Die Heldenreise des John Trenchard

„Moonfleet“: Über eine Neuauflage des leider kaum bekannten Abenteuerromans von J. Meade Falkner

Von Julian KöckRSS-Newsfeed neuer Artikel von Julian Köck

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

In Deutschland ist J. Meade Falkners Klassiker Moonfleet nahezu unbekannt. Während sich der englische Falkner-Liebhaber an Verfilmungen, unter anderen einer von Fritz Lang, zahlreichen Auflagen und – so er denn möchte – Chris de Burghs Moonfleet-Konzeptalbum delektieren kann, mussten sich deutsche Leser bisher mit antiquarisch zu beziehenden Auflagen begnügen. Es ist also an der Zeit für eine neue, deutsche Auflage des Buchs, die der Liebeskind Verlag aus München vorzüglich besorgt hat. Der Band ist ästhetisch anspruchsvoll verarbeitet und gesetzt, die sprachliche Übertragung von Michael Kleeberg überaus gelungen. Sie verströmt den Charme, den die Abenteuergeschichte auch im Englischen ausmacht, zumal die englischen Orts- und Gebäudenamen unübersetzt bleiben. Lediglich der Anglizismus „Sinn machen“ wirkt etwas fehl am Platze.

Die Geschichte handelt von John Trenchard, einem 15-jährigen Waisenjungen, der im England des 18. Jahrhunderts ein zuerst ereignisloses Leben führt. Er lebt bei seiner Tante im Küstendorf Moonfleet, einem Fischer- und Schmugglernest. Während er sehnsüchtig das Meer vom Friedhof des Dorfes aus betrachtet, entdeckt er einen Geheimgang hinab in die Gruft der Monhunes, einem ausgestorbenem Adelsgeschlecht, nach dem der Ort benannt ist. Der letzte Abkömmling der Monhunes soll einen gewaltigen Diamanten durch Verrat am König erworben und anschließend versteckt haben. John überwindet seine Angst vor Gespenstern und macht sich auf die Schatzsuche. Damit ist der Ausgangspunkt für die Abenteuergeschichte gefunden, die den Protagonisten auf den Grund eines Brunnens, in eine niederländische Strafeinrichtung, auf ein im Sturm berstendes Schiff und derlei Orte mehr führen wird.

Die Handlung wird linear und ohne größere Einschübe erzählt. Dem Polyhistor Falkner gelingt es, ein lebendiges Bild des damaligen Englands zu entwerfen. Deutlich wird beispielsweise, dass die Küstenbevölkerung häufig vom Alkohol- und Teeschmuggel lebte. Ein Großteil des Teeimports der Länder Festlandeuropas diente – am Rande bemerkt – dem Schmuggel nach Großbritannien. Entsprechend feindselig reagierte die Küstenbevölkerung auf Zöllner und engagierte Beamte, die im Roman in Gestalt des Friedenrichters Maskew und seiner Gehilfen vorkommen. Ausgerechnet in die Tochter des verhassten Maskews ist John verliebt. Diese Liebesbeziehung und Johns Verhältnis zu Elzevir Block, der seinen Sohn durch Maskew verloren hat, ergänzen die Abenteuergeschichte um eine persönliche Ebene.

Während John den Diamanten sucht, wird ihm zunehmend klar, worin die wahren Werte im Leben bestehen. Dass diese Erkenntnis nicht ohne Preis zu gewinnen ist, dürfte keinen Kenner viktorianischer Literatur wundern. Es ist zu hoffen, dass die Heldenreise des John Trenchard viele Leser finden wird.

Titelbild

John Meade Falkner: Moonfleet. Roman.
Übersetzt aus dem Englischen von Michael Kleeberg.
Liebeskind Verlagsbuchhandlung, München 2016.
351 Seiten, 24,00 EUR.
ISBN-13: 9783954380596

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