Von Mäusen und Menschen

Auch das zweite Abenteuer von Hermux Tantamoq überzeugt durch Spannung und Witz

Von Hannelore PiehlerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Hannelore Piehler

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Skandal in Pinchester: Das Museum für Kunst und Wissenschaft will "anstößige Bilder" zeigen. Genauer gesagt Katzenbilder. Das ist zu viel für den Bürgermeister, Waldratte Hooster Pinkwiggin, noch dazu im Wahljahr. Und tatsächlich sorgen die Katzenporträts unter den Mäusen von Pinchester ganz gehörig für Aufruhr. Mit hineingezogen in das Durcheinander wird der junge Uhrmacher Hermux Tantamoq - im Grunde ein friedliebender, gemütlicher (Mäuse-)Hobbit -, der sich unversehens auf der Suche nach einer sagenumwobenen Katzenbibliothek wiederfindet. Denn ein Professor für Alt-Mäusisch will mit Hermux' Hilfe beweisen, dass Katzen gar kein Mythos sind, sondern wirklich einst eine richtige "Katzen-Kultur" existierte.

Mit dem "Geheimnis der verbotenen Zeit" legt Autor Michael Hoeye eine rundum gelungene Fortsetzung seines Erstlings "Hermux Tantamoq - Im Wettlauf mit der Zeit" vor. Das zweite Abenteuer des Mäuserichs Hermux baut die Welt der Nagetiere geschickt weiter aus. Der Leser trifft dabei auf zahlreiche alte Bekannte. So hat sich Hermux' Schwarm, die Pilotin Linka Perflinger, zwar eigentlich im ersten Band in eine andere Maus verliebt. Aber so ganz muss, wie sich herausstellt, der Uhrmacher Hermux seine Hoffnungen noch nicht begraben.

Und genau das ist die Stärke der Geschichten um Hermux Tantamoq: Es menschelt ganz gewaltig bei den kleinen Nagern. Nicht nur steckt auch ihre Welt voller Vorurteile und sogar Rassismus (Streifenhörnchen oder Otter sind beispielsweise nicht halb so viel wert wie eine Maus - was jedoch nur den Mäusen einleuchtet). Auch in Liebesdingen gibt es zahlreiche Gemeinsamkeiten, gibt es ähnliche Anlauf- und Kommunikationsschwierigkeiten. Autor Hoeye spielt gekonnt mit Klischees, verwendet für die Spannungserzeugung Versatzstücke aus Krimi und Detektivgeschichte, arbeitet etwas Herz-Schmerz mit ein, bietet einen rasanten Wechsel der Szenen und Erzählperspektiven und liefert damit alles in allem eine Art Buchversion von Abenteuerfilm-Parodien á la "Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten". Nur dass der Held nicht Michael Douglas, sondern ein gepflegter Mäuserich ist.

Und genau diese Verfremdung sorgt für Pfiff in der Geschichte, die mit unzähligen witzigen Details ausgestattet ist. Das beginnt nicht erst bei Hermux' Haustier, dem Marienkäfer Terfle (aus dessen Perspektive ebenfalls ein Kapitel erzählt wird), und endet auch noch nicht bei den Hummelknöpfen auf dem smaragdgrünen Wollmantel oder dem für Mäuse äußerst wichtigen Kleidungsstück eines Schwanzwärmers. Kein Zweifel: Die Bände um Hermux Tantamoq böten sich angesichts solch farbenfroh-schöner Bilder und Details für eine Verfilmung (vielleicht als Zeichentrickfilm?) geradezu an. Allerdings würden hier wohl die sprachlichen Einfälle des Autors etwas untergehen. Denn die sind geradezu "blümerant".

So wie das Ende des zweiten Bandes, wenn das Geheimnis der verbotenen Zeit gelöst wird. Dabei ist Michael Hoeye klug genug, die Spannung zu halten. Auch dieses Mal bleibt der Ausgang der Romanze zwischen Hermux und Linka offen. Doch keine Sorge: Das dritte Abenteuer des Mäuserichs ist bereits für Oktober angekündigt. Die mutige Mäusedame Linka Perflinger ist sicherlich mit von der Partie, wenn es dann heißt "Vorhang auf - Die Zeit läuft".

Titelbild

Michael Hoeye: Hermux Tantamoq - Das Geheimnis der verbotenen Zeit.
Übersetzt aus dem Amerikanischen von Katharina Orgaß und Gerald Jung.
C. Bertelsmann Verlag, München 2003.
286 Seiten, 14,90 EUR.
ISBN-10: 3570127192

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