Das Universum ist ganz nah

Sid Hites philosophisch-komisch-romantischer Jugendroman "Cecil springt ins Universum"

Von Ingeborg GleichaufRSS-Newsfeed neuer Artikel von Ingeborg Gleichauf

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Eines scheinen amerikanische Kleinstädte mit unseren gemeinsam zu haben: Es passiert einfach nichts und man geht als Jugendlicher vor Langeweile fast ein. Vielleicht aber entsteht dieser Eindruck öder Einförmigkeit auch dadurch, dass man einfach nicht die wirklich entscheidenden Dinge in den Blick nimmt.

Cecil, der Ich-Erzähler in Sid Hites Geschichte vom "Sprung ins Universum", lebt in Bricksburg, Virginia. Cecil ist siebzehn und immer noch ist nichts geschehen, was ihn aus dem Alltagstrott herausgerissen hätte. Nicht einmal mit dem Führerschein hat es bisher geklappt. Stattdessen schwärmt er für das unerreichbare Dorfmodel, hat eine Tante in der Psychiatrie, die ihren Neffen für einen Astronauten hält und träumt davon, später einmal Schriftsteller zu werden. Schreiben hat allerdings einen Vorteil: Wenigstens die Phantasie bleibt, wenn es mit der Wirklichkeit hapert, und dass Phantasie überhaupt das Organ ist, mit dem das ganze Spektrum der Realität am besten zu erfassen ist, hat schon Albert Einstein gesagt, der ja erwiesenermaßen ein genialer Mann war. Cecil jedenfalls lebt nach diesem Motto und fährt nicht schlecht damit. Sein Leben wird immer farbiger und was er aufs Papier bringt, ist ungeheuer spannend, ein Gemisch aus knallharter Reflexion und witziger Spielerei, aufklärerisch und romantisch in einem.

"Die Gedanken sind ein unberechenbarer Bär. Nichtige Gefühle sind seine Klauen." Wenn das keine große Philosophie ist und dennoch mit Händen zu greifen! Cecil erlebt es immer wieder, wie seine Gedanken aufgrund von Gefühlen, die er später als unbedeutend ansehen muss, in merkwürdige Bahnen gelenkt werden, weitab von dem, was sich an Wunderbarem ganz in seiner Nähe zuträgt. Zwar ist die Erde eine Winzigkeit, wenn man in kosmischen Dimensionen denkt, und doch tummelt sich selbst in einem Kaff wie Bricksburg das ganze Universum, man muss nur hineinspringen wie Cecil. Ein Buch für mutige Jungs also, aber auch für all die Mädchen, die bisher noch nicht das Glück hatten, einem solchen Jungen zu begegnen. Dieses Exemplar ist ein Traumboy der ganz besonderen Art, über den hier längst nicht alles gesagt wurde.

Mit dieser sensiblen und geistreichen Geschichte ist Sid Hite ein Volltreffer geglückt, ein Philosophier-, Lach- und Trostbuch nicht nur für Jugendliche. Der Autor aus dem Norden des Bundesstaates New York beweist damit: Auch die Potter-freie literarische Szene hat Enormes zu bieten!

Titelbild

Sid Hite: Cecil springt ins Universum. Roman.
Übersetzt aus dem Amerikanischen von Sylke Hachmeister.
Fischer Sauerländer, Aarau 2001.
160 Seiten, 13,70 EUR.
ISBN-10: 3794147227

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