Fallende Kokosnüsse und hungrige Raubkatzen

Helge Timmerberg weiß, wie man Gefahren auf Fernreisen umgeht

Von Annina MüllerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Annina Müller

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen. Und wenn es nicht nur bei einer Reise bleibt, sondern wenn einer schon über 30 Jahre unermüdlich die Welt erkundet, dann hat er nicht nur viel zu erzählen, sondern außerdem noch einen reichen Erfahrungsschatz aus den verschiedensten Ländern gesammelt. Aus diesem schöpft Helge Timmerberg, Reisejournalist und Nomade der Neuzeit, dessen Wohnung wohl eher ein Basis-Camp als eine gemütliche Ruhestätte darstellt. Timmerberg hat nun ein Buch mit allerlei nützlichen Tipps für den Urlaub herausgebracht. Es reicht von "A - wie Anfängerfehler" über "P - wie peinliche Garderobe" bis hin zu "Z - wie Zahnarzt". In 26 Kapiteln berichtet der Autor anekdotische Geschichten aus seinem Repertoire in denen er scherzt, warnt, übertreibt und informiert und grundlegende "do's and don'ts" für den Urlauber zusammenstellt.

Obwohl die Erfahrungswerte vorwiegend aus fernen Ländern wie Indien, Marokko, Thailand und Ägypten stammen, ist das Buch keineswegs nur an die abenteuerliebenden Rucksacktouristen gerichtet. Wirklich jeder kann von der Lektüre profitieren, ob absoluter Anfänger, passionierter Pauschalurlauber oder bequemer Balkonier. Selbst auf den normalen Alltag sind einige nützliche Tipps übertragbar. So lehrt beispielsweise das Kapitel "M - wie Moskitos klatschen" den Leser, dass zwei übereinander aufgehängte Moskitonetze auch der tollkühnsten Mücke den Schwung nehmen würden und man sonst - wenn dieser Stoff gerade nicht zur Hand - den Blutsaugern mit der so genannten "Lichtfalle" den Garaus machen kann: "Die Lampen im Schlafzimmer ausmachen, die im Badezimmer anlassen, ein bisschen warten, und dann rein ins Badezimmer und alle abklatschen."

Aus den höchst amüsanten Geschichten ist häufig der grimmig schwarze Humor Timmerbergs herauszulesen, der die Unannehmlichkeiten am eigenen Leibe erfahren musste. Klug wird schließlich erst derjenige, der zuvor den Schaden hatte. So erscheint Timmerberg in manchen Situationen fast als Vorkämpfer, der heroisch einige Experimente ausprobierte und in gar manchen Schlamassel geriet, um dem Leser dann 26 Geschichten außergewöhnlicher Art vorzutragen, in denen er ihm die Lösung der Probleme auf dem silbernen Tablett serviert, damit ihn nicht das gleiche Schicksal einholt. So schreibt er im Kapitel "Q - wie Quadrupede (Vierfüssler)", dass Kamele neben ihrer bissigen Eigenschaft bei einem Ritt auf Dauer schmerzlich unbequem werden können und bemerkt sarkastisch: "Mich wundert in diesem Zusammenhang, dass man die Araber immer heißblütig nennt, denn ich wäre nach einer Woche auf ihren Kamelen impotent." Aus solchen Aussagen spricht förmlich der Schmerz heraus.

Der Leser kann hier erfahren, wie er sich verhalten soll, wenn er am Meer eine Warnung nicht ernst nimmt und von der Strömung in den Ozean getrieben wird, oder was er einzunehmen hat, wenn ihn die berühmt-berüchtigte Urlaubs-Diarrhö erwischt. "Erfahrungsgemäß", schreibt Timmerberg, "liegen die schönsten Geschichten immer hinter der Gefahr. Direkt dahinter."

Bei manchen Anekdoten fühlt sich der potenzielle Vielreisende bei eigens begangenen Fehlern ertappt, zum Beispiel beim Kampf um den Fensterplatz im Flugzeug. Timmerberg rät dem Anfänger, bei einem Flug immer den Gangplatz zu bevorzugen. "Denn was werden sie da sehen?", fragt er herausfordernd. "Beim Start den Abflugort von oben, bei der Landung den Zielflughafen aus derselben Perspektive. Aber die neun Stunden dazwischen sehen sie mehr oder weniger nichts. Entweder ist alles blau oder alles schwarz, und das verliert mit der Zeit an Unterhaltungswert."

Die Ratschläge oder auch Warnungen Timmerbergs erscheinen nie oberlehrerhaft oder despektierlich. Stattdessen regen die Übertreibungen und der schnoddrige Schreibstil des Weltenbummlers zum Lachen an und sind auch nicht immer ganz ernst gemeint. Doch gerade in der Ironie steckt das Fünkchen Wahrheit, das dem Leser mit einem Augenzwinkern stets noch eine Lehre mit auf den Weg gibt.

Generell scheint es kaum etwas zu geben, was der Autor bisher nicht erlebt und gesehen hat. Weihnachten hat er schon in Havanna und Marrakesch gefeiert, im Dschungel stand er auf der Speisekarte eines Jaguars, und in Ko Samui erforschte er die jährliche Todesrate von Opfern einer fallenden Kokosnuss.

Der gebürtige Hesse beliefert aus allen Winkeln der Welt seine Zeitungen mit Reisereportagen. Als Skandaljournalist machte er sich einen Namen, indem er für verschiedene Redaktionen Drogen und Viagra, testete. Der Solbrino-Verlag schreibt über ihn, er sei das "enfant terrible" des deutschen Journalismus, der es schafft, in "BILD" und "Die Zeit" zugleich zu schreiben.

Ein besonderes Sahnehäubchen sind die 21 Comics von Peter Puck, dem Erfinder der Kultfigur "Rudi" im Stuttgarter Stadtmagazin "lift" und Gewinner etlicher Preise. Seine ideenreichen Bilder verdeutlichen nochmals die Gefahren, die dem ahnungslosen und naiven Tourist im fremden Land auflauern.

"Timmerbergs Reise-ABC" stellt zwar kein absolutes "Muss" dar, ohne das der Urlauber in fremden Ländern nicht überleben könne. Aber für jeden, der sich die Flugzeit etwas verkürzen will, wer sich einen schönen Nachmittag auf "Balkonien" machen möchte oder auch nur eine lustige Lektüre für zwischendurch sucht, ist das Buch genau das Richtige. Durch den flüssigen Schreibstil und die kurzen Kapitel liest es sich ohnehin schnell, und wegen der vielen Lacher wird man das garantiert nicht bereuen.

Titelbild

Helge Timmerberg: Timmerbergs Reise ABC.
Solibro Verlag, Münster 2004.
128 Seiten, 8,90 EUR.
ISBN-10: 3932927206

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