Über Wendelin Schmidt-Denglers Nestroy-Monographie "Die Launen des Glücks"

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

"Wenn ich deprimiert war oder wenn es mir schlecht ging, haben mir zwei Schriftsteller geholfen: Johann Nestroy und - Thomas Bernhard." Über Letzteren hat der österreichische Literaturwissenschaftler Wendelin Schmidt-Dengler bereits 1986 eine Studie veröffentlicht; pünktlich zum 200. Geburtstag widmet er sich nun seinem anderen 'Lebenshelfer'. Mit seinem Essay "Nestroy. Die Launen des Glücks" löst er sich allerdings schnell von bloßen subjektiven Vorlieben und betrachtet das Werk des Wiener Schauspielers und Dramatikers analytisch.

Bevor sich Schmidt-Dengler einzelnen Stücken zuwendet, gibt er einen kurzen Überblick über die Nestroy-Rezeption in der Literaturgeschichte. Dort hatte es der Schriftsteller zu Beginn des 20. Jahrhunderts schwer. Als "naiv und geschmacklos" wurde er abgekanzelt oder komplett ignoriert. Karl Kraus war einer der ersten, der dieser Auffassung mit seiner 1912 erschienenen Schrift "Nestroy und die Nachwelt" etwas entgegensetzte.

Mittlerweile ist die Bedeutung Johann Nepomuk Nestroys für die Literatur wie die Literaturwissenschaft unumstritten, so dass Schmidt-Dengler mit seinem Buch keine Pionierarbeit mehr leisten muss. Er will keine einheitlichen Gesamtaussagen treffen, vielmehr "in die Richtungen blicken, in die das Werk auseinanderstiebt". Schmidt-Dengler betrachtet so nicht nur kanonisierte Stücke wie "Der böse Geist Lumpazivagabundus oder Das liederliche Kleeblatt", sondern auch frühe und weniger beachtete Parodien wie "Der gefühlvolle Kerckermeister oder Adelheid die verfolgte Wittib". Das Ergebnis ist eine durchaus lesenswerte Monographie, die einen guten Einblick in die Vielfalt des Nestroy'schen Werken liefert.

J.L.

Titelbild

Wendelin Schmidt-Dengler: Nestroy. Die Launen des Glückes.
Paul Zsolnay Verlag, Wien 2001.
130 Seiten, 16,40 EUR.
ISBN-10: 3552051732

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