ ist so lang, dass es als einziges Shakespeare-Drama auf der elisabethanischen Bühne nicht spielbar war. Das wichtigste Merkmal ist jedoch, dass Shakespeare hier den Menschen an der Schwelle zur Neuzeit auf die Bühne stellt, der in einer Person konzentriert wird. Das Stück ist bis heute der Klassiker par excellence.

Die Vielzahl der Publikationen und Interpretationen ist kaum überschaubar. Nun ein gewichtiger Reclam-Band mit 720 Seiten, der nach dreißig Jahren (damals zweibändig) zum diesjährigen Shakespeare-Jubiläum (450. Geburtstag) eine gekürzte Neuauflage erlebt. Die umfangreiche Ausgabe wurde von Holger Klein, Professor an der Universität Salzburg, herausgegeben, übersetzt und kommentiert.

Zunächst gibt Klein eine ausführliche Einführung in das Drama, wobei er unter anderem auf die weltweite Wirkung des Stückes und die Figurenaufstellung beziehungsweise die szenischen Konfigurationen im Dramenablauf eingeht. Es folgt der zweisprachige (englisch/deutsche Prosaübersetzung) Text der Tragödie. Es ist eine gelungene Übersetzung, die im Vergleich zur Erstausgabe mehrfach kritisch durchgesehen und verändert wurde. So wurde eine größere Nähe zum Original und eine bessere Lesbarkeit erreicht. Dennoch ist es etwas gewöhnungsbedürftig, dass selbst die berühmten Hamlet-Monologe in Prosa übertragen wurden. Es handelt sich jedoch um eine rhythmische Prosa.

Die erste Buchausgabe (Quarto Q1, 1603) von Shakespeares Drama war ein Raubdruck, 1604/05 folgte die autorisierte Ausgabe Q2 und 1623 erschien in einer Luxusausgabe (First Folio F1) aller Shakespeare-Dramen ein Hamlet-Text, der sich wesentlich von seinen beiden Vorgängern unterschied. Über die Herkunft, die Bestimmung und Qualität dieser drei unterschiedlichen Frühdrucke wird seit Jahrhunderten gestritten. In dem englisch/deutschen Textteil des Reclam-Bandes wird mit Fußnoten auf die Unterschiede der Hamlet-Versionen hingewiesen.

Der Kommentarteil wurde zur 1984er-Erstausgabe um fast sechzig Prozent gekürzt, was zu einer größeren Übersichtlichkeit führte. Die Kommentare ergänzen dabei nicht nur den Text, sondern auch das Variantenverzeichnis und die Übersetzung. Hier wird unter anderem auf besonders textkritische Probleme hingewiesen oder literarische und historische Anspielungen erläutert. Gelegentlich werden auch Übersetzungsalternativen angeführt. Außerdem gibt Klein hier für jede Szene Interpretationshinweise und macht auf die thematischen Bezüge innerhalb des Dramas aufmerksam.

Komplettiert wird diese „Hamlet“-Ausgabe durch eine umfangreiche Bibliografie (immerhin 23 Seiten), die auch neuere Forschungsliteratur mit einbezieht. Es handelt sich ausschließlich um vom Autor selbst gelesene und eingearbeitete Sekundärliteratur. Mit diesem opulenten Reclam-Band hat der Leser neben dem Originaltext und der deutschen Prosa-Übersetzung ein umfassendes Kompendium zu Shakespeares Meisterwerk zur Hand.

Titelbild

William Shakespeare: Hamlet. Englisch.
Reclam Verlag, Ditzingen 2014.
720 Seiten, 14,00 EUR.
ISBN-13: 9783150187005

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