Ein Leben als Nonne ist nicht jederfraus Sache

Michaela Diers' zweischneidiges Portrait über Bettine von Arnim

Von Andrea EssigRSS-Newsfeed neuer Artikel von Andrea Essig

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Den Umschlag ziert ein Portrait aus dem Jahre 1890. Das Gemälde, einer zeitgenössischen Miniatur nachempfunden, zeigt die junge Bettine von Arnim in einen gelben Umhang gehüllt. Gedankenverloren blickt sie in die Ferne. Michaela Diers, Historikerin und Literaturwissenschaftlerin aus Mannheim, versucht dem Leben der Romantikerin auf die Spur zu kommen. In der Reihe dtv-portrait veröffentlichte sie jetzt einen Band zu Bettine von Arnim.

Erst 1835, im Alter von 50 Jahren, veröffentlicht Bettine von Arnim ihr erstes Buch "Goethes Briefwechsel mit einem Kinde". Neben ihrer Arbeit als Schriftstellerin gehört sie zu den emanzipierten und politisch aktiven Frauen ihrer Zeit. Auch gesellschaftlich verkehrt die Enkelin der Sophie von La Roche in den besten Kreisen. Geschickt vereint Michaela Diers die verschiedenen Aspekte im Leben der Bettine von Arnim: das Elternhaus, die Freundschaft zu Karoline von Günderode, das Verhältnis zu ihren Kindern und natürlich das schriftstellerische Werk einer beeindruckenden Frau. In typischer dtv-portrait-Manier wird dabei der Text durch zahlreiche Bilddokumente und Zitate begleitet: Zeittafel und Personenregister am Ende, Bibliographie, übersichtliche Kapitel. - Das Buch weist die üblichen Qualitätsmerkmale der Monographienreihe auf.

Allerdings stört der häufige Wechsel im Ton. Doziert die Autorin an einer Stelle langweilig über den wissenschaftlichen Stand der Bettine-Forschung, erklärt sie an anderer Stelle: "Romantik steht heute für Gefühl, weswegen sich Besucher der Verfilmung einer romantischen Liebesgeschichte vorsorglich mit einem Päckchen Taschentücher rüsten sollten." Ein "Leben als Nonne ist nicht jederfraus Sache" erfährt der Leser und sieht sich spätestens nach dem Kapitel "Die Klettermaxin" in eine Diskussion über (pseudo-)feministischen Sprachgebrauch verwickelt. Das ist schade, weil die teilweise geradezu alberne Imitation des Stils den Qualitäten einer Bettine von Arnim nicht gerecht werden kann: "Der Berg ruft, sagt man, doch ist es nicht in Wahrheit der Ruf nach Freiheit, der in die Höhe treibt? Die Klettermaxin jedenfalls verlässt nicht nur den realen Boden, sondern auch den Boden der Wirklichkeit und trotzt kletternd einer Realität, in die sie eingebunden werden soll."

Für Michaela Diers wäre es ratsam, sich auf solides Handwerk zu verlassen, das sie zweifellos beherrscht, anstatt sich selber als Dichterin zu versuchen.

Titelbild

Michaela Diers: Bettine von Arnim.
dtv Verlag, München 2001.
160 Seiten, 10,00 EUR.
ISBN-10: 3423310529

Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch