Lauter Klischees

Giovanni Cocco und Amneris Magella schreiben einen Krimi der Kategorie Dutzendware

Von Georg PatzerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Georg Patzer

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Eine einsame Hütte am Comer See. Bei Bauarbeiten wird dort ein Mensch mit zwei Kugeln im Kopf gefunden. Niemand weiß, wer es ist, denn er liegt dort schon seit über 50 Jahren. Kommissarin Stefania Valentia ermittelt.

Italienkrimis scheinen heute eine sichere Sache zu sein. Spätestens nach dem durchschlagenden Erfolg von Camilleri und Donna Leon wirft jeder Verlag Kriminalromane auf den Markt, die in bella Italia spielen, in denen ermittelt und vor allem gut gegessen wird. Das meiste ist Mittelmaß, mit der flotten Nadel gestrickt.

So auch „Die Toten der Villa Cappelletti“ vom Autorenpaar Giovanni Cocco und Amneris Magella. Sie setzen auf eine schöne und attraktive Heldin, die selbstbewusst und alleinerziehend ist. Abermals stehen das italienische Essen und die schöne Landschaft im Mittelpunkt. Lauter Klischees. Manchmal kommt es einem so vor, als wenn der örtliche Fremdenverkehrsverein das Buch bestellt hat. Vor allem wenn die Autoren den Reiseführer spielen: „Stefania nahm die untere Straße […]. Beim Grandhotel von Moltrasio hielt sie an und trank gegenüber im Café Vecchina einen Tee. Ganz in der Nähe tuckerte die Lario, einer der größten Fähren der Schifffahrtsgesellschaft, über den See.“ Und als sie weiterfährt, lenkt sie „das Auto in Richtung Villa Regina, die sich an der Ortsgrenze zwischen Ossuccio und Lenno erhob. Comacina, die einzige Insel auf dem See, lag gegenüber.“ So geht das halbseitenweise.

Auch die Idee, einen Todesfall in die wirre Zeit am Ende des Zweiten Weltkriegs anzusiedeln, ist nicht gerade neu. Gerade in Italien, wo die Widerstandsbewegung schöne Erfolge vorweisen konnte, wo Katholiken, Kommunisten und Faschisten immer wieder in neuen Konstellationen aufeinanderprallten, wo deutsche Besatzer und amerikanische Befreier eine große Rolle spielten, Schmuggler, Deserteure und Verfolgte, hat das durchaus Spannungspotential.

In diesem Roman aber verläppert die Geschichte immer wieder, verknäult sich in allzu vielen Personen, die auftauchen und dann wieder verschwinden, mäandert zwischen den Liebesgeschichten, der Familiengeschichte der Cappellettis, auf deren Grund die Hütte steht, und der Ermittlungsarbeit hin und her. Der Spannungsbogen kommt zwischendurch immer mal wieder komplett abhanden, am Schluss wird er etwas stringenter aufgenommen.

Auch die persönlichen Schicksale und Gefühle fehlen nicht, denn natürlich ist Valentis Kollege Giulio Allevi in sie verliebt und sie in den Vermessungstechniker und Umweltschützer Luca Valli. Und so platt wie das hier nacherzählt ist, ist es leider auch geschrieben: Es gibt keine Überraschungen, es wimmelt von sprachlichen Plattitüden, und auch der Kitsch ist nicht allzu fern: „Sie fühlte ihr Herz schlagen. Es war eine angenehme, aber sehr ungewohnte Empfindung“, heißt es, als Valli ihr einmal eine Zigarette anbietet, die er eben noch selbst im Mund gehabt hat. Man kann sich die Lektüre dieses Krimis getrost sparen.

Titelbild

Giovanni Cocco / Amneris Magella: Die Toten der Villa Cappelletti. Kriminalroman.
Übersetzt von Anette Kopetzki und Dorothea Dieckmann.
Rowohlt Verlag, Reinbek 2014.
318 Seiten, 14,99 EUR.
ISBN-13: 9783499233982

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