Ritter ist Ritter und wir sind nur Knappen

Eine Biographie des "romantischen Physikers" Johann Wilhelm Ritter

Von Thomas NeumannRSS-Newsfeed neuer Artikel von Thomas Neumann

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Der Physiker Johann Wilhelm Ritter (1776-1810) gilt gemeinhin als eine der Schlüsselfiguren der Romantik, wenn man sich mit den Naturwissenschaften um das Jahr 1800 herum beschäftigt. Jena und Weimar waren die Zentren seines Schaffens, das einer ausgewiesenen autodidaktischen Begabung entsprang. Daneben war er noch in Erfurt und Gotha tätig, immer um die Popularisierung seiner Forschungen und Forschungsergebnisse bemüht, galt es doch die weitergehende Finanzierung seiner Experimente und Forschungen sicherzustellen:

"Ritters Forschungen erstreckten sich seit 1796 in Jena, wo er seine wissenschaftliche Tätigkeit begann, vornehmlich auf den Galvanismus. Damit bewegte er sich auf einem der modernsten Gebiete der Physik und Chemie seiner Zeit. Die Methoden seines Forschens können auch unter den heutigen Kriterien als die des exakten naturwissenschaftlichen Arbeitens charakterisiert werden. Obgleich weitgehend Autodidakt, blieb Ritter bis zu seinem Tode 1810 auf der Höhe der Wissenschaft seiner Zeit. Namhafte Persönlichkeiten, unter ihnen Goethe, Schiller, Herder, Novalis, die beiden Schlegels, Schelling und von Arnim standen mit Ritter in engem Gedankenaustausch, und zahlreiche Gelehrte suchten bei ihm wissenschaftlichen Rat."

In nur 14 Jahren schuf Ritter ein Lebenswerk, mit dem er in die Historie der Naturwissenschaft eingegangen ist: "Unabhängig von diesem zeitbezogenen Schicksal gilt Ritter heute die ungeteilte Anerkennung als Begründer der Elektrochemie, als Entdecker des ultravioletten Lichts und des Prinzips der elektrischen Ladungssäule, als Erfinder des Urtyps des Akkumulators. Ebenso anerkannt sind seine wesentlichen Beiträge zur Reizphysiologie und zur subjektiven Sinnesphysiologie."

In der Biographie von Klaus Richter werden über 160 Seiten auf das Unterhaltsamste mit Material aus Archiven, Briefen und Schriften des Forschers und seiner Zeitgenossen gefüllt. Anschaulich tritt der Lebensweg dem Leser entgegen und es wird deutlich, was der Autor in den Vorbemerkungen leicht ironisch formuliert: "Auch ist es beeindruckend und sollte uns nachdenklich stimmen, an welch elenden Tischen damals bedeutende Werke vollbracht wurden."

Auf den über hundert Seiten des Anhangs, der der Biographie beigegeben wurde, findet man eine Bestandsaufnahme der aktuellen "Ritterforschung". Neben einer hilfreichen "Chronologischen Übersicht" zum Lebensweg Ritters und einem ausführlichen Namensverzeichnis, das die Lebensdaten der verzeichneten Personen und biographische Kurzinformationen enthält, ist es vor allem der unter dem Abschnitt "Biographie" versammelte "Informationspool", der es in sich hat. Dort findet der Leser in den Abschnitten "Wissenschaftliche Publikationen Ritters", "Korrespondenz", "Rezeption von Ritters wissenschaftlichem Werk: Rezensionen, Referate und Erwähnungen zu Publikationen Ritters" und "Sekundärliteratur" neben einer Vielzahl an Literaturhinweisen eine übersichtliche Dokumentation der allgemeinen Rezeption Ritters. Ebenso ist das Verzeichnis der "Erwähnungen Ritters in Briefen Dritter" und natürlich eine aktuelle Bibliographie der Sekundärliteratur sehr hilfreich. Es gibt kaum etwas zu beklagen an dieser Biographie, außer vielleicht, dass sie ein wenig wie ein Buchstabengrab daherkommt - ein paar Abbildungen und Illustrationen täten dem wissenschaftlichen Charakter der Publikation keinen Abbruch und hätten sich gut zu dem eingängig geschriebenen Stil der Biographie gefügt.

Der gesamte Anhang schließt an die Vorarbeiten des Autors an, die hinlänglich bekannt sind (Richter, 1988.) und immer hilfreich zum Thema "Ritter" hinzugezogen werden können. Der vorliegende Band, dessen Drucklegung der Autor leider nicht mehr erleben konnte, ist als guter Einstieg in das Thema "Johann Wilhelm Ritter" ebenso geeignet, wie er unverzichtbare Lektüre zum Themenkreis "Naturwissenschaft um 1800" sein wird. Und eine spannende Biographie ist es allemal: "Ein Mensch, genialisch veranlagt, universell interessiert und wirksam, erfinderisch und entdeckerfreudig, im Schatten der Großen und doch selbst groß genug, um nicht übersehen zu werden, einsam und in sich verschlossen, aber auch von exaltierter Offenheit, akribisch genau wie auch spekulativ verstiegen, einerseits bettelarm und andererseits verschwenderisch für die Wissenschaft."

Titelbild

Klaus Richter: Das Leben des Physikers Johann Wilhelm Ritter. Ein Schicksal in der Zeit der Romantik.
Verlag Hermann Böhlaus Nachf. Weimar, Weimar 2003.
265 Seiten, 49,95 EUR.
ISBN-10: 3740011912

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