Comandante Hemingway?

Leo Burghardt und Klaus Huhn über Hemingway in Kuba

Von André SchwarzRSS-Newsfeed neuer Artikel von André Schwarz

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Über das Verhältnis des Nobelpreisträgers Ernest Hemingway zu den "barbudos", den Revolutionären um Fidel Castro, herrschte bisher ungewöhnliche Einigkeit. Hemingway lebte zur Zeit der Regierungsübernahme Castros in dem kleinen Örtchen San Francisco de Paula am Rande von Havanna auf seiner Finca "La Vigia" und verließ sie 1960 für immer. Der Grund: Seine strikt antikommunistische Einstellung. Er wollte sich nicht mit den neuen Herrschern arrangieren und fühlte sich durch den Antiamerikanismus im Lande bedroht.

Dass Hemingway mehr Sympathien für Kuba empfand als bislang bekannt, dies wollen Leo Burghardt und Klaus Huhn mit "Hemingway und Kuba" zeigen. Schon während des spanischen Bürgerkrieges unterstützte Hemingway die republikanischen Kräfte in Madrid durch Spenden und Solidaritätsaktionen und scheute sich auch nicht, mit Kommunisten zusammenzuarbeiten. Auch hielt er regen Kontakt zu Schriftstellern und Intellektuellen aus der Sowjetunion - für Antikommunismus spricht das nicht. Die These basiert auch auf einer relativ unbekannten Kurzgeschichte, "Niemand stirbt wirklich - weil Größe und Treue und Wahrheit eines jeden Lebens weiterleben", die Hemingway im Frühjahr 1939 in "La Vigia" schrieb. Die Geschichte spielt am Rande eines Villenviertels von Havanna zur Zeit der Machtübernahme von Fulgenico Batista: Ein aus dem Spanienkrieg heimgekehrter kubanischer Kommunist namens Enrique muss sich vor der Polizei und Batistas Soldaten verstecken. Er findet in einem Haus am Strand Unterschlupf und wird dort von der Genossin Maria versorgt, die auch seine Geliebte ist. Als die Polizei das Haus umstellt und beide fliehen wollen wird Enrique erschossen, Maria fällt der Polizei in die Hände. Die Geschichte wird von den einschlägigen Hemingway-Biographien als belanglos eingestuft, wohl deshalb, weil sie der Mythisierung eines großen Amerikaners im Wege steht. Sie zeigt, dass der Schriftsteller die Zustände und Verhältnisse vor Ort genau kannte und dass er "erhebliche Sympathie für diejenigen empfand, die gegen die Diktatur kämpften". Mittels Geldspenden unterstützte er zu dieser Zeit auch die kommunistische Partei Kubas.

Die Revolution fand in Hemingway einen Sympathisanten. Anlässlich seines letzten Besuches auf der Insel kam es bei seiner Ankunft zu einem "Zwischenfall" wie aus einem FBI-Bericht hervorgeht: Hemingway brachte sein Wohlwollen über die Revolution zum Ausdruck und wünschte sich, das kubanische Volk würde ihn nicht als "Yanqui", sondern als Kubaner ansehen. "Bei diesen Worten", so notierte der FBI-Agent, "küsste er die kubanische Flagge". Von einer strikt antikommunistischen Haltung also wiederum keine Spur.

Burghardt und Huhn schaffen es tatsächlich, der herrschenden Meinung über Hemingways Haltung zu Kuba und zur kubanischen Revolution den Boden zu entziehen; und mit zwar recht wenigen, dafür aber doch aussagekräftigen Beweisen seine wahre Haltung zu seiner "zweiten Heimat" darzulegen. Ein lesenswerter und wohltuend anderer Blick auf einen bedeutenden Teil des Lebens von Ernest Hemingway.

Titelbild

Leo Burghardt / Klaus Huhn: Hemingway und Kuba.
Spotless Verlag, Berlin 2001.
96 Seiten, 5,00 EUR.
ISBN-10: 3933544491

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