Vom Lachen und vom Weinen

Frank Goosens Roman über den Versuch, eine Freundschaft zu retten

Von Alexandra HelmsRSS-Newsfeed neuer Artikel von Alexandra Helms

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Der Komiker Friedrich Pokorny kehrt von einer längeren Tournee zurück nach Hause, als ihn ein Brief erreicht, der alte Wunden wieder aufreißt. Der Absender ist Thomas Zacher mit dem Pokorny eine lange Freundschaft verband, die aber durch den Tod einer von beiden geliebten Person schlagartig endete. Die Freunde beschuldigen sich gegenseitig, den Unfall verursacht zu haben und brechen jeden Kontakt zueinander ab, bis Friedrich Pokorny eben jene Einladung bekommt, die er auf keinen Fall annehmen will.

Mit dieser Exposition lässt Goosen seinen Protagonisten Pokorny die Vergangenheit Revue passieren, und so erfährt man die ganze Geschichte einer langen Freundschaft. Friedrich, den alle nur den Sohn vom Klüngelskerl nennen, weil sein Vater einen Schrottplatz besitzt, hat Freundschaft mit Thomas Zacher geschlossen, als dieser ihn - leider vergeblich - vor Prügeln zu schützen versuchte. Seitdem machen sie alles zusammen: Thomas, ein guter Schüler, hilft Friedrich bei den Hausaufgaben, und Friedrich bietet Thomas ein kleines Stück heile Welt, weil der sich zu Hause bei seiner alkoholkranken Mutter mit ihren ständig wechselnden Männern keine Kindheit erlauben darf. Zwar haben beide in der Schule immer eine Außenseiterrolle, aber das macht ihnen nichts, weil sie zu zweit sind. Ihr Spielplatz ist die Autoverwertung von Friedrichs Vater und dieser Schrottplatz birgt darüber hinaus eine ganz besondere Attraktion, einen amerikanischen Straßenkreuzer, einen pinken Cadillac von 1957. Um diesen Wagen hat Friedrichs Vater einen Käfig gebaut, um das intakte Gefährt vor neidischen Blicken und Zerstörung zu schützen. Die beiden Jungen bestaunen das Auto ehrfürchtig, zu ihm kehren sie immer wieder zurück: Der frühe Tod von Friedrichs Mutter wird dort beweint, der erste Liebeskummer ausgestanden, das Abitur gefeiert und die Entscheidung zum Studium getroffen. Die Jungen entwickeln sich zu Männern und der Cadillac bleibt ihr gemeinsames Geheimnis, ihre Kontinuität.

Im Studium gehen Thomas und Friedrich unterschiedliche Wege. Der eine studiert zielstrebig, während der andere abbricht und Komiker wird. Rivalen werden sie, als sich beide in dieselbe Frau verlieben. Als sie ums Leben kommt, wird aus der Rivalität Hass.

In der erzählerischen Gegenwart angekommen, unternehmen Friedrich und Thomas den Versuch, sich wieder näher zu kommen. Sie werden aber die Erinnerung nicht los und können sich nicht verzeihen, was Jahre zuvor geschah. Selbst eine Fahrt in dem pinken Cadillac bringt Friedrich und Thomas nicht wieder zusammen, der Zauber des Wagens ist verloren.

Frank Goosen entwirft mit diesem Roman eine schöne Lebensgeschichte. Seine Sprache ist klar und fesselnd, wenn auch ohne große Feinheiten. Der Schluss wirkt etwas konstruiert, da hilft auch das erzählerische Talent des Autors wenig.

Titelbild

Frank Goosen: Pokorny lacht. Roman.
Eichborn Verlag, Frankfurt a. M. 2003.
224 Seiten, 19,90 EUR.
ISBN-10: 3821809183

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