Reise mit Hindernissen

Kurze Anmerkungen zur Edition von Christian August Vulpius’ „Fernando und Kaliste“

Von Thomas NeumannRSS-Newsfeed neuer Artikel von Thomas Neumann

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Christian August Vulpius (1762–1827) ist als Unterhaltungsschriftsteller und Schwager von Johann Wolfgang von Goethe bekannt. Ab 1797 in Weimar tätig, verkörpert er den Typus des Lohnschriftstellers, der schnelle Unterhaltungsliteratur für ein neues, lesendes Publikum produziert und damit seine Familie als „freier“ Autor unterhält. Am bekanntesten ist zweifelsohne sein Roman über einen gesetzlosen Helden mit dem Namen „Rinaldo Rinaldini, der Räuberhauptmann“ (1799). Der Roman war kommerziell sehr erfolgreich und in vielen Leihbibliotheken Anfang des 19. Jahrhunderts verbreitet. Er begründete letztendlich auch Vulpiusʼ Popularität.

Der vorliegende Roman „Fernando und Kaliste“, bereits im Jahr 1792 entstanden, enthält vordergründig die Abenteuergeschichte des spanischen Edelmanns Fernando, der sich auf die Suche nach seiner Geliebten Kaliste begibt, um sie aus den Händen ihrer Entführer zu befreien. Vulpius lässt den Protagonisten Fernando siebenmaligen Schiffbruch erleiden, führt ihn durch verschiedene Königreiche, bis er letztendlich seine Intention in die Tat umsetzen kann. Fast wie nebenbei breitet der Autor dabei einen umfangreichen Schatz an „mythologischem, historischem, ethnologischem, theologischem und geographischem Wissen“ aus. Dieses enzyklopädische Wissen hat er sich bei seiner Arbeit als Buchhändler und als Registrator und Bibliothekssekretär in der Weimarer Bibliothek angeeignet und präsentierte es in späteren Jahren unterhaltsam unter anderem in seinen „Curiositäten“ (1811-23).

„Fernando und Kaliste“ besticht vor allem durch die literarische Experimentierfreude, die Vulpius an den Tag legt. Dabei wird eine gewisse Ironie deutlich, die letztendlich eine Parodie des eigenen Genres ist. Insofern kann der Roman nutzbringend als eine „Vorstudie“ zur Prosa der Romantik gelesen werden, bleibt aber vor allem ein kurzweiliger Unterhaltungsroman. Bei der vorliegenden Edition hat man erfreulicherweise auf orthographische Angleichungen und Vereinheitlichungen verzichtet. Nicht so praktisch erscheint der Abschnitt „Stellenerläuterungen“, in dem die Erklärungen nur mit Seitenzahlen versehen wurden. Hier wäre ein Zeilenzähler für die Benutzerfreundlichkeit sinnvoll gewesen. Darüber hinaus wurde dem Band noch ein erhellendes Nachwort vom Herausgeber beigegeben – falls man noch weitere Informationen zu dem Roman von Vulpius benötigt. Zusammenfassend ein schönes kleines Bändchen, schnell zu lesen und unterhaltsam durch die teilweise sehr humorvolle Schilderung der unterschiedlichen, durchaus lebensgefährlichen Lebenssituationen, in die der Protagonist gerät.

Titelbild

Christian August Vulpius: Fernando und Kaliste. Ein Spanischer Roman.
Mit einem Nachwort herausgegeben von Julian Ingelmann.
Wehrhahn Verlag, Hannover 2015.
133 Seiten, 12,80 EUR.
ISBN-13: 9783865253859

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