Voces antiquitatis

Metzler bietet wahlweise eine traditionelle und multimediale Aufbereitung der "Geschichte der Antike"

Von Axel SchmittRSS-Newsfeed neuer Artikel von Axel Schmitt

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Wer sich als Wissenschaftler auf den Weg macht, eine Geschichte der Antike zu schreiben, muss nicht lange ausholen, um sein Vorhaben zu erläutern. Die ungehemmt fortschreitende Spezialisierung aller historischen Disziplinen und der unermüdliche Fleiß ihrer akademischen Diener zwingen von Zeit zu Zeit dazu, inne zu halten und die Konturen einer historischen Epoche sichtbar zu machen, die im allgemeinen Verständnis ein unverzichtbares Stück europäischer Geschichte geblieben ist. Diese Einsicht hat für viele Generationen seit der Mitte des 18. Jahrhunderts zeitweilig Züge hymnischer Verehrung angenommen, als ob den Griechen und Römern neben ihrer irdischen eine zweite, zeitlose und für alle Menschen vorbildliche Existenz eigen gewesen wäre. Die Historiker haben diese Rezeption in Politik, Kunst, Kultur und Literatur auf Dauer nicht hingenommen, und die antiken Völker wieder in ihre Welt zurückversetzt und sie ihre eigenen Erfahrungen machen lassen.

Von diesen Erfahrungen handelt auch ein Parallelunternehmen, das im J. B. Metzler Verlag publiziert wurde - in einem Verlag, der sich nicht nur dadurch verdient gemacht hat, dass er dem "Neuen Pauly" eine verlegerische Heimstatt geboten hat, sondern auch durch eine ganze Reihe weiterer exzellenter Veröffentlichungen zur Antike und ihrem Nachleben besticht; zu denken wäre in erster Linie an Volker Riedels "Antike-Rezeption in der deutschen Literatur vom Renaissance-Humanismus bis zur Gegenwart" (vgl. hierzu auch die Besprechung in literaturkritik.de 03/2003). Hier anzuzeigen ist der von Beat Näf konzipierte multimediale Grundkurs "Geschichte der Antike", der den von Hans-Joachim Gehrke und Helmuth Schneider herausgegebenen gleichnamigen Text-Band begleitet: ein Handbuch für Studierende der Geschichtswissenschaften, der Archäologie und der Klassischen Philologie, wie auch für Geschichts-, Latein- und Griechischlehrer sowie für allgemein historisch Interessierte. Der multimediale Grundkurs enthält als Ergänzung dieses Werkes eine in sich geschlossene Einführung in die Geschichte des Altertums und bietet als ideale Begleitung zum Buch zusammenfassende Basistexte, zahlreiche Abbildungen, Fotos, Karten und Grafiken. Wer sich schon immer für die korrekte Aussprache und Intonation griechischer Texte interessiert hat, wird in den Tondateien mit kurzen Quellenzitaten Befriedigung finden, auch wenn diese nicht immer ganz fehlerfrei sind. Auch die beigefügten Animationen und Schemata unterstützen das interaktive Lernen erheblich. Als Ergänzung zur Einführung von Gehrke und Schneider bietet die CD-ROM einen Abschnitt über den Alten Orient und einen Teil mit einem Überblick über die Wissenschaften vom Altertum sowie eine Einführung in das Handwerk des Faches Alte Geschichte, das Studierende der Geschichtswissenschaften gegenwärtig bedauernswerter Weise nur äußerst unzureichend beherrschen. Übungs- bzw. Prüfungsfragen für ein interaktives Lernen in der Form entweder von Frage-/Antwortvorgaben oder von Multiple choice-Aufgaben erleichtern die Sicherstellung des Gelesenen.

Grundsätzlich muss eine wissenschaftliche Einführung auf drei Ebenen Bedacht nehmen: auf die stoffliche, die methodische und die bibliographische. Sie muss sich mit den terminologischen und methodischen Voraussetzungen ihrer Disziplin befassen, muss auf die wichtigste Literatur hinweisen und schließlich ein Panorama der fachlichen Gegenstände entwerfen, was insgesamt hohe Anforderungen an Sachkunde und Darstellungsvermögen stellt. Dieser schwierigen Aufgabe ist in dem multimedialen Grundkurs mustergültig Genüge getan worden. Er eignet sich vorzüglich für das Selbststudium am eigenen Computer, zumal ein Drucken der Texte mit Hilfe der Druckfunktion, der Export von Bildmaterial durch Screenshot erfolgen kann. Auch das Arrangement ist sinnvoll: Neben dem althistorischen Basiswissen kommen auch die einzelnen Subdisziplinen - Philologie, Archäologie und andere mehr - ausreichend zu Wort. Der Kosmos der Antike ist - das sollte nicht vergessen werden - für uns Heutige nicht mehr so eng verfugt wie ehedem, was man schon am gymnasialen Lehrplan ablesen kann: Während das Lateinische zumindest noch marginal erhalten blieb, ging der Griechischunterricht auf ein eigentlich unverantwortliches Minimum zurück. Diese elementaren Lücken zu schließen, kann und will der multimediale Grundkurs nicht leisten. Dazu bedarf es des intensiven Sprachstudiums an Schule und Universität; es bleibt nur zu hoffen, dass die Bildungspolitiker und Kultusminister aller Länder diesen Bereich nicht noch weiter beschneiden. Dann allerdings käme auch der Einsatz der Neuen Medien zu spät.

Titelbild

Hans-Joachim Gehrke / Helmuth Schneider (Hg.): Geschichte der Antike. Ein Studienbuch.
J. B. Metzler Verlag, Stuttgart 2000.
550 Seiten, 29,90 EUR.
ISBN-10: 347601455X

Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch

Titelbild

Beat Näf: Geschichte der Antike. Ein multimedialer Grundkurs. Version 1. CD-ROM.
J. B. Metzler Verlag, Stuttgart 2004.
19,95 EUR.
ISBN-10: 347602007X

Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch