Eroscillatoren und anderes Spielzeug

Eichborns "Lexikon der Lustmittel" hilft gegen Unlust

Von Saskia SchulteRSS-Newsfeed neuer Artikel von Saskia Schulte

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Der benoppte Schutzumschlag ist ein Erlebnis. Wie auch die Farben, in die der Titel gehalten ist, an die geschmacklosen Kleidungsstücke erinnern, die in gewissen Filmen getragen werden - die wir natürlich nie gesehen haben. Doch damit wir nicht dumm da stehen, wenn alle anderen über das Thema Nummer 1 reden, gibt es jetzt das "Lexikon der Lustmittel".

Was wäre, wenn wir nicht wüßten, was ein "Eroscillator" ist, wir aber aufgrund des vibrierenden Namens schon Lust hätten, es vielleicht einmal anzuwenden? Oder was wäre, wenn uns nichts mehr an unserem Lebenspartner reizt und wir, anstelle die Beziehung zu beenden, denken: Da gab es doch so ein Ding, wie hieß das noch? Und wie funktioniert es noch gleich?

Für die Autoren des "Lexikons der Lustmittel" ist Aufklärung der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Langeweile. "Wir wollen jedoch nicht den Sex zu einer instrumentalisierten und kommerzbestimmten Sache hochreden, es geht lediglich darum, die Möglichkeiten, die es gibt, genußvoll und spielerisch nutzen. Denn: Wissen ist Lust", heißt es im Vorwort, und: "Wir haben erstmals Sextoys und andere Lustmittel von A - Z zusammengestellt, erklärt und getestet." Damit zeigt das Autorenteam Sab Schönmayr und Martin Kessel, wie sinnvoll Teamwork ist, wenn es um Sex geht.

Unter jedem Stichwort werden alle möglichen Sex-Synonyme aufgelistet, unter denen man nachschauen kann, zum Beispiel "Seil, siehe auch Bondage, Fesseln, Peitsche, S/M-Spiele". Statt die Synonyme in einem Artikel zusammenzufassen, lassen die vielen kleinen, sich ähnelnden Texte das Lexikon unnötig anschwellen. Ergänzt wird der alphabetische Teil durch Interviews mit Fachmännern und Fetischisten, die zu erklären versuchen, weshalb und warum man Lustmittel anwendet und wie und wo man sie erhalten kann.

Das "Lexikon der Lustmittel" ist in einer gewollt locker-unverklemmten Sprache geschrieben. Manche Wortverwendungen gehen an die Grenzen des guten Geschmacks. Gerade bei der Beschreibung von Körperteilen wären neutrale, medizinische Begriffe oft um einiges angenehmer. An anderen Stellen wird sich nicht nur in der Wortwahl vergriffen: Wenn zum Beispiel im Abschnitt über Pädophilie das Wort "Kinderschänder" ohne Anführungsstriche gebraucht wird. Man bekommt den Eindruck, keine Lexikonartikel, sondern Werbetexte vor sich zu haben. Spielen wir doch mal Voyeur: "Der Philosoph Friedrich Nietzsche war wahrscheinlich einer der ersten Sado-Maso-Anhänger Deutschlands. Von ihm stammt der berühmte Satz: 'Wenn du zum Weibe gehst, vergiß die Peitsche nicht'. [...] Die Peitsche gehört zur Grundausstattung eines jeden, der gerne auf dem Grat zwischen Lust und Schmerz wandert. Peitschen und Schlagen durchblutet den Körper, treibt den Adrenalinspiegel hoch und führt zur Ausschüttung von Endorphinen: So wird der Höhepunkt schnell herbeigepeitscht."

Titelbild

Martin Kessel / Sab Schönmayr: Lexikon der Lustmittel. Sexspielzeug von Action Rubber bis Zaumzeug und wie man es lustvoll anwendet.
Eichborn Verlag, Frankfurt 1999.
320 Seiten, 22,50 EUR.
ISBN-10: 3821814950

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