In Verteidigung der Religion

Peter Strassers "Weg nach draußen" gewinnt die Aufmerksamkeit der Philosophie für Transzendentalfragen zurück

Von Christoph Schmitt-MaaßRSS-Newsfeed neuer Artikel von Christoph Schmitt-Maaß

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Die Stimmen der unkonventionellen Verteidiger des Christentums mehren sich: gleichzeitig mit Slavoj Zizeks Beitrag "Das fragile Absolute. Warum es sich lohnt, das christliche Erbe zu verteidigen" legt Peter Strasser seine Sicht des Christentums dar. Der Grazer Philosophie-Professor stellt nicht nur die überragende Bedeutung des christlichen Glaubens für die europäisch-amerikanische Kultur dar; vielmehr hat er ein kleines Traktat verfasst, das die Leser zur Bewusstmachung christlicher Wertvorstellungen aufruft - politisch brisanter Stoff also.

Ausgangspunkt von Strassers Überlegung ist dabei neuerliche Relevanz des Zusammenhanges von Macht und Tod: Genforschung und Klondebatte fokussieren die alte Vorstellung der selbstverschuldeten Unsterblichkeit der Menschen - einmal mehr. Dieses unskeptische Denken stellt Strasser als einen Aspekt des "Titanismus der Modernisten" vor; er weist aber auf, inwiefern christliche Wertvorstellungen nicht nur Gegenentwürfe, sondern auch Auswege aus dem Dilemma von Moral, Ethos und Machbarkeit bieten.

Freilich ist Strassers Position nicht neu und schon gar nicht revolutionär: Blumenberg war so schon Heidegger begegnet. Strasser erneuert diese Kritik jedoch nicht nur, er verfeinert sie auch: Letztlich zerfalle die Moderne in Naturalisten und Konstruktivisten. Strasser weist darauf hin, welche prinzipiellen gedanklichen Fehlleistungen beiden Positionen zu eigen ist. Der Naturalismus, der darauf insistiert, dass alles Natur und deshalb innerweltlich sei und es daher keine wie auch immer geartete Transzendenz geben können, und der Konstruktivismus, demzufolge alles nur konstruiert sei und der Wahrheit und Objektivität ablehnt, stoßen gleichermaßen an eine Grenze: die Religion ist zwar tot, die Fragen aber sind dieselben geblieben. Das religiöse Denken nun zeichnet sich - nach Strasser - dadurch aus, dass es die religiösen Fragen nicht aus der Sphäre des Alltagsweltlichen zu beantworten, sondern die Religion in die Alltagswelt zu integrieren und so Antworten zu finden versucht.

Dabei geht es Strasser jedoch nie um die Etablierung neuer Verblendungszusammenhänge (Esoterik oder Postmodernismus), sondern um eine vernunftgemäße Auseinandersetzung mit den Fragen der Transzendenz. Gewährsmann ist Strasser dabei immer wieder der stets messerscharfe Denker Pascal, der verbürgt, dass Strassers Bemühungen nicht im Endlosen versickern.

So kontrovers (da nicht auf Beliebigkeit setzend) Strasser Entwurf ist, so sympathisch ist er auch. Seine Analyse scheut sich nicht davor, vehement Stellung zu beziehen und den Anything-goes-Postmodernisten den esoterischen Deckmantel zu entreißen.

Titelbild

Peter Strasser: Der Weg nach draußen. Skeptisches, metaphysisches und religiöses Denken.
Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M. 2002.
268 Seiten, 11,00 EUR.
ISBN-10: 3518121774

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