Empfohlene Fortsetzung

Fortschritte der Günther-Ausgabe

Von Andreas SolbachRSS-Newsfeed neuer Artikel von Andreas Solbach

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Johann Christian Günther, der zu Lebzeiten geschmähte und vom Unglück verfolgte Dichter, hat wie kaum ein anderer Autor des 17. und frühen 18. Jahrhunderts in seinem Nachleben und vor allem in der wissenschaftlichen Bemühung um sein Werk außerordentliches Glück. Noch im 18. Jahrhundert erscheinen zahlreiche (Teil-)Ausgaben seiner Werke, und er bleibt lange Zeit den Nachgeborenen ein zugleich warnendes und verführerisches Beispiel für einen unangepassten aber selbstzerstörerischen Dichterstolz, der sich im Laufe der folgenden Jahrhunderte zu romanhaften falschen Stereotypen verdichtete. Tatsächlich aber sind seine Schriften in den letzten dreihundert Jahren in zahllosen Einzel- und Sammelausgaben verbreitet worden und allein in den letzten hundert Jahren hat es drei große, mit kritischem Anspruch auftretende Ausgaben seiner Werke gegeben. Von derartigen Bemühungen dürfen Autoren wie Georg Rodolf Weckherlin, Paul Fleming oder etwa Catharina Regina von Greiffenberg nur träumen. Während die beiden Letztgenannten bis auf den heutigen Tag fast ausschließlich in Nachdrucken überlebt haben, ist Weckherlins Werk wenigstens einmal im 19. Jahrhundert mit kritischem Anspruch ediert worden (eine Edition, die gerade erneut als Nachdruck faute de mieux bei Olms erschienen ist).

Reiner Bölhoff, der bereits die vorzügliche Auswahlausgabe von Günthers Gedichten im Deutschen Klassiker Verlag herausgegeben hat, legt die Folgebände 2 und 3 von 1715 bis 1719 und 1719 bis 1721 seiner großangelegten textkritischen Werkausgabe vor. Wie schon im ersten Band folgt er mit Variationen der grundlegenden Gattungsgliederung in mehrere Abteilungen: religiöse Dichtungen, Dichtungen für die Respublica Litteraria und erotische Dichtungen (Band 2), denen sich in Band 3 noch Notizen und Entwürfe zugesellen. Je nach Textkorpus variieren die Gruppeninhalte von Band zu Band in geringfügigem Maße: So findet sich in Band 3 keine Kategorie „Poetologische Dichtungen“ und in Band 2 firmieren unter den erotischen Dichtungen auch Hochzeitsgedichte.

Die editorische Arbeit von Bölhoff setzt die Maßstäbe des ersten Bandes dieser Ausgabe nahtlos fort; sie darf als vorbildlich und bislang, was Günther angeht, als unerreicht gelten. Mit diesen beiden Bänden — und dem jüngst erschienenen vierten Band — darf die Günther-Ausgabe von Reiner Bölhoff als bedeutendste editorische Leistung in der Günther-Philologie gelten und sich an die Seite anderer Großunternehmen wie etwa der kritischen Opitz-Ausgabe stellen lassen. Angesichts der Preisgestaltung allerdings (für alle Bände sind um die 1000 Euro fällig) wird der geneigte Leser wohl eher auf die Auswahlausgabe zu Lesezwecken zurückgreifen und aus der kritischen Ausgabe zitieren.

Ein Beitrag aus der Redaktion Gegenwartskulturen der Universität Duisburg-Essen

Titelbild

Johann Christian Günther: Textkritische Werkausgabe. Bd. 2: Dichtungen der Universitätsjahre 1715 – 1719.
Herausgegeben von Reiner Bölhoff.
De Gruyter, Berlin 2013.
948 Seiten, 229,00 EUR.
ISBN-13: 9783110295191

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Titelbild

Johann Christian Günther: Textkritische Werkausgabe. Bd. 3: Dichtungen der ersten Wanderjahre 1719-1721.
Herausgegeben von Reiner Bölhoff.
De Gruyter, Berlin 2014.
533 Seiten, 249,00 EUR.
ISBN-13: 9783110295207

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