Leichen pflastern seinen Weg

Ulrich P. Bruckner hat sich auf den Italo-Western eingeschossen

Von Frank MüllerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Frank Müller

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Die Zeit des Italo-Westerns war angebrochen, als der Schauspieler Clint Eastwood auf einem Maulesel als namenloser Fremder in die staubigen Kulissen einer kleinen Stadt einritt, um zwei rivalisierenden Banden dort wieder und wieder das Leib- und Magengericht jener Zeit aufzutischen: blaue Bohnen.

"Für eine Handvoll Dollar" (1964), der Film des damals noch unbekannten Regisseurs Sergio Leone, profitierte von der desolaten Situation des amerikanischen Westerns und verlagerte das abgehalfterte Genre aus den US-Prärien in wüstenartige Grenzregionen im amerikanischen Südwesten, in denen sich innovative Problemkonstellationen ergeben konnten.

Die Fortsetzung wirkte gewissermaßen als zweite, zeitlich versetzte Initialzündung, denn seit "Für ein paar Dollar mehr" wurde es üblich, den Helden zu verdoppeln und bestehende Konflikte (z. B. Ermordung der Schwester, des Vaters, der Familie) über Allianzen wie die des jungen Gesetzlosen und des alternden Kopfgeldjägers abzuarbeiten.

Das Hauptmotiv hieß darum meist - Vergeltung. Als ebenso bahnbrechend wie die neuartigen visuellen Techniken der Leone-Filme erwiesen sich die Soundtracks Ennio Morricones, die mit ihren Maultrommeln, dem Pfeifen und den schluchzenden Trompetensoli ein plastisches Bild des Geschehens zeichneten.

Mit "Für eine Handvoll Leichen" legt der Autor Ulrich P. Bruckners seine persönliche Liebeserklärung an das bleihaltige Genre vor. Bruckner, der die Drehorte in Südspanien selbst besucht hat, beschreibt die gängigsten Erzählstrukturen und verblüfft mit einer kompletten Darstellung der zwischen 1964 und 1996 entstandenen "Spaghetti"-Western.

Dank ausführlicher Inhaltsangaben, lesenswerter Hintergrundinformationen und den jeweiligen Presse-Echos zu mehr als 500 Filmen wird der Leser in die Welt der Revolverhelden, Halunken und Banditen entlassen, unterstützt von zahlreichen Filmstills und Filmplakaten.

Im Abspann dieses ungewöhnlich materialreichen Buchs folgt eine alphabetische Übersicht sämtlicher Filme inklusive wichtiger Informationen über Regisseure, Darsteller und Kameramänner. Dass neben Komponisten und ihren Songtexten auch noch die einschlägigen Weblinks angegeben sind, rundet den Eindruck einer fast manischen Vollständigkeit ab.

Der Rezensent klopft sich ehrfürchtig den Staub von den Stiefeln: höher kann man den Anspruch an eine Dokumentation dieses Filmgenres kaum hängen!

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Ulrich P. Bruckner: Für ein paar Leichen mehr. Der Italo-Western von seinen Anfängen bis Heute.
Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag, Berlin 2002.
520 Seiten, 34,90 EUR.
ISBN-10: 3896024167

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