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Vorbildliche Goethe Chronik

Von Ursula HomannRSS-Newsfeed neuer Artikel von Ursula Homann

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Als ich unlängst einen Goethe-Experten nach einer guten Goethe-Biografie fragte, die keine Wünsche offen lässt, erhielt ich zur Antwort: Besorgen sie sich eine gute Chronik und sie haben alle wichtigen Daten und Zusammenhänge im Überblick ohne verfälschende Interpretationen, denn Biografien eignen sich nur selten zum raschen Auffinden einzelner Fakten oder Daten. Voilà, hier ist sie - die vorbildliche Goethe-Chronik, die einen hervorragenden Überblick über Goethes Leben und Werk vermittelt und mit der sich gut arbeiten lässt.

Rose Unterberger, viele Jahre lang Redakteurin des "Goethe-Wörterbuchs" und Mitherausgeberin der Goethe-Ausgabe des Deutschen Klassiker-Verlags, hat detailliert, nahezu Tag für Tag, Goethes Leben und die Enstehung seiner Werke aufgezeichnet, mit genauen Angaben zur Zeitgeschichte und zu den Publikationen der Zeitgenossen. Das Ganze ist übersichtlich gegliedert in parallele Rubriken zu Ort, Zeit, Leben und Werk. Für die gezielte Suche nach bestimmten Personen, Orten, Werken oder Stichwörtern gibt es am Schluss des Bandes ausführliche Register und Verzeichnisse.

Die Chronik beginnt (wie könnte es anders sein) mit Goethes Geburt und seiner lutherischen Taufe einen Tag später, am 29. August 1749. Für das Jahr 1755 ist unter anderem das Erdbeben von Lissabon vermerkt, das auf den Knaben Goethe einen bleibenden Eindruck gemacht und ihm viel Stoff zum Nachdenken gegeben hat. Goethes erste Bekanntschaft mit der Bibel ist unter dem 30. September 1765 ebenfalls festgehalten.

So erhält man eine genaue Übersicht über Goethes Kindheit und Jugend in Frankfurt. Es folgt das Studium in Leipzig, der Einfluss des Pietismus auf den erkrankten Goethe, Straßburg, erneute Rückkehr nach Frankfurt Mitte August 1771. Goethes Rezension über "Gedichte von einem Polnischen Juden" im Jahr 1772 wird erwähnt, ebenso seine Reisen an die Lahn, an den Rhein und in die Schweiz, der Aufbruch nach Weimar, seine Freundschaft mit Frau von Stein und später mit Schiller und vieles andere mehr. "Heute hab ich endlich das sechste Buch (von ,Wilhelm Meisters Theatralische Sendung') geendigt", schrieb Goethe am 11. November 1786 an Frau von Stein.

Man erfährt wann, wo und wie Goethe Lotte kennen lernte, wo er Napoleon traf, wann er Christiane Vulpius geheiratet hat, wann er den "Werther" schrieb, wann den "Faust" und andere Bücher, und wie lange seine Italien-Reisen dauerten. Goethes Treffen mit Felix Mendelssohn-Bartholdy haben hier gleichfalls ihren Niederschlag gefunden.

Den letzten Eintrag in sein Tagebuch machte Goethe am 15. März 1832: "Den ganzen Tag wegen Unwohlseyn im Bette zugebracht." Sechs Tage später hauchte er sein Leben aus. Mit Gewinn und Vergnügen durchwandert man Goethes Leben sowie die geistigen Landschaften seiner Epoche und hat sich, ehe man es sich versieht, schnell fest gelesen. Kurzum: Rose Unterbergers ausführliche und handliche Goethe-Chronik eignet sich sowohl zum schnellen Nachschlagen als auch zur durchgehenden Lektüre.

Titelbild

Rose Unterberger: Die Goethe-Chronik.
Insel Verlag, Frankfurt a. M. 2002.
555 Seiten, 38,00 EUR.
ISBN-10: 3458171002

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