Von einer Leidenschaft, die direkt auf eine Mülldeponie führte

Annette Pehnts Roman "Insel 34"

Von Kerstin BockRSS-Newsfeed neuer Artikel von Kerstin Bock

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

"Du machst dich und mich lächerlich, und wofür das alles? Für ein paar Endkonsonanten." Leicht nachzuvollziehen ist es sicherlich nicht, dass die junge Ich-Erzählerin in Annette Pehnts zweitem Roman "Insel 34", von einer drängenden Leidenschaft getrieben, unbedingt auf eine kleine, unbedeutende Insel fahren möchte, Insel 34, um dort die Inselsprache zu erforschen.

Und vor allem ist es nicht interessant, das nachzuvollziehen. Seien wir doch mal ehrlich, Mädchen. Du hast keine richtigen Freunde. Du leidest unter einem unbefriedigten Geltungsbedürfnis und weil dein Papa gerne sehen würde, dass du dich mal richtig für etwas begeisterst, entwickelst du eine Leidenschaft für eine kleine, unbekannte Insel, auf die du all deine Sehnsüchte projizieren kannst.

Also dann, nach jahrelanger, wenig ergiebiger Forschung beginnt die Ich-Erzählerin ihre desillusionierende Reise. Die drei Inseln, auf denen sie während ihrer Reise zu Insel 34 Station macht, bieten ihr ein verschlossenes Inselvölkchen, kommunikationsgestörte Grabungsarbeiter und zu guter Letzt eine Mülldeponie.

Wer sich an der eigenwillig detaillierten Beschreibung von Atmosphäre und Umwelt, in der sich das Mädchen befindet, nicht erfreuen kann, dem wird nicht viel geboten. Psychologische Motive klingen nur am Rande an. Die Charaktere, die das Mädchen auf seiner Reise zu Insel 34 trifft, bleiben dem Leser, wie dem Mädchen selbst, fremd und geben auch keinen Anreiz, hinterfragt zu werden.

Auf der Suche nach dem Sinn der Reise des Mädchens ist der Leser fast dankbar für die konstruiert wirkenden kleinen Details, die eine gewisse psychologische Entwicklung der Ich-Erzählerin verraten. So schneidet sie ihr schönes, langes Haar ab, das ihr früher gedient hat, um selbstbewusst zu wirken, und der Leser erkennt, sie braucht es nicht mehr, weil sie nun selbstbewusst geworden ist.

Und dann ist da noch der Brief der Eltern, den sie "aus Versehen" ins Wasser fallen lassen wird. Das ist schon bedeutungshochschwanger. Das Mädchen hat sich von zu Hause gelöst. Wie schön. Wie schön und wie furchtbar aufregend. Es soll auch Leute geben, die erwachsen werden, ohne eine unspektakuläre Reise zu ein paar miesen, kleinen Inseln zu machen.

Titelbild

Annette Pehnt: Insel 34.
Piper Verlag, München 2003.
188 Seiten, 16,90 EUR.
ISBN-10: 3492045723

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