Oslo ist ein Dorf

Torkil Damhaugs Thriller „Feuermann“ scheitert auf vielen Ebenen

Von Matthias FriedrichRSS-Newsfeed neuer Artikel von Matthias Friedrich

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Oslo 2003: Es kommt zu einer Serie von Brandanschlägen mit mehreren Toten. Gleichzeitig versucht der Abiturient Karsten, eine Beziehung zur Pakistanerin Jasmeen aufzubauen, wird aber dabei von deren Familie bedroht und gerät in die Fänge eines xenophobischen Geheimbunds. Er verschwindet spurlos. Acht Jahre später versuchen seine Schwester Synne und der Journalist Dan-Levi Jakobsen die Ereignisse aufzuklären, geraten dabei aber in höchste Gefahr.

Die grundlegende Struktur von Torkil Damhaugs neuem Roman „Feuermann“ ist variabel: Gestalten wie ein psychopathischer Pyromane, fremdenfeindliche Verschwörungstheoretiker und gewaltbereite Pakistanis bevölkern die Handlung.

Das Problem bei diesem Handlungskonstrukt ist die schiere Fülle an Konflikten. Einerseits sind bei Damhaug alle Figuren, die aus einem anderen Land als Norwegen stammen, kriminell, andererseits schildert er den „Feuermann“ psychologisch differenziert. Er neigt jedoch zeitweise zu billigen Psychologisierungen, legitimiert der „Feuermann“ doch seine Taten mit der Begründung, sie seien für ihn eine „verdammte Therapie“. Damhaug inszeniert zwar das Zusammentreffen zwischen Karsten und Jasmeen unter dem Vorzeichen des Unheils – was vor allem an den Gegensätzen zwischen Norwegen und Pakistan liegt – ist jedoch dabei kaum daran interessiert, anderes als Vorurteile zu bedienen.

Als wäre das noch nicht genug, taucht in einem nicht unwichtigen Subplot eine Wahrsagerin auf, die den Charakteren natürlich einen richtigen Blick in die Zukunft gewährt. Das verwandelt diesen Thriller in eine weitestgehend esoterische Klischeesammlung. Zufälle sind daher eine nette Idee, den Fall des Brandstifters zu lösen; ohnehin sind Damhaugs Charaktere entweder miteinander verwandt oder sie wohnen in unmittelbarer Nähe zueinander. Das Tempo der Handlung erhöht sich damit beträchtlich, verwandelt die Metropole Oslo aber in ein Dorf, in dem jeder jeden kennt (und einer alle umbringt). Die Konstruktion des Thrillers ist deshalb nicht seine Stärke, sondern der Grund, warum er trotz gekonnter Streuung falscher Fährten und eines hohen Spannungsfaktors misslingt.

Titelbild

Torkil Damhaug: Feuermann. Roman.
Übersetzt aus dem Norwegischen von Knut Krüger.
Knaur Taschenbuch Verlag, München 2014.
640 Seiten, 9,99 EUR.
ISBN-13: 9783426505809

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